SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Zwei neue Therapien geben Hoffnung

Abb.: Phase-II-Studie: SRI-4-Ansprechen auf Iberdomid versus Placebo im zeitlichen Verlauf bis Woche 24 (1)

Abb.: Phase-II-Studie: SRI-4-Ansprechen auf Iberdomid versus Placebo im zeitlichen Verlauf bis Woche 24 (1)

Während die Zulassung von Anifrolumab wohl noch in der Schwebe hängt, die Phase-III-Studie LOTUS zu Ustekinumab aufgrund Ineffektivität vorzeitig beendet wurde und mit den Phase-III-Daten zu Baricitinib aus SLE-BRAVE-X erst in Jahren zu rechnen ist, standen beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) auf der ersten virtuellen ACR-Tagung potenziell neue Therapieansätze im Fokus – einige davon mit durchaus Hoffnung machenden Phase-II-Ergebnissen. 

Zu den potenziell interessanten Neuentwicklungen zählt der auch beim multiplen Myelom geprüfte, oral verfügbare, hoch affine Cereblon-E3-Ligase-Modulator Iberdomid, der die Ubiquitinierung und proteasomale Degradation von Ikaros (IKZF1) und Aiolos (IKZF3), zwei mit dem genetischen SLE-Risiko verbundenen Transkriptionsfaktoren, fördert. Dieser neue Immunmodulator wurde in einer von Joan Merrill, Oklahoma City (USA), vorgestellten internationalen, randomisierten, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie untersucht. 

Ermutigende Phase-II-Daten zu Iberdomid 

In der Studie wurden 288 erwachsene Patienten mit Autoantikörper-positivem SLE gemäß den ACR-Kriterien und einem SLEDAI 2K-Score ≥6 im Verhältnis 2:2:1:2 für 24 Wochen zusätzlich zu einer Hintergrundtherapie auf orales Iberdomid (0,45, 0,3, 0,15 mg/Tag) oder Placebo randomisiert. In Woche 24 wurden die Placebo-Patienten auf Iberdomid 0,3 und 0,45 mg re-randomisiert. Es erfolgte eine Stratifizierung nach dem SLEDAI-2K (≥10/<10) und der Prednison-Dosis (≥10/<10 mg/Tag; max. 20 mg/Tag). Ein Steroidtapering war erlaubt von Woche 8-16. Die Gesamtstudiendauer betrug 52 Wochen, primärer Endpunkt war das SRI-4-Ansprechen in Woche 24 (Intent-to-treat-Population, Non-Responder Imputation, NRI). 

Der primäre SRI-4-Endpunkt in Woche 24 wurde mit Iberdomid 0,45 mg gegenüber Placebo erreicht (54,3 vs. 34,9 %; p=0,011). Bereits ab Woche 16 war eine deutliche Separierung des SRI-4-Ansprechens zu beobachten (Abb.). Auch mehrere sekundäre Endpunkte wurden erfüllt. Bei Patienten mit einem SLEDAI-2K ≥10 erreichten unter Iberdomid 0,45 mg mehr Patienten ein SRI-4-Ansprechen in Woche 24 (66 vs. 39 %, nominal p=0,016). In der Subgruppe mit hohem Aiolos bzw. Typ-1 Interferon (IFN) betrug es 64 vs. 33 % (p=0,011) bzw. 60 vs. 33 % (p=0,006). In Woche 24 war Iberdomid 0,45 mg auch im CLASI 50-Ansprechen bei Patienten mit subakutem (92 vs. 53 %, p=0,035) und chronischem kutanen LE (62 vs. 28 %, p=0,029), nicht aber in der Gesamtpopulation überlegen. Die Rate unerwünschter Ereignisse (UE) (77 vs. 65 %), nicht aber schwerer (6 vs. 8 %) bzw. ernster UE (4 vs. 6 %) war versus Placebo erhöht, schwere Infektionen (je 1 %) und zu einem Studienabbruch führende UE (8 vs. 7 %) waren selten. Häufigste UE waren Harn- (11 vs. 4 %) und Atemweginfektionen (10 vs. 5 %), gefolgt von meist leichten, reversiblen, nicht mit dem Infektionsrisiko assoziierten Neutropenien (8 vs. 2 %). Es kam weder zu opportunistischen Infektionen noch Tuberkulose. Damit zeigte Iberdomid in der höchsten Dosierung eine vor allem in SLE-Subgruppen (hohes Aiolos bzw. Typ-1 IFN) gute Wirksamkeit bei überwiegend guter Verträglichkeit. Eine Weiterentwicklung des neuen Therapieprinzips bei SLE scheint somit gerechtfertigt. (1) 

Positive Phase-II-Ergebnisse zu BIIB059 

Vielversprechend erscheint auch BIIB059, ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der an den BDCA2-Rezeptor auf plasmazytoiden dendritischen Zellen (PDCs) bindet und die Produktion pro-inflammatorischer Mediatoren einschließlich IFN-1 inhibiert. Den Teil A der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten LILAC-Studie präsentierte Richard Furie, New York (USA). Hierin eingeschlossen wurden 120 Patienten mit aktivem SLE gemäß den ACR-Kriterien mit SJC/TJC ≥4, aktiver Hauterkrankung, positivem ANA und/oder erhöhten dsDNA-Antikörpern. Vor dem Hintergrund einer stabilen SLE-Begleitmedikation inklusive Prednison (max. 20 mg/Tag, verpflichtendes Tapering ab Woche 4) wurden die Patienten für 20 Wochen ca. 1:1 auf s.c. BIIB059 450 mg oder Placebo (n=64 vs. n=56) alle 4 Wochen (mit zusätzlicher Dosis in Woche 2) randomisiert. Primärer Endpunkt war die Veränderung des Total Joint Count (als Summe aus SJC und TJC) von Baseline bis Woche 24, sekundäre Endpunkte waren die Anteile von Patienten mit CLASI 50- bzw. SRI-4-Ansprechen in Woche 24. Der primäre Endpunkt (Total Joint Count) in Woche 24 wurde signifikant erreicht (-15,0 vs. -11,6; p=0,037). Auch im SRI-4-Ansprechen in Woche 24 zeigte sich BIIB059 gegenüber Placebo signifikant überlegen (56,8 vs. 30,4 %; p=0,003), nur im Trend galt dies für das CLASI 50-Ansprechen (69,1 vs. 49,0 %; p=0,064). Die Rate aller UE war unter BIIB059 etwas geringer als unter Placebo (59,2 vs. 67,9 %), auffällige Sicherheitssignale wurden nicht berichtet. (2) 

Für die Therapie des kutanen LE (CLE) gibt es bislang noch keine spezifisch zugelassene Therapie. In dem von Victoria Werth, Philadelphia (USA), vorgestellten Teil B der Phase-II-Studie LILAC waren 132 Patienten mit aktivem CLE, d. h. subakutem und/oder chronischem kutanen LE (SCLE bzw. CCLE), und einem CLASI-A-Score zu Baseline ≥8 trotz Therapie mit topischen Steroiden und/oder Antimalariamitteln für 16 Wochen auf BIIB059 50 mg (n=26), 150 mg (n=25), 450 mg (n=48) oder Placebo (n=33) alle 4 Wochen (q4w) randomisiert worden. Eine stabile Komedikation für CLE bzw. SLE einschließlich Steroiden (max. 15 mg/Tag) war gestattet. Primärer Endpunkt war die prozentuale Veränderung im CLASI-A-Score von Baseline bis Woche 16, sekundäre Endpunkte waren unter anderem das CLASI 50-Ansprechen und eine Reduktion im CLASI-A um ≥7 Punkte bis Woche 16.

Der primäre Endpunkt wurde signifikant erreicht mit dem Nachweis eines dosisabhängigen Ansprechens (p=0,0005) und einer statistisch signifikanten Differenz bei der Abnahme des CLASI-A-Scores bis Woche 16 um im Durchschnitt -40,8 (p=0,008), -47,9 und -43,5 (jeweils p=0,001) unter 50, 150 und 450 mg BIIB059 gegenüber Placebo mit -14,5. Ein CLASI 50-Ansprechen in Woche 16 erreichten 38,5, 44,0 und 46,5 gegenüber 21,9 % der Teilnehmer, unter der höchsten Dosis war die Therapiedifferenz signifikant (p=0,024). Eine CLASI-A-Reduktion um ≥7 Punkte erreichten 34,6, 48,0 und 41,8 gegenüber 21,9 % der Patienten im Placeboarm, für die 450 mg-Dosierung war dies signifikant (p=0,048). Es zeigten sich keine gravierenden Sicherheitssignale für BIIB059 (alle bzw. schwere UE 71,7 vs. 66,7 % und 7,1 vs. 9,1 %) im Vergleich zu Placebo, bei 3,0 % kam es zu Hypersensitivitätsreaktionen. (3) Als Fazit bleibt somit festzuhalten, dass BIIB059 in beiden LILAC-Studien den primären Endpunkt signifikant erreichte und bei einem bis dato akzeptablen Sicherheitsprofil zu einer jeweils klinisch relevanten Reduktion der Krankheitsaktivität führte, sodass eine weitere Evaluation in größeren (Phase-II bzw. III-) Studien bei SLE und CLE sinnvoll erscheint. (2, 3) 

Neues aus Studien und Registern

Kurz erwähnt sei auch eine von Victoria Werth als Late-breaker vorgestellte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-I-Studie zu VIB7734, einem gleichfalls gegen PDCs gerichteten monoklonalen Antikörper. Genauere Aussagen sind angesichts von 41 (davon 9 Placebo) über 3 Kohorten verteilten Patienten mit SLE oder Sjögren-Syndrom (Kohorte 1) und SLE oder kutanem LE (Kohorten 2 und 3) nicht möglich, jedoch scheint die Therapie prinzipiell zu funktionieren (Abnahme von PDCs und damit IFN-1 in Blut und entzündeter Haut), 56 vs. 29 % der Teilnehmer mit CLE erreichten mit VIB7734 50 oder 150 mg s.c. als Zusatztherapie ein CLASI 50-Ansprechen, weitere Studien sind in Planung. (4) 

Das orale Therapieprinzip der Bruton’s Tyrosinkinase (BTK)-Inhibition scheint sich in der Rheumatologie nicht durchzusetzen. Wusste schon Fenebrutinib als deren erster Vertreter weder beim SLE noch rheumatoider Arthritis (RA) in Phase-II zu überzeugen (die primären Endpunkte wurden jeweils verfehlt), scheiterte nun auch Evobrutinib sowohl bei SLE als auch RA in Phase-II. Über die Ergebnisse einer internationalen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie berichtete Daniel J. Wallace, Los Angeles (USA). In dieser waren 469 Patienten mit aktivem (SLEDAI-2K ≥6), Autoantikörper-positiven SLE auf dem Boden einer stabilen Hintergrundtherapie im Verhältnis 1:1:1:1 auf Evobrutinib 1x 25 oder 75 mg/Tag, 2x 50 mg/Tag oder Placebo randomisiert worden. Beide primären Endpunkte, ein SRI-4-Ansprechen in Woche 52 sowie SRI-6-Ansprechen in Woche 52 bei Patienten mit hoher Krankheitsaktivität, wurden verfehlt. Auch bezüglich schwerer Schübe fand sich für keine der Dosierungen eine klinisch relevante Wirksamkeit. Die BTK-Inhibition dürfte damit bei SLE (und wohl auch RA) endgültig aus dem Rennen sein. (5) 

Im Zuge des – wie jetzt klar ist – unwirksamen Einsatzes von Hydroxychloroquin (HCQ) bei COVID-19-Patienten war es zu einer Verunsicherung bezüglich ungünstiger kardialer Effekte wie einer Verlängerung der QTc-Zeit und Entwicklung von Arrhythmien gekommen. Solche Sorgen scheinen aber bei SLE- und RA-Patienten nach den von Elizabeth Park, New York (USA), vorgestellten Daten dreier prospektiver Kohortenstudien mit 681 Patienten (eine zum SLE mit 374, zwei zur RA mit 307 Patienten, jeweils ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung; 54 % nahmen HCQ ein, 44 % mit QTc >440 ms) unbegründet zu sein. In einem multivariaten logistischen Modell war HCQ kein signifikanter Prädiktor für eine QTc-Zeitverlängerung >440 oder >500 ms (Odds ratio, OR 0,89 bzw. OR 0,11). Ein kleines, nicht signifikantes Signal gab es in der SLE-Kohorte (9 von 11 Patienten mit QTc >500 ms waren auf HCQ), jedoch war eine QTc >500 ms nicht mit Arrhythmien oder Tod assoziiert. Ein gewisses zusätzliches Risiko bot in der SLE-Kohorte die Kombination aus HCQ und Antipsychotika gegenüber HCQ allein (441 vs. 432 ms; p=0,014). Insgesamt zeigte sich aber auch bei SLE-Patienten keine relevante Differenz der QTc-Zeit mit oder ohne HCQ-Einnahme. (6)

Quellen:

1   Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0987
2   Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0935
3   Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0986
4   Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): L10
5   Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0865
6   Arthritis Rheumatol 2020; 72(Suppl. 10): Abstr. 0431