IMMUNGLOBULIN G4-ASSOZIIERTE ERKRANKUNG

Überzeugende Phase-III-Studienergebnisse zu Inebilizumab

Abb.: MITIGATE-Studie: Signifikante Reduktion des Schubrisikos bis Woche 52 (primärer Endpunkt) unter Inebilizumab (1, 2)

Abb.: MITIGATE-Studie: Signifikante Reduktion des Schubrisikos bis Woche 52 (primärer Endpunkt) unter Inebilizumab (1, 2)

Die seltene, systemische fibro-inflammatorische Immunglobulin G4-assoziierte Erkrankung (IgG4-RD) ist durch unvorhersagbare, wiederholte Schübe charakterisiert, die zu Organschädigungen und einer reduzierten Lebensqualität führen. Schon die relativ gute Wirksamkeit von Rituximab wies auf eine prominente Rolle der B-Zell-Depletion im Therapiemanagement hin. Jetzt wurden von John H. Stone, Boston (USA), und internationalen Kollegen die Daten der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie MIGITATE zu dem bereits bei Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) zugelassenen Anti-CD19-Antikörper Inebilizumab bei IgG4-RD präsentiert und parallel hochrangig publiziert.

Bei IgG4-RD, die diverse Organe in Mitleidenschaft zieht und zu irreversiblen Organschäden führen kann, erfolgt zumeist eine Therapie mit Glukokortikoiden (GK). In die an 80 Zentren in 22 Ländern durchgeführte MITIGATE-Studie wurden 135 erwachsene Patienten (im Mittel 58,2 Jahre, mittlere Krankheitsdauer 2,6 Jahre) mit aktiver IgG4-RD (die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für IgG4-RD mit einem Score ≥20 erfüllend) und multipler Organbeteiligung trotz GK-Therapie eingeschlossen und nach ihrem Status (neu diagnostiziert vs. rezidivierende Erkrankung; 46 vs. 54 %) stratifiziert. Die Teilnehmer wurden im Verhältnis 1:1 auf i.v. 300 mg Inebilizumab (n=68, 43 % Frauen) oder Placebo (n=67, 27 % Frauen) an Tag 1, 15 und Woche 26 (nach Prämedikation) randomisiert (die Prednison-Dosis betrug initial 20 mg/Tag, danach erfolgte ein Tapering bis zum Absetzen am Ende der 8. Studienwoche). Die randomisiert-kontrollierte Studienphase dauerte bis Woche 52. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zum ersten IgG4-RD-Schub, definiert als neue/sich verschlechternde Zeichen und Symptome der IgG4-RD-Aktivität, die ≥1 der für die Studie entwickelten organspezifischen Flare-Kriterien erfüllten, drei wichtige sekundäre Endpunkte waren die jährliche Schubrate, eine schub- und behandlungsfreie komplette Remission und eine schub- und steroidfreie komplette Remission.

Höhere Remissionsraten, geringerer Steroidbedarf

Der primäre Endpunkt wurde mit Inebilizumab signifikant erreicht mit einer Reduktion des Risikos für IgG4-RD-Schübe bis Woche 52 gegenüber Placebo um 87 % (Hazard Ratio 0,13, 95% KI 0,06-0,28; p<0,0001) (Abb.). Auch alle wichtigen sekundären Endpunkte wurden statistisch signifikant nach 52 Wochen erreicht, so in Bezug auf die jährliche Schubrate (0,10 vs. 0,71, Rate Ratio, RR 0,14, 95% KI 0,06-0,31; p<0,0001), die schub- und therapiefreie komplette Remission (57,4 vs. 22,4 %, Odds Ratio, OR 4,68, 95% KI 2,21-9,91; p<0,0001) und schub- und steroidfreie komplette Remission (58,8 vs. 22,4 %, OR 4,96, 95% KI 2,34-10,52; p<0,0001) – letzteres zugleich die Möglichkeit einer Steroideinsparung anzeigend. Währen der randomisiert-kontrollierten Studienphase kam es bei 97,1 % der Patienten unter Inebilizumab und 98,5 % unter Placebo zu ≥1 therapieassoziierten unerwünschten Ereignis (TEAE), dabei handelte es sich am häufigsten (≥10 %) um COVID-19 (23,5 vs. 19,4 %), Lymphopenie (16,2 vs. 9,0 %) und Harnwegsinfektionen (11,8 vs. 6,0 %). Schwere (vor allem COVID-19, Appendizitis und Divertikulitis) und/oder opportunistische Infektionen (primär Herpes Zoster) waren unter Inebilizumab häufiger als unter Placebo (8,8 vs. 3,0 %), Todesfälle gab es keine. Es wurden insgesamt keine neuen Sicherheitssignale identifiziert, das Sicherheitsprofil war identisch mit jenem aus früheren Studien. 

Als Fazit kann gezogen werden, dass mit der MITIGATE-Studie, der ersten randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie in dieser Indikation, die Effektivität und Sicherheit der CD19-gerichteten B-Zell-Depletion mit Inebilizumab bei IgG4-RD etabliert werden konnte. Von einer künftigen Zulassung – auch das wäre die erste in dieser Indikation – ist mit großer Sicherheit auszugehen.

Quellen:
1  Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 0775
2  N Engl J Med 2024; doi: 10.1056/NEJMoa2409712