EDITORIAL

Und wenn der große Friedrich kommt!

Univ.-Prof. Dr. Günter Neubauer

Univ.-Prof. Dr. Günter Neubauer

Und klopft nur auf die Hosen, dann läuft die ganze Bundeswehr, die Wirtschaft und Genossen! So ähnlich wurde im 18. Jahrhundert, bezogen auf Friedrich den Großen, den Kurfürsten vom Preußen, gereimt. Er hatte es gegen widrige Umstände geschafft, seine Kriegsziele in sieben Jahren durchzusetzen.

Nun kann Friedrich Merz aufgrund seiner Körpergröße sicherlich als groß gelten, ob er aber auch später einmal als ein großer Bundeskanzler in die Historie eingeht, ist offen. Zumindest die Schwierigkeiten, die sich heute auftun und in naher Zukunft zu bewältigen sind, bedürfen einer großen Anstrengung. Schließlich muss Merz in der geplanten Regierung die Interessen zweier Parteien zusammenbringen, die gerade im Bereich Gesundheit und Pflege divergieren.

Auch die eine Billion Euro, die er rein finanztechnisch zur Verfügung hat, ist nicht von vornherein die Lösung der sich auftürmenden Probleme. Es gilt diese historisch riesigen Summen sowohl effektiv als auch effizient einzusetzen, und nicht zum Verdecken der strukturellen Probleme zu missbrauchen. Doch lassen die geplanten hohen Ausgaben befürchten, dass wir eine weitere Inflationswelle erleben werden. Zudem auch die EU die gigantische Summe von 800 Milliarden Euro zusätzlich verausgaben will.

Eine neue Inflationswelle bedeutet jedoch für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen, dass ihre Kosten steigen werden, aber ihre Vergütungen durch Regulierung sich nicht an die Inflation anpassen können. Es werden also reale Einkommensverluste zu befürchten sein. Darüber hinaus ist die Finanzlage der GKV nicht nur angespannt, sondern überfordert. Zumal auch ein weiteres Anheben des Beitragssatzes zu steigenden Lohnnebenkosten führt und letztlich den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet. Aber nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitnehmer werden auf steigende Sozialabgaben mit einer Reduktion ihrer abgabepflichtigen Arbeitseinkommens reagieren. Schon heute zeigen Befragungen von Arbeitnehmern, dass 75 % aller Beschäftigten mit wenig Lust zur Arbeit erscheinen und sich dies auch im internationalen Vergleich, in einer hohen Arbeitsunfähigkeit niederschlägt.

Aktuell plant die Arbeitsgruppe „Gesundheit und Pflege“ als Lösung erhöhte Steuerzuschüsse. Dies ist aber lediglich eine fiskalische Reform, die nicht die Strukturen und damit das grundlegende Problem adressiert. Es fehlt die Einsicht, dass unsere Sozialversicherung, die von Bismarck ursprünglich als reine Arbeitnehmerabsicherung gedacht war, heute eine Versicherung gegen Lebensrisiken ist, die jedermann treffen können. Als mögliche Systemreformen gelten heute, einerseits die Bürgerversicherung und andererseits die Gesundheitsprämie, nach Vorbild der Schweiz.

Eine Lösung dieser Fragen ist jedoch von der kommenden Bundesregierung nicht zu erwarten, da jede Partei, das jeweils andere Modell bevorzugt. Gleichwohl wird man auch kurzfristig nicht umhinkönnen, den Leistungskatalog kritisch auf notwendige und optionale Leistungen, zu prüfen. Insbesondere, wenn Leistungen aufgrund von individuellem Fehlverhalten beansprucht werden, wird die solidarische Finanzierung reduziert werden müssen. Zu erwarten ist, dass die neue Bundesregierung über eine verstärkte Digitalisierung und Prävention versuchen will, die Ausgaben der GKV zu bremsen. Obwohl beide Ansätze zielführend sind, werden sie in dieser Legislaturperiode kaum ihre entlastende Wirkung entfalten.

Natürlich wird die Gesundheitspolitik dieser 21. Legislaturperiode auch vom noch zu benennenden Gesundheitsminister geprägt werden. Wobei hier die Frage im Augenblick offen ist, ob der jetzige Gesundheitsminister auch sein Nachfolger sein wird. Man darf gespannt sein.

Univ.-Prof. Dr. Günter Neubauer
Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) München GbR
Frau-Holle-Straße 43
81739 München