In einem präklinischen Modell wiesen deutsche Rheumatologen um Jörg H.W. Distler, Düsseldorf, eine gute Wirksamkeit eines gegen das Interleukin-1-Rezeptor Accesory Protein (IL1RAP) gerichteten Antikörpers nach. Bei IL1RAP handelt es sich um einen essenziellen Korezeptor, der der für das Signalling durch IL-1-, IL-33- und IL-36-Rezeptoren benötigt wird. In der Studie wurde jetzt das antifibrotische Potenzial der kombinierten Inhibition dieser drei Zytokine durch den Anti-IL1RAP-Antikörper CAN10 bei SSc untersucht. Die Expression von IL1RAP-assoziierten Signalmolekülen wurde mittels RNA-Sequenzierungsdaten sowie bildgebende Massenzytometrie erfasst und die Effektivität der therapeutischen Dosierung des Anti-IL1RAP-Antikörpers parallel in drei komplementären Mausmodellen evaluiert.
SSc-Haut zeigte im Vergleich zu normaler Haut eine Hochregulierung von IL1RAP und IL1RAP-assoziierten Signalmolekülen auf mRNA- und Proteinebene. IL-1, IL-33 und IL-36 regulieren alle distinkte, mit verschiedenen pathophysiologischen Prozessen bei SSc verbundene Genbereiche. Die profibrotischen Effekte von IL-1, IL-33 und IL-36 auf humane Hautfibroblasten und Endothelzellen wurden in-vitro durch den Anti-IL1RAP-Antikörper komplett gehemmt. Überdies kam es zu einer reduzierten Haut- und Lungenfibrose in allen drei SSc-Mausmodellen. Die Genexpressionsanalyse deutet auf eine breite Wirkungsweise von CAN10 hin, das die Expression vieler bei SSc dysregulierter Gene normalisierte. Die Studie liefert erste Evidenz für einen therapeutischen Nutzen der Blockierung von IL1RAP (und damit IL-1, IL-33 und IL-36), eine Phase-I-Studie zu CAN10 ist bereits angelaufen. (1)
Brentuximab vedotin und Blinatumomab im Fokus
Das u. a. beim Hodgkin-Lymphom eingesetzte chimäre Anti-CD30-Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Brentuximab vedotin wurde von kanadischen Rheumatologen um Janet E. Pope, London (Kanada), in einer monozentrischen, einarmigen, open-label Phase-II-Proof-of-concept-Studie bei 11 Patienten (9 schlossen sie ab) mit diffus-kutaner SSc (dcSSc) (mRSS ≥15, >5 Jahre nach dem ersten Nicht-Raynaud-Symptom und/oder Verschlechterung trotz Immunsuppression) erprobt. Es wurde in einer Dosierung von i.v. 0.6 mg/kg alle 3 Wochen für 45 Wochen infundiert. Der primäre Endpunkt einer Reduktion des modifizierten Rodnan Skin-Scores (mRSS) um ≥8 Punkte nach 48 Wochen wurde erreicht (im Mittel -11,3 Punkte; 95% KI -6,9 bis -15,8; p=0,001; von 7/11 Patienten). Die Vitalkapazität (FVC%) stieg um 7,8 % an, auch im ACR Composite Response Index in Systemic Sclerosis (CRISS)-Score zeigte sich ein gutes Ansprechen (86 % ≥0,6). Die meisten unerwünschten Ereignisse verliefen mild, sodass die Autoren die Durchführung einer placebokontrollierten Studie für gerechtfertigt halten. (2)
Sehr vielversprechend sind auch die von Hendrik Schulze-Koops, München, und Kollegen präsentierten Daten einer Fallstudie mit einer 35-jährigen dcSSc-Patientin mit progredienter Fibrosierung (starke Bewegungseinschränkung, myokardiale Fibrose) trotz intensiver Vorbehandlung, die sich auch für eine CD19 CAR-T-Zelltherapie angeboten hätte. Stattdessen wurde die B-Zell-Depletion mit dem bispezifischen Anti-CD3/CD-19 T-Zell-Verstärker (BiTe)-Antikörper Blinatumomab (eingesetzt bei rezidivierender/therapierefraktärer B-lymphoblastischer Leukämie) erprobt (2x niedrig dosiert i.v. für 5 Tage alle 4 Wochen, danach noch 2x in höherer Dosierung). Die Therapie war bei guter Verträglichkeit (kein Zytokinsturm) überaus effektiv und führte zur Rückbildung der Fibrose, sogar die Raynaud-Symptomatik verschwand. Jetzt soll Blinatumomab als potenziell verträglichere Alternative zur CAR-T-Zelltherapie weiter (auch jenseits der SSc) evaluiert werden. (3)
Quellen:
1 Ann Rheum Dis 2024; doi: 10.1136/ard-2023-225158
2 Rheumatology 2024; doi: 10.1093/rheumatology/keae235
3 Eur J Cancer 2024; 204: 114071
