POLYMYALGIA RHEUMATICA

Neuigkeiten zu steroidsparenden Therapien

Zwar sprechen die allermeisten Patienten mit Polymyalgia rheumatica (PMR) gut und auch rasch auf Glukokortikoide (GK) an, beim Ausschleichen oder nach dem Absetzen ist aber häufig mit Rezidiven zu rechnen. Bei refraktärer PMR oder Problemen, GK abzusetzen, sind also Alternativen gefragt. Bevorzugte Option dürfte dann das neu hierfür zugelassene Sarilumab sein. Jenseits der Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibition kommt auch – bei allerdings schwacher Datenlage – Methotrexat (MTX) in Frage. In einer von zwei neuen Studien war dessen steroidsparendes Potenzial nicht nachweisbar, in einer anderen war es Sarilumab unterlegen. Prinzipiell könnten auch Januskinase (JAK)-Inhibitoren interessant sein, wie eine aktuelle Studie zu Baricitinib belegt.

Drei kleinere klinische Studien ließen den Schluss zu, dass MTX bei PMR steroidsparende Effekte haben könnte, an wirklich hochqualitativer Evidenz mangelte es aber bislang. Dies ändert sich nun (ein wenig) durch die von Thomas Bolhuis, Nijmegen (Niederlande), und Kollegen vorgestellte 52-wöchige, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte PMR MODE-Studie, in der 64 die EULAR/ACR-Klassifikationskriterien erfüllende Patienten mit neu diagnostizierter PMR, die für <8 Wochen GK erhalten hatten, im Verhältnis 1:1 auf MTX 25 mg/Woche oder Placebo randomisiert wurden – dies stratifiziert nach Geschlecht und Entzündungsmarkern (ESR 70 mm/h und/oder CRP ≥25 mg/l). Primärer Endpunkt war eine GK-freie Remission (PMR Aktivitäts-Score [PMR-AS] <10) zu Woche 52, als sekundäre Outcomes wurden die Anteile von Patienten mit Rezidiv, die Inzidenzrate von Rezidiven, die kumulative GK-Dosis, MTX/Placebo-Dosisadjustierungen und unerwünschte Ereignisse (UE) erfasst. In die finale Analyse gingen schließlich 56 PMR-Patienten ein.

Eher zweifelhafter Nutzen von Methotrexat

Das Ergebnis war ernüchternd: Die Anteile von Patienten in steroidfreier Remission in Woche 52 waren unter MTX und Placebo vergleichbar (68 vs. 67 %, adjustierte Differenz 0,00; p=0,48). Auch bei den sekundären Endpunkten zeigten sich keinerlei signifikante Unterschiede, so etwa bei Patienten mit einem Rezidiv bis Woche 52 (70 vs. 68 %) oder in der kumulativen GK-Dosis über 52 Wochen (2.063 vs. 2.081 mg). Auch UE waren auf einem ähnlichen Niveau. Diese ebenfalls kleine, aber qualitativ hochwertige kontrollierte Studie demonstrierte somit keinen signifikanten Effekt von MTX auf das Erreichen einer GK-freien Remission nach 52 Wochen bei Patienten mit neu diagnostizierter PMR. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass angesichts der Verfügbarkeit besserer Alternativen – sprich der IL-6-Rezeptorinhibition – die Positionierung von MTX in Leitlinien überdacht werden sollte. (1) Genau dies wird in der neuen PMR-Leitlinie der DGRh bereits umgesetzt.

Dass die Tendenz klar in Richtung Sarilumab geht (für Tocilizumab wurde trotz der beiden positiven Phase-III-Studien PMR-Spare und SEMAPHORE keine Zulassung angestrebt) scheint nach der Phase-III SAPHYR-Studie folgerichtig. Bestätigt wird dies durch eine Analyse US-amerikanischer Rheumatologen um Jeffrey Curtis, Birmingham, die anhand von Registerdaten (mit Propensity-Score-Matching) die Effektivität von Sarilumab (als Zweit- oder Drittlinientherapie, 2L/3L – in den USA ist es schon länger zugelassen) und MTX (2L) bzw. Leflunomid (3L) verglichen. Untersucht wurde der Anteil von Patienten, die unter Sarilumab vs. MTX (2L) bzw. Sarilumab vs. Leflunomid (3L) GK nach 6 bzw. 9 Monaten absetzen konnten. In Bezug auf die 2L-Therapie (Sarilumab vs. MTX) wurden 210 PMR-Patienten gematcht, für 68 lagen vollständige 6-Monats-Daten vor. Bei Letzteren zeigte sich, dass mit Sarilumab numerisch mehr Patienten das GK absetzen konnten als unter MTX (59 vs. 35 %). Sie waren auch weniger lange auf GK (122 vs. 227 Tage) und die mediane kumulative GK-Dosis war geringer (679 vs. 867 mg). Auch wenn sich diese Frage letztlich nur durch eine kontrollierte Studie klären ließe, scheint das steroidsparende Potenzial von Sarilumab doch erheblich größer als jenes von MTX zu sein. (2) Derzeit wird zudem der IL-17A-Inhibitor Secukinumab zur Steroideinsparung bei PMR in Phase-III in der REPLENISH-Studie geprüft.

Nochmal kurz zurück zur bereits erwähnten Phase-III SEMAPHORE-Studie, in der sich i.v. Tocilizumab bei GK-abhängiger PMR nach 24 Wochen als effektiv erwiesen hatte. Die von Baptiste Chevet, Brest (Frankreich), und Kollegen  vorgestellten Daten einer Open-label-Extension zeigten nun, dass nach dem Stoppen von Tocilizumab 81 % der Patienten in den nächsten 6 Monaten ein Rezidiv erlitten (nach median 15 Wochen). Eine längere Fortsetzung der Tocilizumab-Therapie, ggf. mit 2- statt 1-wöchentlicher Infusion scheint daher sinnvoll zu sein. (3)

JAK-Inhibition als mögliche Alternative?

Fast ganz auf Steroide verzichteten Valerie Devauchelle, Brest (Frankreich), und Kollegen bei früher (<6 Monate), noch GK-naiver PMR in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Parallelgruppenstudie BACHELOR. In dieser wurden im Verhältnis 1:1 34 de-novo-Patienten mit einem CRP PMR-AS >17 für 12 Wochen auf den JAK-1/2-Inhibitor Baricitinib in einer Dosis von 4 mg/Tag oder Placebo (mit oralen GK als Rescue-Therapie bei hoher Krankheitsaktivität) und dann für weitere 12 Wochen auf Baricitinib 2 mg oder Placebo (bis Woche 24) randomisiert. Subdeltoide GK-Injektionen zu Woche 0 und 4 waren erlaubt. Primärer Endpunkt war ein CRP PMR-AS ≤10 ohne orale GK von Woche 0 bis 12.

Den primären Endpunkt erreichten unter Baricitinib und Placebo 77,8 im Vergleich zu 13,3 % der Teilnehmer (relatives Risiko, RR 5,8, 95% KI 3,2-10,6); p=0,0004 bzw. adjustiert p<0,0001) – in Woche 24 waren es 88,9 vs. 14,3 %. Bei den sekundären Endpunkten in Woche 12 waren die ESR PMR-AS, ESR und VAS-Schmerz signifikant niedriger unter Placebo als Baricitinib (p=0,02, p=0,02 bzw. p=0,03), dafür erhielten diese Patienten aber mehr GK und jene unter Baricitinib hatten eine bessere Lebensqualität im SF36 MCS and EQ-5D (p=0,005 bzw. p=0,043). Bis Woche 36 kam es zu keinem Flare. Die Verträglichkeit von Baricitinib war gut, es traten keine schweren UE auf. Auch wenn der Ansatz vielleicht etwas radikal erscheint, erlaubte Baricitinib als Monotherapie (4/2 mg) bei früher PMR eine über 36 Wochen anhaltend niedrige Krankheitsaktivität ohne relevante Sicherheitssignale. (4)

Quellen:
1   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1697
2   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1700
3   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1698
4   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 0858