RECHT UND STEUERN

Umsatzsteuerfallen für Rheumatologen

Rechtsanwalt Christian Koller

Rechtsanwalt Christian Koller

Grundsätzlich sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt von der Umsatzsteuer befreit. Es gibt jedoch zahlreiche Ausnahmen. So laufen insbesondere Praxisgemeinschaften Gefahr, für ihre Gesellschafter teilweise umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen, soweit sie diese mit organisatorischen und damit nichtärztlichen Leistungen unterstützen.

Maßgeblich: Heilbehandlung

Für die Beurteilung der Umsatzsteuerbefreiung ist zunächst das Vorliegen einer Heilbehandlung maßgeblich. Das Bundesfinanzministerium definiert den Begriff der "Heilbehandlungen" als Tätigkeiten, die zu dem Zwecke der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und der Heilung von konkret vorliegenden Krankheiten oder sonstigen Gesundheitsstörungen vorgenommen werden. Ausschlaggebend für die Befreiung von der Umsatzsteuer ist demnach das Vorliegen eines therapeutischen Ziels, weshalb Maßnahmen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens oder Wellnessprogramme nicht als Heilbehandlung anzusehen und demnach auch nicht steuerfrei sind.

Organisatorische Leistungen einer Praxisgemeinschaft

Aber wie sieht es nun mit rein organisatorischen Leistungen aus, die beispielsweise innerhalb einer Praxisgemeinschaft für die ärztlichen Gesellschafter erbracht werden? Entscheidend ist hier, ob die Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung der ärztlichen Tätigkeiten dienen. Diese sind dann ebenfalls steuerfrei. Exemplarisch sei auf das Urteil des Finanzgerichts Hannover vom 11.11.2021 - 5 K 62/19 verwiesen. In dem dort zu entscheidenden Fall ging es um die Praxisgemeinschaft zweier Allgemeinmediziner in der Rechtsform einer GbR, die sie wie folgt unterstützte: Zum einen beschäftigte die Praxisgemeinschaft eine Büro- und Rezeptionskraft. Diese wickelte und überwachte die Zahlungsvorgänge oder rechnete mit den privaten Krankenversicherungen ab. Dazu gehörte auch die Terminvergabe und Schreiben von Arztberichten. Weiter stellte die Praxisgemeinschaft eine Raumpflegerin, die mit der Reinigung der Praxisräumlichkeiten beauftragt war.

Die Reinigungsleistungen durch die beschäftigte Reinigungsfachkraft bewertete das Gericht als umsatzsteuerfrei. Diese seien unmittelbar für Zwecke der ärztlichen Heilbehandlung erbracht worden. Sie seien eine notwendige Vorstufe für die Erbringung der Heilbehandlung durch die Ärzte. Hygiene sei ein unverzichtbarer Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit. Gleiches gelte, soweit die Bürokraft in der Praxisorganisation und mit dem Schreiben von Arztberichten und ähnlichen Dokumentationen beschäftigt wäre. Hierdurch würden die ärztlichen Tätigkeiten unterstützt und seien daher steuerfrei. Ohne Praxisorganisation und ohne Arztberichte seien ambulante Heilbehandlungen durch Facharztpraxen nicht möglich.

Buchführung und Abrechnungsleistung steuerpflichtig

Hingegen bewertete das Finanzgericht die Buchführungs- und Abrechnungstätigkeiten als steuerpflichtig. Die ärztliche Tätigkeit gegenüber dem jeweiligen Patienten könne auch ausgeübt werden, ohne dass in diesem Zusammenhang Buchführungs- und Abrechnungsarbeiten erledigt würden. Trotz der Einordnung der Buchführungs- und Abrechnungsarbeiten als steuerpflichtig musste die Praxisgemeinschaft jedoch keine Umsatzsteuer abführen. Für das Gericht unterschritt der Umfang dieser steuerpflichtigen Leistungen die Kleinunternehmergrenzen, sodass im Ergebnis keine Umsatzsteuer festzusetzen war.

Beispiele für umsatzsteuerpflichtige Leistungen

Aber auch unmittelbare Leistungen von Ärzten können die Umsatzsteuer auslösen: So unterliegen alle schriftstellerischen oder wissenschaftlichen Tätigkeiten der Umsatzsteuerpflicht, auch wenn es sich dabei um Beiträge in einer ärztlichen Fachpublikation, um Vortragstätigkeiten vor Ärzten bei einer Fortbildung oder um die reine Lehrtätigkeit handelt. Dies gilt selbstverständlich auch bei der Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie, insbesondere bei Unterstützung der Forschung. Steht dabei nicht ein konkreter Heilerfolg im Fokus, liegen im Regelfall steuerpflichtige Leistungen vor. Umsatzsteuerpflichtig ist auch die entgeltliche Nutzungsüberlassung von Räumen oder medizinischen Großgeräten. Betreiben Sie ein Labor und stellen dieses anderen Kollegen gegen eine Nutzungsgebühr zur Verfügung, unterliegen diese Einnahmen der Umsatzsteuer. Etwas anderes ergibt sich, wenn Sie mit anderen Kollegen eine Apparategemeinschaft betreiben. Denn in diesem Fall generieren Sie keine Einnahmen durch die Geräteüberlassung.

Bei gutachterlichen Leistungen hängt die Steuerpflicht vom jeweiligen Inhalt des Gutachtens ab.

Umsatzsteuerpflichtig sind:

  • Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung bzw. dem Todeseintritt.
  • Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Schadenersatzprozessen.
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen, beispielsweise bei Fragen der Schadenersatzleistung, auch bei öffentlich-rechtlicher Berichtspflicht.
  • Externe Gutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung.

Hingegen sind folgende Leistungen umsatzsteuerbefreit:

  • IGeL-Leistungen, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.
  • Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen und bei denen die medizinische Betreuung im Vordergrund steht.
  • Kurze Bescheinigungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Zeugnisse, die nach Ziffer 70 GOÄ berechnet werden.
  • Weitere Leistungen der GOÄ (z. B. Berichte und Briefe wie Krankheits- und Befundberichte, schriftliche Diätpläne oder die schriftliche Planung einer Kur), soweit sie eng mit einer im Vordergrund stehenden Untersuchungs- und Behandlungsleistung verbunden sind.


Rechtsanwalt Christian Koller
Kanzlei TACKE KOLLER
Rindermarkt 3 und 4, 80331 München

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