SERIE: ABGABE/VERKAUF EINER RHEUMATOLOGISCHEN PRAXIS

Wie regeln Sie Ihre Unternehmensnachfolge? Teil 4: Die erfolgreiche Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens

In den nächsten Jahren werden zahlreiche Rheumatologen aus Altersgründen ihre ärztliche Tätigkeit beenden. Dabei stellen sich verschiedene Fragen: Wie findet man einen geeigneten Nachfolger? Wie bereitet man die Übernahme am besten vor? Welcher Kaufpreis kann verlangt werden? Auf was muss bei der Vertragsgestaltung geachtet werden? Welche Fallstricke gibt es im Nachbesetzungsverfahren? Diesen Fragen wird in verschiedenen Beiträgen in der Rheuma Management nachgegangen. In dieser abschließenden Ausgabe (Teil 4) geht es um die erfolgreiche Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens. 

1. Schritt: Einleitung des Nachbesetzungsverfahrens

Hat sich der Praxisabgeber mit einem potentiellen Käufer auf einen Kaufvertrag und Übergabestichtag geeignet, so muss er beim Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens schriftlich beantragen. Die entsprechenden Antragsformulare finden sich auf der Homepage der jeweiligen KV.

Dabei muss der Praxisabgeber grundsätzlich angeben, dass er auf seinen Sitz zum Zwecke der Nachbesetzung verzichtet. Aufgrund der Tatsache, dass es der Praxisabgeber nicht alleine in der Hand hat, ob sein Vertragsarztsitz auch wirklich auf seinen Wunschnachfolger übergehen wird, bedient man sich folgendem, von den Zulassungsausschüssen anerkannten Trick: Der Praxisabgeber soll den Verzicht wegen der grundsätzlichen Unwiderruflichkeit nur unter der Bedingung der bestandskräftigen Zulassung eines Nachfolgers erklären. Zahlreiche KVen sehen in ihren Formularen bereits diesen bedingten Verzicht vor.  

2. Schritt: Prüfung auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens

Nach Erhalt des Antrages prüft der Zulassungsausschuss zunächst, ob eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen überhaupt erforderlich ist. Der Zulassungsschuss soll dabei – unter sonst gleichen Bedingungen – den Antrag ablehnen, wenn der Versorgungsgrad für die entsprechende Fachgruppe im betroffenen Planungsbereich 140 % oder höher ist. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag aus Versorgungsgründen abgelehnt, hat die KV dem Praxisabgeber eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. 

Darüber hinaus prüft der Zulassungsausschuss auch die Fallzahlen der gesetzlich versicherten Patienten. Soweit diese aber mindestes die Hälfte des Fachgruppendurchschnitts betragen, geht man grundsätzlich von einem „übergabefähigen Praxissubstrat“ aus.

3. Schritt: Ausschreibung 

Gibt der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens statt, schreibt die KV den Vertragsarztsitz öffentlich aus. In Bayern geschieht dies beispielsweise immer am ersten Freitag des Monats im Bayerischen Staatsanzeiger. Auf diese Ausschreibung kann sich jeder interessierte Arzt innerhalb von 4 Wochen formlos bei der KV bewerben. Auch der Praxisabgeber erhält von der KV die Chiffrenummer übersandt, unter der die Bewerbung ausgeschrieben ist. Wichtig ist nun, dass der Praxisabgeber seinem Wunschnachfolger umgehend die Chiffrenummer mitteilt, damit dieser sich ebenfalls fristgerecht bewerben kann. 

4. Schritt: Kontaktaufnahme zu Mitbewerber

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist erhält der Praxisabgeber von der KV eine Liste mit allen eingegangenen Bewerbungen. Befindet sich darauf nicht nur der Wunschnachfolger, sondern haben sich auch andere Ärzte oder MVZs auf den Sitz beworben, muss der Praxisabgeber reagieren. Denn je mehr Bewerber zum Zeitpunkt der Zulassungsausschusssitzung vorhanden sind, desto größer ist die Gefahr, dass der Wunschnachfolger nicht ausgewählt wird. Aus diesem Grund sollte der Praxisabgeber mit allen weiteren Bewerbern Kontakt aufnehmen und sie überzeugen, ihre Bewerbung zurückzunehmen. Dabei sollte den weiteren Bewerbern dargelegt werden, dass man sich mit dem Wunschnachfolger bereits auf einen Kaufvertrag geeinigt hat. Soweit das zutrifft, sollte zusätzlich darauf hingewiesen werden, dass der Wunschnachfolger die Praxis und deren Patienten bereits kennt, weil er als angestellter Arzt, Sicherstellungsassistent oder Vertreter dort tätig war. Dies signalisiert dem weiteren Bewerber, dass der Wunschnachfolger über einen entscheidenden Vorteil verfügt. 

5. Schritt: Antragstellung durch den Wunschnachfolger

Parallel dazu muss der Wunschnachfolger rechtzeitig vor der Sitzung des Zulassungsausschusses einen förmlichen Antrag auf Nachbesetzung stellen. Zudem muss er gegenüber der KV seine Eintragung in das Arztregister nachweisen. Dies sollte so früh wie möglich geschehen. Viele KVen fordern die Vorlage der Unterlagen bis zu 6 Wochen vor der entscheidenden Sitzung des Zulassungsausschusses. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass der Praxisabgeber schon bei den Vertragsverhandlungen den Wunschnachfolger auf die Notwendigkeit der Eintragung in das Arztregister hinweisen sollte. 

6. Schritt: Auswahlverfahren des Zulassungsausschuss

Bei mehreren Nachfolgekandidaten hat der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen den Praxisnachfolger auszuwählen. Dabei müssen u. a. die folgenden, in § 103 Abs. 4 SGB V genannten Gesichtspunkte berücksichtigt werden:

  • berufliche Eignung
  • Approbationsalter
  • Dauer der ärztlichen Tätigkeit 
  • eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche 
  • Tätigkeit in einem unterversorgten Gebiet.

Zudem haben solche Bewerber einen Vorteil bei der Auswahl, die:

  • Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des Praxisabgebers,
  • ein angestellter Arzt des Praxisabgebers oder
  • ein Gesellschafter aus der Praxis des Abgebers sind.

Die wirtschaftlichen Interessen des Praxisabgebers sind vom Zulassungsausschuss nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt. Darüber hinaus kann im Auswahlverfahren ggf. folgender Aspekt ausschlaggebend sein: Das Nachbesetzungsverfahren unterliegt prinzipiell dem Leitgedanken der „Fortführung" der bisherigen Praxis. Der Praxisübernehmer muss also gewillt und in der Lage sein, die Praxis weitestgehend in ihrer bisherigen Form (z. B. Patientenklientel, Leistungsspektrum, ggf. Praxispersonal) weiter zu betreiben, was grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen Abgeber und Übernehmer sowie den Willen des Übernehmers zur Aufnahme der Tätigkeit am bisherigen Praxisort impliziert. 

Was tun bei Nichtberücksichtigung des Wunschnachfolgers? 

Ist absehbar, dass der Zulassungsausschuss einen anderen als den Wunschnachfolger für die Nachbesetzung auswählen wird, besteht für den Praxisabgeber die Möglichkeit, seinen Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens zurückzunehmen. Dabei hat ein abgabewilliger Arzt grundsätzlich bis zur endgültigen Auswahl eines Bewerbers die Möglichkeit, das Verfahren durch Rücknahme des Nachbesetzungsantrags zu beenden. 

Die Möglichkeit der Antragsrücknahme stellt jedoch keinen Freifahrtsschein dar. Das Bundessozialgericht weist in seiner Entscheidung vom 12.02.2020 - B 6 KA 19/18 R konkret darauf hin, dass der Praxisabgeber Gefahr laufe, dass die Übergabe letztlich scheitert, wenn er den Antrag nach der Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses zurücknimmt oder die Praxis dem ausgewählten Arzt nicht verkauft, da das Ausschreibungsrecht nach Rücknahme des Antrags grundsätzlich verbraucht sei. Eine erneute Ausschreibung sei somit nur dann möglich, wenn für die Rücknahme des Antrags billigenswerte Gründe angeführt werden können. Die Absicht, auf die Auswahl eines bestimmten Nachfolgers hinzuwirken, sei grundsätzlich kein solcher Grund.

Es ist damit dringend zu empfehlen, vor der Rücknahme des Antrages, um einen unliebsamen Bewerber auszubremsen, anwaltlichen Rat einzuholen. 

Umgehung des Nachbesetzungsverfahrens 

Für den Fall, dass der Praxisabgeber seinen Vertragsarztsitz nicht an eine Einzelperson übertragen möchte, sondern an eine bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder ein MVZ, gibt es eine anerkannte Möglichkeit, das Nachbesetzungsverfahren zu umgehen. Dabei lässt sich der Praxisabgeber unter Verzicht auf seine Zulassung in der BAG oder dem MVZ anstellen. Nach einer vorübergehenden Tätigkeit hat das MVZ dann die Möglichkeit, diese neue Arztstelle mit einem Arzt der Wahl nachzubesetzen. Das MVZ wiederum könnte sodann einen Antrag auf Umwandlung dieser Arztstelle in eine vertragsärztliche Zulassung beantragen. Das Bundessozialgericht hat dieses Vorgehen jedoch nur mit der Maßgabe gebilligt, dass der auf seine Zulassung verzichtende Vertragsarzt sich mindestens drei Jahre im MVZ oder in der BAG anstellen lässt. 

Abschlussbemerkung

Der Verkauf der eigenen Praxis stellt eine gewisse Herausforderung dar. Es bedarf einer langfristigen Planung und sowohl steuerlicher als auch rechtlicher Begleitung. In insgesamt vier Beiträgen haben wir versucht, Ihnen die einzelnen Abschnitte einer erfolgreichen Praxisübertragung darzulegen. Jedoch birgt jede Transaktion ihre Besonderheiten. Sollten Sie weitere Fragen haben, finden Sie weitere Informationen und Checklisten auf unserer Homepage www.kanzlei-medizinrecht-muenchen.de in der Rubrik „Ärzte Hilfe“. Und als Mitglied des BDRh stehen wir Ihnen für eine kostenlose Erstberatung gerne zur Verfügung.                           

 

Rechtsanwalt Christian Koller
Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei TACKE KOLLER
Rindermarkt 3 und 4, 80331 München
Tel.: 089/1894430, E-Mail: koller@tacke-koller.de
www.tacke-koller.de, 
www.kanzlei-medizinrecht-muenchen.de