Das bestehende Missverhältnis untermauert eine aktuelle Publikation von Wissenschaftlerinnen des Deutschen Rheuma Forschungszentrums (DRFZ) in der Zeitschrift für Rheumatologie (https://doi.org/10.1007/s00393-025-01720-1). Denn die Zahl der unter 60-jährigen Rheumatologinnen und Rheumatologen sinkt: von 806 im Jahr 2020 auf nur noch 775 in 2024. Gleichzeitig sind inzwischen 386 Rheumatologinnen und Rheumatologen 60 Jahre oder älter. Auch in der ambulanten Versorgung hat sich das Bild verändert: Nur noch 50 % haben eine eigene Zulassung, während 42 % angestellt arbeiten. Dies ist ein Anstieg von 30% gegenüber dem Jahr 2020.
Problemfelder Altersverteilung und Teilzeit
„Wir erleben, wie erfahrene rheumatologische Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gehen und gleichzeitig der Nachwuchs viel häufiger in Teilzeit tätig ist als noch vor fünf oder zehn Jahren“, erläutert Dr. Katinka Albrecht vom DRFZ in Berlin.
„Für zukunftsfähige Versorgungskonzepte müssen wir auch die Veränderungen im Beschäftigungsumfang berücksichtigen“, mahnt die Hauptautorin der Studie. Ansonsten wird sich die Terminknappheit in der Rheumatologie nicht auflösen. Gemeinsam mit ihrer DRFZ-Kollegin Dr. Johanna Callhoff wertete sie Statistiken der Bundesärztekammer (BÄK), des Bundesarztregisters der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und die Grunddaten der Krankenhäuser aus.
Die regionale Versorgung unterscheidet sich stark: Während in Berlin 2,5 Rheumatologinnen bzw. Rheumatologen pro 100.000 Erwachsene zur Verfügung stehen, sind es im Saarland nur 0,8. Im bundesweiten Schnitt liegt die Quote bei 1,7. Für die ambulante Versorgung sind es 1,0 Fachärztinnen bzw. Fachärzte für Rheumatologie pro 100.000 Erwachsene. Auch wenn in den Jahren 2020 bis 2024 durchschnittlich 61 neue rheumatologische Fachärztinnen und Fachärzte pro Jahr anerkannt wurden, gleicht das die Verluste durch Renteneintritte und Teilzeit nicht aus.
„Das Problem liegt auf der Hand: die Patientenversorgung hängt an der politischen Entscheidung, mehr Weiterbildungsstellen für die Rheumatologie vorzuhalten“, betont Prof. Dr. Ulf Wagner, Präsident der DGRh aus Leipzig. Das aktuelle Memorandum der DGRh fordere daher 100 zusätzliche Weiterbildungsstellen bis 2029. Diese müssten finanziert werden und zudem müsste rheumatologische Weiterbildung an Kliniken belohnt werden. Um mehr Studierende zu erreichen, müssten alle 36 medizinischen Fakultäten in Deutschland rheumatologische Lehre anbieten. Darüber hinaus fordert die DGRh eigenständige rheumatologische Lehrstühle an mindestens jeder zweiten Fakultät.
Neue Versorgungsmodelle wie Frühsprechstunden, Delegation an Fachassistenzpersonal und digitale Konzepte können die von der DGRh geforderten Maßnahmen unterstützen. „Die Rheumatologie bietet heute moderne, wirksame Therapien, die schwere Krankheitsverläufe stoppen können“, betont Prof. Wagner. „Aber sie wirken nur, wenn wir die Rheumatologinnen und Rheumatologen haben, die sie einsetzen“, fasst er zusammen. Die DGRh appelliert an Politik und Kostenträger, jetzt zu handeln – für eine stabile, flächendeckende rheumatologische Versorgung.
Quelle: Pressemitteilung der DGRh, 10. September 2025
