ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN

Neue ACR/EULAR-Klassifikationskriterien veröffentlicht

Erstmals auf dem virtuellen ACR-Kongress 2021 enthüllt wurden die gemeinsamen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für die ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) – Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und Mikroskopische Polyangiitis (MPA) sowie Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) – und auch für die Vaskulitiden der großen Gefäße (Riesenzellarteriitis, Takayasu-Arteriitis). Die neuen Vorgaben für GPA, MPA und EGPA, bei denen im Gegensatz zu den Großgefäßvaskulitiden ein Punktesystem mit positiven und negativen Kriterien zum Tragen kommt, publizierten Peter A. Merkel, Philadelphia (USA) und Raashid A. Luqmani, Oxford (Großbritannien), und Kollegen stellvertretend für die eigens hierfür ins Leben gerufene Diagnostic and Classification Criteria for Vasculitis (DCVAS)-Studiengruppe.

Für alle neu revidierten Klassifikationskriterien gilt, dass die vorherige Diagnose einer Klein- (oder auch Mittel-)gefäßvaskulitis für deren Anwendung vorausgesetzt wird. Patienten mit Vaskulitis (oder ähnlichen Erkrankungen) wurden in die internationale DCVAS-Kohortenstudie aufgenommen, die in fünf Phasen voranschritt, u. a. mit der Identifizierung, Einengung und schrittweisen Abstimmung von Kandidatenkriterien. Letztere wurden sowohl in einer Entwicklungs- als auch Validierungskohorte getestet (bei GPA umfasste erstere 578 GPA- und 652 Komparator-Fälle, letztere zusätzlich 146 GPA- und 161 Komparator-Fälle).

GPA und MPA im Fokus

Von zu Beginn 91 Einzelkriterien wurden letztlich zehn beibehalten und wie folgt gewichtet: nasale Symptome (+3), Knorpelbeteiligung (+2), Hörverlust (+1), ANCA oder PR3-ANCA-Positivität (+5), Lungenknötchen/pulmonale Beteiligung in Bildgebung (+2), Granulome oder Riesenzellen in Biopsie (+2), Entzündung oder Konsolidierung der nasalen/paranasalen Nebenhöhlen in Bildgebung (+1), pauci-immune Glomeruloneprhitis (+1), MPO-ANCA-Positivität (–1) und Eosinophilenzahl ≥1× 109/L (–4).

Bei Diagnose einer Klein-/Mittelgefäßvaskulitis erlaubt nach Ausschluss von Vaskulitis-Mimics ein kumulativer Cut-off-Wert von ≥5 Punkten die Klassifikation als GPA. In der Validierungskohorte betrugen die Sensitivität und Spezifität 93 % (95% KI 87-96 %) bzw. 94 % (95% KI 89-97 %).

In puncto GPA ist somit das Vorliegen von PR3-ANCA das stärkste Positivkriterium, während umgekehrt Eosinophilie oder MPO-ANCA-Positivität als Negativkriterien gegen eine GPA sprechen. (1)

Bei der MPA gingen in die die Entwicklungs- und Validierungskohorte 149 MPA- und 408 Komparator-Fälle bzw. zusätzlich 142 und 414 Fälle ein. Von ursprünglich 91 Kriterien blieben letztlich sechs finale Kriterien mit dieser Gewichtung übrig: perinukleäre ANCA oder MPO-ANCA-Positivität (+6), pauci-immune Glomerulonephritis (+3), Lungenfibrose oder interstitielle Lungenerkrankung (+3), sinunasale Symptome/Zeichen (–3), ANCA oder PR3 ANCA-Positivität (–1) und Eosinophilenzahl ≥1× 109/L (–4).

Bei vorheriger Diagnose einer Klein-/Mittelgfäßvaskulitis erlaubt nach Ausschluss von Vaskulitis-Mimics ein kumulativer Cut-off-Wert ≥5 Punkte die Klassifikation als MPA. In der Validierungskohorte betrugen die Sensitivität und Spezifität 91 % (95% KI 85-95 %) bzw. 94 % (95% KI 92-96 %).

Der Nachweis von MPO-ANCA ist somit das stärkste Kriterium für eine Klassifizierung als MPA, gefolgt von pauci-immuner Glomerulonephritis und Lungenbeteiligung, während Eosinophilie, PR3-ANCA und nasale Symptome als Negativkriterien definiert wurden. (2)

Finale Kriterien für EGPA

Nun zur EGPA, wo in die Entwicklungskohorte 107 EGPA- und 450 Komparatoren-Fälle eingingen und in die Validierungskohorte 119 bzw. 437 Fälle. Von 91 Kandidatenkriterien wurden hier sieben final beibehalten und wie folgt gewichtet: maximale Eosinophilenzahl ≥1 × 109/L (+5), Asthma (+3), Nasenpolypen (+3), PR3-ANCA-Positivität (–3), extravaskuläre, vorherrschend eosinophile Entzündung (+2), Mononeuritis multiplex/motorische Neuropathie nicht infolge einer Radikulopathie (+1) und Hämaturie (–1).

Nach dem Ausschluss von Vaskulitis-Mimics erlaubt nach vorheriger Diagnose einer Klein-/Mittelgfäßvaskulitis ein kumulativer Cut-off-Wert ≥6 Punkte die Klassifikation als EGPA. In der Validierungskohorte betrugen die Sensitivität und Spezifität 85 % (95% KI 77-91 %) bzw. 99 % (95% KI 98-100 %). Für die EGPA bringt die Eosinophilie somit die meisten Punkte für eine entsprechende Klassifizierung ein, gefolgt von Asthma und Nasenpolypen, eine PR3-ANCA-Positivität spricht klar dagegen. (3)

Quellen:
1   Ann Rheum Dis 2022; 81(3): 315-320
2   Ann Rheum Dis 2022; 81(3): 321-326
3   Ann Rheum Dis 2022; 81(3): 309-314