Für alle neu revidierten Klassifikationskriterien gilt, dass die vorherige Diagnose einer Klein- (oder auch Mittel-)gefäßvaskulitis für deren Anwendung vorausgesetzt wird. Patienten mit Vaskulitis (oder ähnlichen Erkrankungen) wurden in die internationale DCVAS-Kohortenstudie aufgenommen, die in fünf Phasen voranschritt, u. a. mit der Identifizierung, Einengung und schrittweisen Abstimmung von Kandidatenkriterien. Letztere wurden sowohl in einer Entwicklungs- als auch Validierungskohorte getestet (bei GPA umfasste erstere 578 GPA- und 652 Komparator-Fälle, letztere zusätzlich 146 GPA- und 161 Komparator-Fälle).
GPA und MPA im Fokus
Von zu Beginn 91 Einzelkriterien wurden letztlich zehn beibehalten und wie folgt gewichtet: nasale Symptome (+3), Knorpelbeteiligung (+2), Hörverlust (+1), ANCA oder PR3-ANCA-Positivität (+5), Lungenknötchen/pulmonale Beteiligung in Bildgebung (+2), Granulome oder Riesenzellen in Biopsie (+2), Entzündung oder Konsolidierung der nasalen/paranasalen Nebenhöhlen in Bildgebung (+1), pauci-immune Glomeruloneprhitis (+1), MPO-ANCA-Positivität (–1) und Eosinophilenzahl ≥1× 109/L (–4).
Bei Diagnose einer Klein-/Mittelgefäßvaskulitis erlaubt nach Ausschluss von Vaskulitis-Mimics ein kumulativer Cut-off-Wert von ≥5 Punkten die Klassifikation als GPA. In der Validierungskohorte betrugen die Sensitivität und Spezifität 93 % (95% KI 87-96 %) bzw. 94 % (95% KI 89-97 %).
In puncto GPA ist somit das Vorliegen von PR3-ANCA das stärkste Positivkriterium, während umgekehrt Eosinophilie oder MPO-ANCA-Positivität als Negativkriterien gegen eine GPA sprechen. (1)
Bei der MPA gingen in die die Entwicklungs- und Validierungskohorte 149 MPA- und 408 Komparator-Fälle bzw. zusätzlich 142 und 414 Fälle ein. Von ursprünglich 91 Kriterien blieben letztlich sechs finale Kriterien mit dieser Gewichtung übrig: perinukleäre ANCA oder MPO-ANCA-Positivität (+6), pauci-immune Glomerulonephritis (+3), Lungenfibrose oder interstitielle Lungenerkrankung (+3), sinunasale Symptome/Zeichen (–3), ANCA oder PR3 ANCA-Positivität (–1) und Eosinophilenzahl ≥1× 109/L (–4).
Bei vorheriger Diagnose einer Klein-/Mittelgfäßvaskulitis erlaubt nach Ausschluss von Vaskulitis-Mimics ein kumulativer Cut-off-Wert ≥5 Punkte die Klassifikation als MPA. In der Validierungskohorte betrugen die Sensitivität und Spezifität 91 % (95% KI 85-95 %) bzw. 94 % (95% KI 92-96 %).
Der Nachweis von MPO-ANCA ist somit das stärkste Kriterium für eine Klassifizierung als MPA, gefolgt von pauci-immuner Glomerulonephritis und Lungenbeteiligung, während Eosinophilie, PR3-ANCA und nasale Symptome als Negativkriterien definiert wurden. (2)
Finale Kriterien für EGPA
Nun zur EGPA, wo in die Entwicklungskohorte 107 EGPA- und 450 Komparatoren-Fälle eingingen und in die Validierungskohorte 119 bzw. 437 Fälle. Von 91 Kandidatenkriterien wurden hier sieben final beibehalten und wie folgt gewichtet: maximale Eosinophilenzahl ≥1 × 109/L (+5), Asthma (+3), Nasenpolypen (+3), PR3-ANCA-Positivität (–3), extravaskuläre, vorherrschend eosinophile Entzündung (+2), Mononeuritis multiplex/motorische Neuropathie nicht infolge einer Radikulopathie (+1) und Hämaturie (–1).
Nach dem Ausschluss von Vaskulitis-Mimics erlaubt nach vorheriger Diagnose einer Klein-/Mittelgfäßvaskulitis ein kumulativer Cut-off-Wert ≥6 Punkte die Klassifikation als EGPA. In der Validierungskohorte betrugen die Sensitivität und Spezifität 85 % (95% KI 77-91 %) bzw. 99 % (95% KI 98-100 %). Für die EGPA bringt die Eosinophilie somit die meisten Punkte für eine entsprechende Klassifizierung ein, gefolgt von Asthma und Nasenpolypen, eine PR3-ANCA-Positivität spricht klar dagegen. (3)
Quellen:
1 Ann Rheum Dis 2022; 81(3): 315-320
2 Ann Rheum Dis 2022; 81(3): 321-326
3 Ann Rheum Dis 2022; 81(3): 309-314