GICHTARTHRITIS

Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko direkt nach Gichtanfall

Dass bei Gichtarthritis ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko besteht, ist hinlänglich bekannt. Neu, aber durchaus schlüssig ist die Erkenntnis, dass speziell nach einem Gichtanfall das Risiko für kardiovaskuläre (CV-)Ereignisse temporär erhöht ist. Zu diesem Ergebnis gelangten britische Experten um Edoardo Cipolletta, Nottingham, in einer retrospektiven Beobachtungsstudie auf Basis von Daten des Clinical Practice Research Datalink in England von Anfang 1997 bis Ender 2020.

Die Fall-Kontroll-Studie umfasste 62.574 Gichtpatienten sowie eine selbstkontrollierte Fallserie adjustiert auf Jahreszeit und Alter mit 1.421 Patienten, die einen Gichtanfall und ein CV-Ereignis, d. h. einen akuten Myokardinfarkt oder Schlaganfall, erlitten hatten. Von den Patienten mit neu diagnostizierter Gicht (im Mittel 76,5 Jahre, 69,3 % Männer) wurden 10.475 mit CV-Ereignissen mit 52.099 Patienten ohne ein solches gematcht. Gichtpatienten mit CV-Ereignis hatten im Vergleich zu jenen ohne ein solches signifikant häufiger in den 60 Tagen (2,0 vs. 1,4 %; adjustierte Odds ratio, aOR 1,93) und in den 61-120 Tagen zuvor (1,6 vs. 1,2 %; aOR 1,57) einen Gichtanfall. In den 121-180 Tagen vor dem CV-Ereignis gab es keine Assoziation mit einem Gichtschub. In der selbstkontrollierten Fallserie betrug die CV-Ereignisrate pro 1.000 Personentage (PT) in den 60 Tagen nach einem Gichtanfall 2,49 (95% KI 2,16-2,82). In den Tagen 61-120 lag sie bei 2,16 (95% KI 1,85-2,47) und in den Tagen 121-180 bei 1,70 [95% KI 1,42-1,98) gegenüber einer CV-Ereignisrate von 1,32 in den 150 Tagen vor oder den 181-540 Tagen nach dem Gichtanfall. Im Vergleich zu 150 Tagen vor oder 181-540 Tagen nach dem Anfall lag der Unterschied der Inzidenzraten (IR) für CV-Ereignisse bei 1,17 (95% KI 0,83-1,52) pro 1.000 PT und die adjustierte IRR betrug 1,89 (95% KI 1,54-2,30) in den ersten 60 Tagen. In den Tagen 61-120 nach einem Gichtanfall betrug der Unterschied der IR 0,84 (95% KI 0,52-1,17) und die IRR 1,64 (95% KI 1,45-1,86). In den Tagen 121-180 nach einem Gichtanfall lagen die Werte bei 0,38 (95% KI 0,09-0,67) pro 1.000 PT und 1,29 (95% KI 1,02-1,64).

Fazit ist somit, dass die Gichtpatienten mit kardiovaskulärem Ereignis im Vergleich zu jenen ohne ein solches signifikant häufiger in einem Zeitraum von bis zu 120 Tagen zuvor einen Gichtanfall hatten. Ein solcher ist mit einem transienten Anstieg von Entzündungsmarkern, vor allem solchen, die mit Neutrophilen assoziiert sind, verbunden, und kann die Gefahr von Plaqueinstabilität oder –rupturen bei vorbestehender Atherosklerose erhöhen.

Quelle: JAMA 2022; 328(5): 440-450