BILDGEBENDE DIAGNOSTIK

Baker-Zyste täuscht Phlebothrombose vor

GELENKSONOGRAFIE: Darstellung eines Kniegelenkergusses im Recessus suprapatellaris (ventral) und einer ca. 15 cm langen, im Kniekehlenbereich überwiegend organisierten, ansonsten distal davon gelegenen rupturierten/abgesackten echoarmen/echofreien Baker-Zyste. Abb. 1: Suprapatellarer Längsschnitt: Kniegelenkserguss mit flüssigkeitsgefülltem Recessus suprapatellaris.

GELENKSONOGRAFIE: Darstellung eines Kniegelenkergusses im Recessus suprapatellaris (ventral) und einer ca. 15 cm langen, im Kniekehlenbereich überwiegend organisierten, ansonsten distal davon gelegenen rupturierten/abgesackten echoarmen/echofreien Baker-Zyste. Abb. 1: Suprapatellarer Längsschnitt: Kniegelenkserguss mit flüssigkeitsgefülltem Recessus suprapatellaris.

Abb. 2: Längsschnitt Kniekehle medialseitig: Echoarme , ca. 5 cm lange z. T. organisierte Baker-Zyste.

Abb. 2: Längsschnitt Kniekehle medialseitig: Echoarme , ca. 5 cm lange z. T. organisierte Baker-Zyste.

Abb. 3: Längsschnitt proximaler Unterschenkel li.: Voluminöse echofreie abgesackte/rupturierte Baker-Zyste

Abb. 3: Längsschnitt proximaler Unterschenkel li.: Voluminöse echofreie abgesackte/rupturierte Baker-Zyste

Abb. 4: Längsschnitt mittleres Drittel Unterschenkel li.

Abb. 4: Längsschnitt mittleres Drittel Unterschenkel li.

ANAMNESE: Eine 65-jährige Patientin, bei der nach einem Kreuzbandriss und operativer Therapie 1989 in 2020 eine sekundäre Kniegelenksarthrose diagnostiziert wurde, stellte sich Mai 2022 wegen einer akuten, schmerzhaften Wadenschwellung notfallmäßig vor. Der Schmerz trat beim Radfahren als plötzlich einschießender Schmerz im linken Bein auf. Vom Hausarzt wurde der V. a. akute Phlebothrombose gestellt. 

KLINISCHER BEFUND: 163 cm, 58 kg. Gelenkstatus: Tastbarer Kniegelenkserguss links. Keine Einschränkung der Streckung, geringe Einschränkung der Beugung (10°). Schwellung und Druckschmerz in den proximalen und mittleren Abschnitten des Unterschenkels. Keine Überwärmung. Umfang Unterschenkelmitte rechts 37, links 40 cm.

LABOR: CRP >5 mg/l (Norm bis 5 mg/l), BKS 10/h, Leukozyten 6500/µl, RF- und ccP-Antikörper negativ, HLA-B27 und Borrelien-Serologie negativ. D-Dimere negativ.

DIAGNOSE: Rupturierte/abgesackte Synovialzyste (Baker-Zyste)

BEMERKUNGEN: Bei einer Synovialzyste im Bereich der Kniekehle spricht man von einer Baker-Zyste. Sie tritt meist im Rahmen einer entzündlichen (Gonarthritis) oder degenerativen, auch posttraumatischen (Grund- und/oder Retropatellararthrose) Erkrankung des Kniegelenks auf. Die Baker-Zyste ist eine Ausstülpung der dorsalen Gelenkkapsel am Kniegelenk zwischen dem Musculus gastrocnemius (medialer Kopf) und dem Musculus semimembranosus. Durch chronische Entzündungsvorgänge oder reaktiv kommt es zu einer vermehrten Produktion von Gelenkflüssigkeit, wodurch ein Überdruck im Kniegelenk entsteht. Die Gelenkkapsel gibt dann am Ort des geringsten Widerstands (Locus minoris resistentiae) an o. g. Stelle nach und bildet eine Zyste aus. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist ein (Meniskus-)Ganglion, das häufiger im lateralen Gelenkkompartiment auftritt. Die betroffenen Patienten klagen über ein Druckgefühl in der Kniekehle, welches vor allem bei Flexion des Kniegelenks auftritt. Bei Ruptur/Absacken der Baker-Zyste kann ein akutes Schmerzereignis vom Patienten wahrgenommen werden.

Die Zyste lässt sich in der Regel durch die Gelenkssonografie sicher diagnostizieren. Dabei sollte nicht nur im Bereich der Kniekehle, sondern insbesondere bei Spannungsgefühl und Schwellung auch im proximalen und mittleren Unterschenkeldrittel untersucht werden. Ein MRT ist meistens nicht erforderlich. Bereits durch eine Venenkompressionssonografie im Bereich der Kniekehle kann eine Phlebothrombose weitgehend ausgeschlossen werden. Die Therapie erfolgt meist konservativ mit Kompressionsbandagen und Verordnung von NSAR. Punktionen der Synovialzyste bringen nur eine kurzzeitige Beschwerdebesserung und sollten daher nur bei sehr ausgeprägten Baker-Zysten mit Kompression von Venen oder Nerven versucht werden. Effektiver ist die Punktion des ursächlichen Kniegelenkergusses im Recessus suprapatellaris, ggf. mit i.a.-Steroidgabe. Eine operative Therapie ist nur in seltenen Fällen indiziert. In der Regel bildet sich die Baker-Zyste durch ursächliche Behandlung des Kniegelenkergusses von selbst zurück.

THERAPIE: Der Patientin wurde ein NSAR zur Behandlung ihres Kniegelenkergusses verordnet. Zusätzlich wurde ihr ein Hochlagern des Beins empfohlen. Von einer Punktion der Baker-Zyste wurde abgesehen, eine diagnostische/therapeutische Kniegelenkspunktion und Steroidinfiltration wurde von der Patientin zum Zeitpunkt der Akutsymptomatik abgelehnt. 

Prof. Dr. med. Herbert Kellner
Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie,
Gastroenterologie und Physikalische Medizin
Romanstr. 9, 80639 München