POLYMYALGIA RHEUMATICA

S2e-Leitlinie zur Behandlung: Update 2024

Bereits in Düsseldorf auf dem DGRh-Kongress 2024 von Prof. Dr. Frank Buttgereit, Berlin, vorgestellt und jetzt publiziert wurde das 2024er-Update der S2e-Leitlinie (vormals S3 aus 2018) der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh), Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR) und Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR) sowie weiteren beteiligten medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Organisationen zur Behandlung der Polymyalgia rheumatica (PMR). Mit vier übergeordneten Prinzipien und sieben spezifischen Empfehlungen ist es wieder recht übersichtlich, enthält aber doch einige wichtige Neuerungen.

Übergeordnete Prinzipien

A) Selbst bei Vorliegen einer klinisch hinreichenden Befundkonstellation sollten Erkrankungen mit PMR-ähnlichen Symptomen (z. B. nicht-entzündliche, entzündliche, medikamenteninduzierte, endokrine, infektiöse oder neoplastische Erkrankungen) ausgeschlossen werden. Neu bzw. umgruppiert wurden die Prinzipien B-D. B) Jeder Patient mit PMR sollte schnellstmöglich zur Diagnosesicherung, Risikostratifizierung und zur Therapieentscheidung dem Rheumatologen zugewiesen werden. Die Weiterbehandlung von Patienten unter Glukokortikoid (GK)-Monotherapie kann von vom Hausarzt übernommen werden. C) Die Behandlung von PMR-Patienten hat das Erreichen und Erhalten der Remission zum Ziel und basiert auf einer gemeinsamen Entscheidung von Patienten und behandelndem Arzt. Dieser Prozess wird durch eine angemessene Schulung der Patienten in Bezug auf die Auswirkungen der PMR und deren Behandlung unterstützt. D) Es ist gute klinische Praxis, das Erreichen des Behandlungsziels und die Therapie in folgenden Abständen zu überprüfen: bis zum Erreichen der Remission alle 1-4 Wochen, bei stabiler Remission alle 3-6 Monate und nach erfolgreichem Absetzen der Therapie nach individueller Entscheidung.

Spezifische Empfehlungen im Überblick

Umformuliert bzw. umgestellt wurden die Empfehlungen 1-3. 1) GK sollen unmittelbar nach Diagnosestellung einer PMR begonnen, oral als morgendliche Einzeldosis verabreicht und individuell dosiert werden. (Evidenzgrad 5). 2) Die GK-Initialdosis sollte zwischen 15 und 25 mg Prednison-Äquivalent pro Tag liegen. Es sollen keine Initialdosen von ≤7,5 mg/Tag oder von > 30 mg/Tag angewandt werden. (Evidenzgrad 2). 3) Die Glukokortikoid-Dosis soll kontinuierlich reduziert werden, basierend auf einem regelmäßigen Monitoring der Krankheitsaktivität, der Laborparameter und des Auftretens von unerwünschten Wirkungen der Therapie (Evidenzgrad 5). Neu sind die Empfehlungen 4-6. 4) Hinsichtlich der Dauer einer GK-Therapie sollte bei einer GK-Monotherapie höchstens 1 Jahr, bei begleitender Biologika-Therapie höchstens 16 Wochen oder Begleittherapie mit Methotrexat (MTX) eine individuelle Verkürzung auf 6–8 Monate angestrebt werden (Evidenzgrad 5). 5) Die Behandlung mit einem Interleukin (IL)-6-Rezeptorblocker – zusätzlich zu GK – sollte bei Patienten mit rezidivierendem Verlauf angewandt werden und kann bei ausgewählten Patienten mit neu aufgetretener Erkrankung und hohem Risiko für GK-induzierte Nebenwirkungen erwogen werden (Evidenzgrad 1). 6) Alternativ zum IL-6-Rezeptorblocker können auch MTX oder Rituximab erwogen werden (Evidenzgrad 1). 7) Insbesondere älteren und/oder gebrechlichen Patienten sollte zusätzlich zur medikamentösen Therapie ein individualisiertes Übungsprogramm angeboten werden (Evidenzgrad 5).

Die wohl wichtigste Neuerung der Leitlinie ist die Aufnahme der IL-6-Rezeptorblocker. So konnte für (das bei Riesenzellarteriitis zugelassene) Tocilizumab in der Phase-II/III-Studie PMR-SPARE bei de-novo PMR-Patienten häufiger eine GK-freie Remission in Woche 16 (GK-Tapering von 20 auf 0 mg bis Woche 11) nachgewiesen werden (63 vs. 12 %), auch die Dauer bis zu ersten Rezidiv war länger (130 vs. 82 Tage). Bei steroidabhängiger PMR wurden in der Phase-III-Studie SEMAPHORE günstige Effekte belegt, die aber (auch in den USA) keine Zulassung zur Folge hatten. Anders ist dies für das von der FDA für die GK-resistente PMR und inzwischen auch seitens der EMA zugelassene Sarilumab. Basis hierfür war die Phase-III-Studie SAPHYR bei steroidabhängiger PMR: Obwohl Pandemie-bedingt nur 118 von geplant 280 Patienten rekrutiert werden konnten, fanden sich beim Erreichen einer anhaltenden Remission in Woche 52 doch klare Vorteile für Sarilumab (28 vs. 10 %); rezidiv-frei blieben 55 vs. 33 %, auch das GK-Tapering war erfolgreicher.

Quelle: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-006