PÄDIATRISCHE RHEUMATOLOGIE

Systemische JIA: IL-1-Inhibition als First-line Treat-to-target-Strategie?

Obwohl sich bei systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA) konventionelle (cs)DMARDs im Gegensatz zur polyartikulären JIA als wenig effektiv erwiesen haben, werden Biologika wie IL-1- oder IL-6-Inhibitoren in Kombination mit Glukokortikoiden und/oder csDMARDs bei sJIA oft erst als Zweit- oder Drittlinientherapie eingesetzt. Dies könnte sich jetzt nach einer von Sebastiaan J. Vastert, Utrecht (Niederlande), und Kollegen publizierten prospektiven monozentrischen Studie womöglich ändern, in der sich eine initiale Treat-to-target (T2T)-Strategie mit dem IL-1-Rezeptorantagonisten Anakinra als sowohl kurz- wie auch langfristig sehr erfolgreich erwiesen hat.

Frühere Arbeiten hatten gezeigt, dass die IL-1-Aktivierung vor allem in der frühen Phase der sJIA eine große Rolle spielt, was die Möglichkeit eines frühen „window of opportunity“ für die IL-1-Blockade nahelegte. Die Prognose der systemischen JIA ist besser geworden, jedoch leiden mit den heute angewendeten Therapiestrategien nach 12 Monaten immer noch ca. 50 % der Patienten unter einer aktiven Erkrankung. Um der Frage nachzugehen, ob sich mit einem T2T-Ansatz mit einer Erstlinien-IL-1-Inhibitor-Monotherapie häufiger frühzeitig eine inaktive Erkrankung und die Vermeidung langfristiger Krankheitsschäden erreichen lässt, wurden ab dem Jahr 2008 42 neu diagnostizierte sJIA-Patienten (mittleres Alter 7 Jahre, überwiegend Jungen, 12 mit systemischer Krankheitsmanifestation ohne Arthritis) in die Studie eingeschlossen und auf Anakinra eingestellt, wenn die Symptome unter NSAR für mehr als 7 Tagen persistierten. Die Therapie wurde in einer Dosierung von 2 mg/kg/Tag gestartet, persistierte das Fieber über 3 Tage, wurde auf Anakinra 4 mg/kg/Tag eskaliert. Bei anhaltender Symptomatik war zusätzlich Prednisolon gestattet, aber auch ein Wechsel auf Canakinumab oder Tocilizumab war möglich. Das mediane Follow-up betrug 5,8 Jahre.

Hohe Ansprechrate, verringerter Steroidbedarf

Nach lediglich einem Monat hatten 55 % der Patienten eine vollständig inaktive Erkrankung unter der Anakinra-Monotherapie erreicht, lediglich in zwei Fällen wurde begleitend Prednisolon eingesetzt. Nach drei Monaten war bereits bei 83 % der Teilnehmer eine inaktive Erkrankung ohne Steroidgabe erzielt worden, die mediane Zeit bis zum Erreichen dieses Therapieziels betrug nur 33 Tage. Nach 12 Monaten wiesen 76 % der Patienten eine inaktive Erkrankung auf, bei 52 % gelang dies sogar gänzlich medikamentenfrei. Nur 33 % bedurften einer Steroidtherapie, in früheren Studien waren es 80-90 %.

Aufgrund der belastenden täglichen s.c.-Injektionen wurde versucht, Anakinra sukzessive auszuschleichen. Nach durchschnittlich 3,7 Monaten wurde dies bei 33 Patienten in Angriff genommen, bei 31 konnte es abgesetzt werden. Die mediane Therapiedauer betrug 6,1 Monate. Bei etwa der Hälfte kam es während des Tapering zu einem Rezidiv, sodass hier künftig noch Bedarf an Biomarkern für erfolgreiche Absetzstrategien besteht. Insgesamt 35 Patienten konnten über 3 und 25 über 5 Jahre nachverfolgt werden. Von letzteren hatten alle eine inaktive Erkrankung, darunter waren 15 medikamentenfrei, 2 verblieben auf Anakinra, zwei wechselten auf Canakinumab, einer auf Tocilizumab, in einem Fall wurden NSAR und intraartikuläre Steroide gegeben. Eine Patientin mit schwerer JIA, die auf keine Medikation ansprach, verstarb an einem Makrophagen-Aktivierungs-Syndrom. Bei drei weiteren kam es auch zu schweren Komplikationen, potenziell getriggert durch Virusinfektionen. Bei weniger als 5 % der Teilnehmer wurden Krankheitsschäden dokumentiert. Mit der Prädiktion einer inaktiven Erkrankung nach 12 Monaten signifikant assoziierte Faktoren waren ein frühes Ansprechen, d. h. inaktive Erkrankung nach einmonatiger Therapie (Odds ratio, OR 27, 95% KI 2,92-47,5; p=0,003) und eine hohe Neutrophilenzahl vor Therapiebeginn (OR 1,19, 95% KI 1,05-1,42; p=0,021), mit einem optimalen Cut-off von 9×109/l.

Kompakt:

Bei allen Limitationen einer monozentrischen Studie ohne Kontrollgruppe scheinen die Daten doch darauf hinzudeuten, dass eine T2T-Strategie mit einer Erstlinien-Monotherapie mit dem IL-1-Inhibitor Anakinra bei sJIA hocheffektiv ist und im Vergleich zu historischen Befunden das kurz- und auch langfristige Outcome gegenüber einem stufenweisen Vorgehen deutlich zu verbessern scheint – sowohl im Erreichen einer inaktiver Erkrankung als auch in puncto eines verringerten Steroidbedarfs. Auch wenn sicherlich einige Fälle mit selbst-limitierender sJIA einzukalkulieren sind, könnte ein Paradigmenwechsel hin zu einer Ersttherapie mit IL-1-Inhibitoren mit nachfolgendem Ausschleichversuch durchaus vor der Tür stehen.

Quelle: Arthritis Rheumatol 2019; 
doi: 10.1002/art.40865