SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Schrittweiser Glukokortikoid-Entzug bei klinischer Remission möglich

Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) werden üblicherweise auch während klinisch ruhigen Krankheitsphasen mit Glukokortikoiden (GK) behandelt. Nachdem kürzlich eine Studie gezeigt hatte, dass ein abruptes Absetzen von GK in dieser Situation mit einem erhöhten Schubrisiko in den folgenden 12 Monaten verbunden ist, untersuchten jetzt kanadische Rheumatologen um Murray B. Urowitz, Toronto, in einer Beobachtungsstudie die Rate klinisch relevanter Schübe und die Akkumulation von Damage bei SLE-Patienten mit graduellem GK-Tapering.

Eingeschlossen in die Studie wurden 270 Patienten der Toronto Lupus-Klinik mit klinischer Remission (SLEDAI-Score =0) unter einer Basistherapie mit Prednison 5 mg/Tag sowie Antimalariamitteln und Immunsuppressiva in stabiler Dosierung für mindestens 2 konsekutive Jahre. Jene Patienten, die die niedrige Prednison-Dosis (5 mg/Tag) beibehielten, dienten als Erhaltungstherapie-Gruppe, während jene, die Prednison während des 2-Jahres-Zeitraums graduell reduziert hatten, der Entzugs-Gruppe zugeordnet wurden.

Aufwändiges Tapering-Protokoll implementiert

Das Tapering erfolgte sehr vorsichtig: In der ersten Woche nahmen die Patienten an 6 Tagen 5 mg/Tag Prednison ein und eine reduzierte Dosis von 4 mg an einem Tag, in der zweiten Woche die übliche Dosis nur noch für 5 Tage und die reduzierte für 2 Tage. In Woche 3 wurde die 5 mg-Dosis nur noch an 4 Tagen und die reduzierte an 3 Tagen eingenommen. Dieses Schema wurde bis zur nächsten Visite weiter fortgesetzt und der nächste Reduktionzyklus (ab 4 mg/Tag) eingeleitet. Dies gestattete ein Absetzen von Prednison über 9-18 Monate hinweg. Das Follow-up betrug 24 Monate nach Prednison-Entzug bzw. dem korrespondierenden Termin in der Erhaltungsgruppe, mittels Propensity Score-Matching (resultierend in je 102 Patienten in jeder Gruppe) wurde auf Unterschiede zu Baseline adjustiert. Es handelte sich zumeist um Frauen (mittleres Alter 42 Jahre, Krankheitsdauer 12 Jahre, klinische Remissionsdauer 3,6 Jahre). Primärer Endpunkt waren Schübe, definiert als jeder Anstieg im SLEDAI, moderate bis schwere Schübe mussten mit einem SLEDAI-Anstieg um 4 Punkte und erforderlicher Therapieeskalation verbunden sein. 

Geringere Schubrate trotz Prednison-Entzug

Im Ergebnis war die Schubrate (jeder SLEDAI-Anstieg) in der Entzugs-Gruppe sogar niedriger als im Therapiearm mit beibehaltener GK-Therapie, dies sowohl in Monat 12 (17,6 vs.29,4 %; p=0,023) als auch Monat 24 (33,3 vs. 50,0 %; p=0,01). Moderate und schwere Schübe traten vergleichbar häufig in Monat 12 auf (erforderliche Therapieeskalation in 10,8 vs.13,7 %; p=0,467 bzw. mit SDAI-Anstieg um 4 Punkte in 6,9 vs. 11,8 %; p=0,197), waren aber seltener in Monat 24 (Therapieeskalation in 14,7 vs. 27,5 %; p=0,024, SLEDAI-Anstieg um 4 Punkte 12,7 vs. 26,5 %; p=0,013). In der Entzugs-Gruppe kam es ferner signifikant seltener zu neuen Krankheitsschäden (6,9 vs. 17,6 %; p=0,022) oder GK-assoziierten Schäden (2,9 vs. 11,8 %; p=0,02) in Monat 24.

Keine Prädiktoren für erfolgreiches Tapering außer Remissionsdauer

Es konnten in einer multivariaten Analyse keine Prädiktoren (z. B. Alter, Krankheitsdauer, Serologie, kumulative Prednison-Dosis vor Studienbeginn) für das Schubrisiko identifiziert werden. Eine zusätzliche Analyse zu 263 Patienten, die eine Dauer der klinischen Remission von weniger als 2 Jahren aufwiesen ergab, dass in Monat 24 kein Unterschied in der Schubrate in der Entzugs- und Erhaltungs-Gruppe (je 67 %) erkennbar war, was auf eine möglichst lange Remissionsdauer als kritischen Faktor für ein erfolgreiches GK-Tapering hinweist.                

Kompakt:  Für viele SLE-Patienten mit langjähriger klinischer SLEDAI-Remission scheint ein sehr langsames, schrittweises Absetzen von Prednison ein gangbarer Weg bei vertretbarem Risiko vor allem für moderate bis schwere Krankheitsschübe zu sein – es kam in Relation nach zwei Jahren sogar seltener zu Schüben und Krankheitsschäden als in der Gruppe mit fortgesetzter GK-Einnahme. Angesichts des komplexen Tapering-Protokolls dürfte jedoch eine gute Adhärenz der Patienten eine wichtige Voraussetzung für einen anhaltenden Therapieerfolg sein.

Quelle: ACR Open Rheumatol 2021; 3(8): 550-557