SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Erste S3-Leitlinie zum Management einschließlich Lupus Nephritis, Antiphospholipid-Syndrom und Schwangerschaft

Abb.: Management des renalen und extrarenalen systemischen Lupus erythematodes

Abb.: Management des renalen und extrarenalen systemischen Lupus erythematodes

Nach der vorläufigen Erstpräsentation auf dem DGRh-Kongress 2024 in Düsseldorf erfolgte nun kürzlich die Veröffentlichung der federführend von der DGRh (unter Leitung von Dr. Johanna Mucke und Prof. Dr. Matthias Schneider, Düsseldorf) sowie weiteren Fachgesellschaften erarbeiteten ersten S3-Leitlinie zum Management (einschließlich Diagnostik) des systemischen Lupus erythematodes (SLE) inklusive sekundärem Antiphospholipid-Syndrom (APS) sowie Kinderwunsch und Schwangerschaft. Methodisch wurde das Adolopment (Adoption und Adaption)-Verfahren bestehender Leitlinien (primär der EULAR) genutzt. Das Ergebnis sind 53 Empfehlungen: 14 zum SLE, 15 zur Lupus Nephritis (LN), 9 zum APS und 15 zu Kinderwunsch und Schwangerschaft, in der Mehrzahl Adoptionen oder Adaptionen, neun wurden neu ausgesprochen.

Den Empfehlungen der deutschen S3-Leitlinie vorangestellt finden sich insgesamt fünf „Übergeordnete Prinzipien“, die die multidisziplinäre Versorgung, die Einbeziehung der Patienten in die Therapieentscheidung und die Bedeutung der Erfassung und Kontrolle der Krankheitsaktivität betonen. Zielsetzung ist ganz klar eine dauerhafte Remission, die für Prognose und Lebensqualität der Betroffenen entscheidend ist.

Allgemeine Empfehlungen

Zunächst zu den wichtigsten Empfehlungen zum extra-renalen SLE: Glukokortikoide (GK) sollen nach Art und Schwere der Organmanifestationen dosiert und (analog zu den EULAR-Empfehlungen) so bald wie möglich auf eine Erhaltungsdosis von ≤5 mg/Tag Prednisolon-Äquivalent reduziert und besser ganz abgesetzt werden. Bei Patientinnen mit mittelschwerer bis schwerer Erkrankung können initial i.v. (Methyl-)prednisolon-Stöße von 125-1.000 mg über 1-3 Tage erwogen werden. Hydroxychloroquin (HCQ) soll bei allen Patientinnen ab der Diagnosestellung eingesetzt und eine Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht (KG) angestrebt werden. Sind klinische Manifestationen unter HCQ und max. 5 mg GK nicht ausreichend kontrolliert, sollte eine immunsuppressive bzw. -modulierende Therapie mit Azathioprin, Methotrexat (MTX), Mycophenolat (meist MMF), oder direkt mit den Biologika Anifrolumab oder Belimumab (beide mit besonders guter Evidenz) eingeleitet werden. Bei Patientinnen mit akuten extra-renalen organ- oder lebensbedrohenden Manifestationen sollte i.v. Cyclophosphamid (CYC) oder in refraktären Fällen eine B-Zell-depletierende Therapie (in Erweiterung zu Rituximab, neueren Daten folgend) erfolgen. Patientinnen mit anhaltender SLE-Remission sollten schrittweise die immunsuppressive Therapie ausschleichen, beginnend mit GK.

Lupus Nephritis

Im Hinblick auf die LN zählen zu den wichtigsten Empfehlungen: Bei Erstmanifestation einer LN soll ein komplettes renales Ansprechen (Proteinurie <0,5-0,7 g/Tag oder UPCR <0,5-0,7 g/g bei erhaltener Nierenfunktion) angestrebt werden. HCQ soll bei allen LN-Patientinnen in einer Zieldosis von 5 mg/kg KG eingesetzt werden. Bei einer glomerulären Filtrationsrate <30 ml/min sollte die Dosis um 50 % reduziert werden. Bei aktiver proliferativer LN soll initial mit i.v. CYC (nach dem EuroLupus-Schema) oder mit MMF jeweils in Kombination mit GK behandelt werden. Zur Reduktion der kumulativen GK-Dosis sollten GK als i.v. Pulstherapie (Dosis 250-500 mg an 1-3 aufeinanderfolgenden Tagen) mit anschließender reduzierter oraler Dosis (0,3-0,5 mg/kg/Tag) verabreicht werden. Die GK-Dosis soll im Verlauf sukzessive reduziert werden, nach 3 Monaten sollte eine Dosis <10 mg/Tag und nach 6 Monaten von ≤5 mg/Tag erreicht sein.

Eine initiale Kombinationstherapie (CYC/Belimumab, MMF/Belimumab, MMF/Calcineurin-Inhibitor) sollte erwogen werden. Nach Erreichen eines renalen Ansprechens soll die LN-Therapie mindestens drei Jahre fortgesetzt werden. Die Therapie mit MMF allein oder kombiniert mit Belimumab oder Calcineurin-Inhibitoren soll fortgesetzt werden. CYC soll durch Azathioprin oder MMF ersetzt werden. Die Dosierung soll unter Berücksichtigung der Toxizität erfolgen. Bei LN mit unzureichendem Ansprechen oder refraktärer Erkrankung kann neben einer Umstellung oder Erweiterung der Therapie auch eine B-Zell depletierende Therapie erwogen werden.

Antiphospholipid-Syndrom

Nun zu den wichtigsten Punkten beim sekundären APS: Bei SLE-Patientinnen ohne stattgehabte Thrombose oder aPL-assoziierte Schwangerschaftskomplikationen und mit Hochrisiko-aPL-Profil soll eine prophylaktische Therapie mit Low-dose-ASS (LDA) erfolgen, Im Falle eines Niedrigrisiko-aPL-Profils kann eine prophylaktische Therapie mit LDA erwogen werden.

Bei APS-Patientinnen mit erstmaliger Venenthrombose soll eine Therapie mit Vitamin K-Antagonisten (VKA) mit Ziel-INR 2-3 erfolgen. Direkte orale Antikoagulantien (DOAKs) sollten bei Patientinnen mit thrombembolischem APS, insbesondere Hochrisiko-APS, nicht angewendet werden, da hierunter im Vergleich zu VKA das Risiko für arterielle Ereignisse und Blutungsrisiken erhöht sind. DOAKs sollen zudem nicht als Therapie des manifesten arteriellen APS angewendet werden. Bei SLE-Patientinnen mit erstmaligem aPL-assoziierten arteriellen Ereignis sollten VKA der alleinigen Therapie mit LDA vorgezogen werden. Abhängig vom individuellen Blutungs- und Thrombose-Risiko sollte eine Ziel-INR von 2-3 oder 3-4 angestrebt werden. Eine Kombinations-Therapie mit VKA mit Ziel INR 2-3 und LDA kann ebenfalls erwogen werden.

Kinderwunsch und Schwangerschaft

Im vierten Abschnitt der Leitlinie wird das Thema Kinderwunsch und Schwangerschaft behandelt, hier sind vor allem folgende Empfehlungen zu beachten: Eine Schwangerschaft bei SLE sollte in inaktiven Phasen geplant und von spezialisierten Einrichtungen interdisziplinär begleitet werden.

HCQ soll in der Schwangerschaft fortgesetzt oder vor Konzeption neu eingeleitet werden. HCQ (mit der höchsten Empfehlung), orale und i.v. GK, Azathioprin, Ciclosporin A und Tacrolimus können zur Prophylaxe und Therapie von SLE-Schüben in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Der Einsatz von Belimumab und Rituximab vor einer geplanten Empfängnis und/oder in der Schwangerschaft kann in sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abschätzung für Mutter und Kind erwogen werden. Mittelschwere und schwere SLE-Schübe in der Schwangerschaft können mit weiteren Strategien behandelt werden, z. B. mit einer i.v. GK-Bolustherapie, intravenösen Immunglobulinen (IVIG) oder Plasmapherese. MMF, CYC und MTX sollten in der Gravidität vermieden werden. Alle SLE-Patientinnen sollten in der Schwangerschaft LDA erhalten. Eine Kombinationstherapie mit LDA und niedermolekularem Heparin sollte bei schwangeren Patientinnen mit APS oder Hochrisiko-aPL-Profil erfolgen.

Quelle:

register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-008