KLINISCHER BEFUND: 163 cm, 60 kg, RR: 120/85mmHg, Puls: 58/min., O2-Sättigung: 97 %. Wirbelsäulenstatus: Torsionsskoliose mit rechtskonvexer Ausprägung im BWS-Bereich und linkskonvexer Ausprägung im LWS-Bereich. Segmentale Funktionseinschränkungen in allen Wirbelsäulenabschnitten.
LABOR: Hb 13,2 g/dl, CRP 6,2 mg/l, BKS 12/h, Leukozyten 7.300/µl, ANA 1:320, HLA-B27 negativ
BILDGEBENDE DIAGNOSTIK: Röntgen (s. Abb. 1/ Abb. 2)
DIAGNOSE: Fortgeschrittene langjährige Torsionsskoliose mit Abstützungsreaktionen
Unter einer Torsionsskoliose versteht man eine Seitabweichung der Wirbelsäule von der Längsachse mit Rotation der Wirbelkörper um die Längsachse und Torsion der Wirbelkörper (Verschiebung der Deck- und Grundplatten gegeneinander) – begleitet von strukturellen Verformungen der Wirbelkörper. Man unterscheidet idiopathische Skoliosen (90 %), häufig bei Frauen, die bereits vor/in der Pubertät auftreten und die Adoleszentenskoliose. Ca. 10 % der Patienten leiden an sekundären Skoliosen (ursächliche Erkrankungen z. B. Poliomyelitis, Zerebralparese, posttraumatische Lähmungen etc.).
Die Diagnose wird mit der konventionellen Röntgendiagnostik gestellt. Zur genauen Beurteilung ist eine Aufnahme der BWS und LWS (auch in Form einer Ganzwirbelsäulen-Röntgenaufnahme) im aufrechten Stand notwendig. Idealerweise werden zusätzlich die Beckenkämme zur Bestimmung des knöchernen Wachstumsstatus sowie die Schlüsselbeine zur Bestimmung des Schulterstandes abgebildet. Die Diagnose wird jedoch erst gestellt, wenn zusätzlich eine Rotationsabweichung besteht. Die seitliche Röntgenaufnahme vermittelt Informationen über das sagittale Profil. Die Abbildung des Beckens und der Hüftgelenke auf der seitlichen Röntgenaufnahme ermöglicht die Bestimmung der Wirbelsäulen-Becken-Relation. Das Becken besitzt bei sagittalen Wirbelsäulendeformitäten die Möglichkeit der kompensatorischen Rotation um die Oberschenkelköpfe, wodurch es zu einem Wiederaufrichten der Wirbelsäule kommt.
Eine erfolgversprechende Therapie ist meist nur im Wachstumsalter möglich. Konsequente Krankengymnastik über Jahre ist am erfolgversprechendsten, zusätzlich kann ein geeignetes Korsett zur Unterstützung werden. Auch operative Therapien stehen im Einzelfall zur Verfügung. Bei nicht ausreichender Behandlung kommt es zu einer Progredienz der Wirbelsäulenfehlstellung.
Prof. Dr. med. Herbert Kellner
Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie,
Gastroenterologie und Physikalische Medizin
Romanstr. 9, 80639 München
