SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Update zur Effektivität von Anifrolumab

Bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) steht mit Anifrolumab nun eine zweite zugelassene biologische Therapie zur Verfügung, wobei es angesichts nur einer von zwei Phase-III-Studien mit erreichtem primären Endpunkt zumindest in Europa eine gewisse Hängepartie war. Die Effektivität von Anifrolumab im Hinblick auf spezielle Organdomänen und in klinischen Subgruppen bewerteten Raj Tummala, Gaithersburg (USA), und Kollegen in mehreren Post-hoc-Analysen gepoolter Daten der randomisierten, placebokontrollierten Phase-III TULIP-1- und -2-Studien. Noch ein Fragezeichen ist hinter der Lupusnephritis (LN) als möglicher weiterer Indikation nach einer ersten Phase-II-Studie zu setzen.

In die Post-hoc-Analyse zur Beeinflussung der organspezifischen SLE-Krankheitsaktivität gingen die gepoolten Daten von 726 Patienten mit einem mittelschweren bis schweren SLE aus TULIP-1 und -2 ein (im Mittel 41,8 Jahre alt, davon 93 % Frauen), die im Verhältnis 1:1 den Typ I-Interferon-Antikörper Anifrolumab i.v. 300 mg alle 4 Wochen oder Placebo für 48 Wochen erhalten hatten. Analysiert wurden die Veränderungen von Baseline bis Woche 52 in den BILAG-2004- und SLEDAI-2K-Scores für Organdomänen sowie im Cutaneous Lupus Erythematosus Disease Area and Severity Index Activity (CLASI-A)-Score, anhand der betroffenen Gelenke (SJC/TJC), Hämatologie und Serologie.

Die am stärksten betroffenen Organdomänen waren muskuloskelettal (89 % der Patienten gemäß BILAG-2004 und 94 % gemäß SLEDAI-2K) und mukokutan (86 bzw. 96 % nach den beiden Scores). In Woche 52 führte Anifrolumab gegenüber Placebo zu jeweils größeren Verbesserungen bei Patienten im muskuloskelettalen System (BILAG-2004: 56 vs. 44 %, SLEDAI-2K: 49 vs. 40 %), mukokutanen System (54 vs. 38 % bzw. 55 vs. 39 %) sowie auch im immunologischen System (19 vs. 11 % gemäß SLEDAI-2K). Bei den seltener betroffenen Organdomänen fielen die Resultate uneinheitlich aus. Bei Patienten mit einem CLASI-A ≥10 zu Baseline erreichten unter Anifrolumab mehr Patienten eine CLASI-A-Reduktion ≥50 % in Woche 52 (46 vs. 25 %). Bei Patienten mit zu Baseline ≥6 geschwollenen Gelenken kam es unter Anifrolumab gegenüber Placebo häufiger zu einer Reduktion des SJC um ≥50 % bis Woche 52 (57 vs. 46 %), während kein signifikanter Unterschied hinsichtlich einer Reduktion des TJC um ≥50 % bis Woche 52 auszumachen war. Somit zeigte sich in den beiden Phase-III-Studien eine Reduktion der SLE-Krankheitsaktivität in mehreren Organdomänen unter Anifrolumab. (1)

Die zweite gepoolte Analyse zeigte, dass sich die Differenz im BICLA-Ansprechen auf Anifrolumab gegenüber Placebo in der Gesamtpopulation (∆16,6 %) nicht wesentlich von Subgruppen (Glukokortikoid-Dosis >/<10  mg/Tag bzw. SLEDAI-2K >/<10 zu Baseline) unterschied. Eine etwas größere Therapiedifferenz war bei Patienten mit hoher IFN-Gensignatur (∆18,2 %) und abnormen Seromarkern (∆23,1 %) zu Baseline erkennbar. (2) Welche Patienten am meisten profitieren, wird sich wohl erst im breiteren Einsatz in der Praxis zeigen. 

Noch offene Fragen nach erster Phase-II-Studie

Dass es bis zu einer Zulassung von Anifrolumab bei aktiver LN noch ein weiter Weg sein dürfte, verdeutlicht eine von Catharina Lindholm, Göteborg (Schweden), und Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-Studie bei Patienten mit aktiver, bioptisch gesicherter Klasse III/IV-LN.

In die TULIP-LN-Studie eingeschlossen wurden 147 Patienten, die für zwei Jahre im Verhältnis 1:1:1 Anifrolumab als Standard- (SR i.v. 1x 300 mg/Monat) oder intensiviertes Regime (IR, 3 Dosen 900 mg, dann 300  mg/Monat) oder Placebo zusätzlich zu einer Standardtherapie (Glukokortikoide [GK], Mycophenolat Mofetil) erhielten. Primärer Endpunkt war die Veränderung des 24 h-Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Urin (UPCR) bis Woche 52 für die kombinierte Anifrolumab- versus Placebo-Gruppe, sekundärer Endpunkt ein komplettes renales Ansprechen (CRR) in Woche 52.

Im primären Endpunkt 24 h-UPCR in Woche 52 war mit einer Verbesserung von 69 vs. 70 % kein signifikanter Unterschied zwischen Anifrolumab und Placebo erkennbar (p=0,905). Numerisch mehr Patienten erreichten unter Anifrolumab IR ein CRR (45,5 vs, 31,1 %), CRR mit UPCR ≤0,5 mg/mg (40,9 vs. 26,7 %), CRR mit inaktivem Urinsediment (40,9 vs. 13,3 %) und anhaltende GK-Reduktionen (55,6 vs. 33,3 %). Unter Anifrolumab (kombiniert) kam es im Vergleich zu Placebo häufiger zu Herpes Zoster (16,7 vs. 8,2 %), schwerwiegende unerwünschte Ereignisse waren in etwa gleich verteilt. Auch wenn der primäre Endpunkt verpasst wurde, zeigten sich doch Hinweise (zumindest unter Anifrolumab IR) für eine Wirksamkeit (z. B. CRR) nach 52 Wochen – die 2-Jahres-Daten bleiben abzuwarten. (3)

Mit IRIS ist eine Phase-III-Studie zu Anifrolumab mit 360 Erwachsenen mit aktiver proliferativer LN geplant, die Rekrutierung hat aber noch nicht begonnen.
 

Quellen:
1   Lancet Rheumatol 2022; 4(4): e282-292
2   Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-221425
3   Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-221478