CHRONISCHE UND OPPORTUNISTISCHE INFEKTIONEN

EULAR-Empfehlungen 2022 zu Screening und Prophylaxe bei AIRD

Eine internationale Task Force um Kimme L. Hyrich, Manchester (Großbritannien), entwickelte und publizierte EULAR-Empfehlungen 2022 für das Screening und die Prophylaxe von chronischen und opportunistischen Infektionen bei erwachsenen Patienten mit autoimmunen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (AIRD).

Die sich aus 22 multidisziplinären Experten (neben Rheumatologen auch Infektiologen, Pneumologen, Epidemiologen und Patientenvertreter) aus 15 Ländern zusammensetzende Task Force entwickelte die Empfehlungen gemäß den gängigen EULAR SOPs, gestützt durch die Ergebnisse eines systematischen Literaturreviews. Das Ergebnis waren vier Overarching Principles (OAPs) und acht Empfehlungen, zusätzlich wurde eine Research Agenda formuliert, die viele noch offene Punkte adressiert.

In den OAPs wird festgehalten, dass das Risiko für chronische und opportunistische Infektionen zu beachten ist und mit allen AIRD-Patienten vor einer Therapie mit csDMARDs, tsDMARDs, bDMARDs, Immunsuppressiva (IS) und/oder Glukokortikoiden (GK) diskutiert und regelmäßig erneut überprüft werden sollte. Das Zusammenwirken von Rheumatologen mit anderen Fachdisziplinen, vor allem Infektiologen, Gastroenterologen, Hepatologen und Pneumologen ist dabei wichtig. Individuelle Risikofaktoren sollten bei der Entscheidung zu Screening und Prophylaxe chronischer und opportunistischer Infektionen beachtet und regelmäßig erfasst werden. Nationale Leitlinien und Empfehlungen, etwa in Bezug zu endemischen Infektionserkrankungen, sollten ebenso Beachtung finden.

Die Empfehlungen im Überblick

Ein Screening auf latente Tuberkulose (Tb) wird empfohlen vor Beginn einer Therapie mit bDMARDs oder tsDMARDs, bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine latente Tb ist es vor dem Start einer Therapie mit csDMARDs, IS und/oder GK (je nach Dosis und Dauer) zu erwägen. Das Screening sollte nationalen/internationalen Leitlinien folgen und umfasst typischerweise ein Röntgen-Thorax und präferentiell einen Interferon-Gamma-Release-Test (IGRA), ansonsten einen Tuberkulin-Hauttest. Die Wahl und das Timing einer Therapie bei latenter Tb sollte von nationalen/internationalen Leitlinien geleitet sein, wobei eine besondere Aufmerksamkeit auf Interaktionen mit bei AIRD häufig eingesetzten Medikamenten gelegt werden sollte.

Alle Patienten mit geplanter Therapie mit csDMARDs, bDMARDs, tsDMARDs, IS und GK (entsprechend der Dosis und Dauer) sollten auf Hepatitis B (HBV) gescreent werden. Eine antivirale HBV-Therapie sollte dabei vom HBV-Status vor Beginn der antirheumatischen Therapie geleitet sein. Ein Screening auf chronische Hepatitis C sollte vor dem Beginn einer Therapie mit csDMARDs, bDMARDs, tsDMARDs, IS und GK (entsprechend der Dosis und Dauer) erwogen werden, bei solchen mit erhöhter Alanin-Aminotransferase (ALAT) oder bekannten Risikofaktoren wird es empfohlen. Alle Patienten, die positiv für HCV-RNA sind, sollten einer antiviralen Therapie zugeführt werden. Ein Screening auf HIV wird empfohlen vor Beginn einer bDMARD-Therapie und sollte vor dem Start von csDMARDs, tsDMARDs, IS und GK (entsprechend der Dosis und Dauer) erwogen werden. In Bezug auf das Varicella-Zoster-Virus (VZV) sollten alle nicht-geimpften (=nicht-immunen) Patienten oder solche mit unbekanntem VZV-Immunstatus mit Beginn von csDMARDs, bDMARDs, tsDMARDs, IS und/oder GK (entsprechend der Dosis und Dauer) über die Postexpositions-Prophylaxe nach dem Kontakt mit VZV-Risikopersonen informiert werden – zur Empfehlung eines Screenings auf den VZV-Immunstatus konnte man sich nicht durchringen (auch wenn eine ausführliche Anamnese befürwortet wird). Eine Prophylaxe gegen Pneumocystis jirovecii-Pneumonie (PjP) sollte bei AIRD-Patienten mit hochdosierter GK-Therapie (>15–30 mg/Tag Prednisolon oder Äquivalent für >2–4 Wochen) erwogen werden, vor allem in Kombination mit IS und in Abhängigkeit vom Risiko-Nutzen-Verhältnis. Was fehlt, ist die Empfehlung, eine PjP-Prophylaxe (in der Regel mit Cotrimoxazol) prinzipiell unter Rituximab zu erwägen, wofür aktuelle Studien eigentlich sprechen würden.

Quelle: Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/ard-2022-223335