KLEIN- UND GROSSGEFÄSSVASKULITID

ACR/Vasculitis Foundation-Leitlinien im Überblick

Quasi auf einen Rutsch wurden im Juli die ACR/Vasculitis Foundation 2021-Leitlinien für ANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV), Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis (RZA/TA) sowie Panarteriitis nodosa von Sharon A. Chung, Los Angeles (USA) publiziert. Obwohl diese im Vergleich zu den EULAR-Leitlinien durch ihren Aufbau und viele konditionale Empfehlungen sperrig zu lesen sind, sei hier ein kurzer Überblick gegeben.

ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Zunächst zur Leitlinie zum Therapiemanagement von AAV einschließlich Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), Mikroskopischer Polyangiitis (MPA) und Eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA), die gemäß GRACE-Methodologie und Beantwortung von PICO-Fragen auf Basis eines systematischen Literaturreviews und Expertenkonsens von einem Panel, bestehend aus 9 Erwachsenen- bzw. 5 pädiatrischen Rheumatologen und 2 Patienten, verabschiedet wurde. Das Ergebnis sind 26 überwiegend konditionale Empfehlungen und (aufgrund mangelnder Evidenz) 5 Positionsstatements für GPA/MPA und 15 Empfehlungen sowie 5 Statements für EGPA.

Die Leitlinie umfasst unter anderem Empfehlungen zum Einsatz von Rituximab in der Remissionsinduktion (wo es konditional Cyclophosphamid [CYC] vorgezogen wird) und Remissionserhaltung (hier konditional Vorzug vor Methotrexat [MTX] und Azathioprin [AZA]) bei schwerer GPA und MPA. Von einem Plasmaaustausch während der Induktionstherapie wird bei GPA/MPA mit alveolärer Hämorrhagie oder Glomerulonephritis abgeraten. Bei aktiver, nicht-schwerwiegender GPA/MPA wird MTX (plus Glukokortikoid [GK]) der Vorrang vor Rituximab oder CYC oder anderen DMARDs (z. B. AZA, Mycophenolat Mofetil [MMF]) eingeräumt. Es wird bei Rituximab ein Dosieren anhand der ANCA-Titer und B-Zell-Zahlen empfohlen. GPA-Patienten auf Rituximab oder CYC sollten eine Prophylaxe gegen Pneumocystis jirovecii-Pneumonie erhalten. Wenig Evidenz gibt es zur EGPA, in schweren Fällen sollen neben hochdosierten/i.v.-Puls-GK vorrangig CYC oder Rituximab gegenüber Mepolizumab zum Zug kommen, letzteres wird bei nicht-schwerwiegender EGPA favorisiert. (1)

Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis

Zeitgleich publiziert wurden auf Evidenz und Expertenmeinung basierende Empfehlungen für das Management von RZA und TA. Das Vorgehen war identisch zur AAV-Leitlinie, auch hier war eine Übereinstimmung von ≥70 % für Empfehlungen erforderlich und es waren wiederum 9 Erwachsenen- bzw. 5 pädiatrische Rheumatologen und 2 Patientenvertreter beteiligt. Im Gegensatz zur AAV-Leitlinie wurden neben dem Therapiemanagement (inklusive operativen Interventionen), auch das diagnostische Vorgehen und bildgebende Verfahren adressiert. Am Ende standen 22 Empfehlungen und 2 Positionsstatements für die RZA, sowie 20 bzw. 1 für die TA. Um nur einige relevante Punkte aufzulisten, wird (trotz allgemeiner Bevorzugung der Temporalarterienbiopsie) zum Einsatz von Imaging zur Identifizierung einer Beteiligung der großen Gefäße geraten. Bei RZA und TA werden initial hochdosierte orale GK vor i.v.-Puls-GK empfohlen (außer bei Gefahr für Visusverlust), zusätzlich sollen GK-sparende Immunsuppressiva eingesetzt werden. Bei der RZA soll hierzu vorrangig Tocilizumab eingesetzt werden, bei TA initial eher andere Immunsuppressiva als Tocilizumab, zudem werden bei therapierefraktärer TA TNFα-Inhibitoren gegenüber Tocilizumab favorisiert. Mehr noch als bei der RZA basieren die meisten Empfehlungen auf einer eher dünnen Grundlage, lediglich 2 starke Empfehlungen wurden ausgesprochen. (2)

Panarteriitis nodosa

Zu guter Letzt sei auf die Leitlinie zur systemischen, nicht Hepatitis B-assoziierten PAN eingegangen, wo die Datenlage noch überschaubarer ist. Heraus kamen 16 Empfehlungen und 1 Positionsstatement. Diagnostisch wird bei V. a. PAN zusätzlich ein abdominales vaskuläres Imaging empfohlen, bei Hautbeteiligung oder peripherer Neuropathie wird zu entsprechenden Biopsien geraten. Zur Remissionsinduktion werden bei schwerer PAN vorrangig i.v.-Puls-GK plus CYC empfohlen, in leichteren Fällen MTX oder AZA plus GK. Fällt bei schwerer PAN CYC als bevorzugte Therapieoption aus, sind MTX oder AZA (eher als Rituximab) Alternativen. Letztere werden auch primär zum Einsatz in der Remissionserhaltung empfohlen, CYC sollte maximal 3-6 Monate gegeben werden. Bei Nerven- oder Muskelbeteiligung wird zu einer physikalischen Therapie geraten, bei einem DADA2-Syndrom sollen primär TNFα-Inhibitoren statt anderer Immunsuppressiva wie CYC eingesetzt werden. (3)                           

Quellen:
1 Arthritis Rheumatol 2021; 73(8): 1366-1383
2 Arthritis Rheumatol 2021; 73(8): 1349-1365
3 Arthritis Rheumatol 2021; 73(8): 1384-1393