BILDGEBENDE DIAGNOSTIK

Skoliose – wenn sich die Wirbelsäule dreht

RÖNTGEN: Abb. 1a/b: BWS in zwei Ebenen: Torsionsskoliose rechtskonvex der BWS und linkskonvex der LWS mit Spondylarthrose und Osteochondrose. Osteophytäre Abstützungsreaktionen, insbesondere im Bereich der mitabgebildeten LWS. Beurteilung: Torsionsskoliose. Degenerative Veränderungen der BWS und LWS.

Abb. 1a/b: BWS in zwei Ebenen: Torsionsskoliose rechtskonvex der BWS und linkskonvex der LWS mit Spondylarthrose und Osteochondrose. Osteophytäre Abstützungsreaktionen, insbesondere im Bereich der mitabgebildeten LWS. Beurteilung: Torsionsskoliose. Degenerative Veränderungen der BWS und LWS.

Abb. 2a/b: LWS in 2 Ebenen: Steilstellung der LWS bei Torsionsskoliose. Deutliche Abstützungsreaktionen v. a. im Bereich der unteren LWS. Beurteilung: Torsionsskoliose mit deutlichen Abstützungsreaktionen, v. a. im Bereich der unteren LWS.

Abb. 2a/b: LWS in 2 Ebenen: Steilstellung der LWS bei Torsionsskoliose. Deutliche Abstützungsreaktionen v. a. im Bereich der unteren LWS. Beurteilung: Torsionsskoliose mit deutlichen Abstützungsreaktionen, v. a. im Bereich der unteren LWS.

ANAMNESE: Die Patientin stellte sich mit chronischer Rückenschmerz- und Refluxsymptomatik mit einer doppelt gekrümmten Wirbelsäule (seit der Kindheit) und axialen Hernie sowie Refluxerkrankung zur rheumatologischen und gastroenterologischen Abklärung und Therapie vor. Z. n. Rheuma in der Kindheit. Aktuell Therapie der Ösophagushernie mit Galviscon und Talcid sowie Sab-Tropfen. Ferner Schmerztherapie mit Novalgin bei Rückenschmerzsymptomatik sowie Krankengymnastik (auch an Geräten) und Massagen. Bekannte Osteoporose, aktuell Therapie mit Denosumab.

KLINISCHER BEFUND: 163 cm, 60 kg, RR: 120/85mmHg, Puls: 58/min., O2-Sättigung: 97 %. Wirbelsäulenstatus: Torsionsskoliose mit rechtskonvexer Ausprägung im BWS-Bereich und linkskonvexer Ausprägung im LWS-Bereich. Segmentale Funktionseinschränkungen in allen Wirbelsäulenabschnitten.

LABOR: Hb 13,2 g/dl, CRP 6,2 mg/l, BKS 12/h, Leukozyten 7.300/µl, ANA 1:320, HLA-B27 negativ

BILDGEBENDE DIAGNOSTIK: Röntgen (s. Abb. 1/ Abb. 2)

DIAGNOSE: Fortgeschrittene langjährige Torsionsskoliose mit Abstützungsreaktionen

Unter einer Torsionsskoliose versteht man eine Seitabweichung der Wirbelsäule von der Längsachse mit Rotation der Wirbelkörper um die Längsachse und Torsion der Wirbelkörper (Verschiebung der Deck- und Grundplatten gegeneinander) – begleitet von strukturellen Verformungen der Wirbelkörper. Man unterscheidet idiopathische Skoliosen (90 %), häufig bei Frauen, die bereits vor/in der Pubertät auftreten und die Adoleszentenskoliose. Ca. 10 % der Patienten leiden an sekundären Skoliosen (ursächliche Erkrankungen z. B. Poliomyelitis, Zerebralparese, posttraumatische Lähmungen etc.).

Die Diagnose wird mit der konventionellen Röntgendiagnostik gestellt. Zur genauen Beurteilung ist eine Aufnahme der BWS und LWS (auch in Form einer Ganzwirbelsäulen-Röntgenaufnahme) im aufrechten Stand notwendig. Idealerweise werden zusätzlich die Beckenkämme zur Bestimmung des knöchernen Wachstumsstatus sowie die Schlüsselbeine zur Bestimmung des Schulterstandes abgebildet. Die Diagnose wird jedoch erst gestellt, wenn zusätzlich eine Rotationsabweichung besteht.  Die seitliche Röntgenaufnahme vermittelt Informationen über das sagittale Profil. Die Abbildung des Beckens und der Hüftgelenke auf der seitlichen Röntgenaufnahme ermöglicht die Bestimmung der Wirbelsäulen-Becken-Relation. Das Becken besitzt bei sagittalen Wirbelsäulendeformitäten die Möglichkeit der kompensatorischen Rotation um die Oberschenkelköpfe, wodurch es zu einem Wiederaufrichten der Wirbelsäule kommt.

Eine erfolgversprechende Therapie ist meist nur  im Wachstumsalter möglich. Konsequente Krankengymnastik über Jahre ist am erfolgversprechendsten, zusätzlich kann ein geeignetes Korsett zur Unterstützung werden. Auch operative Therapien stehen im Einzelfall zur Verfügung. Bei nicht ausreichender Behandlung kommt es zu einer Progredienz der Wirbelsäulenfehlstellung.           


Prof. Dr. med. Herbert Kellner
Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie,
Gastroenterologie und Physikalische Medizin
Romanstr. 9, 80639 München