ANCA-assoziierte Vaskulitiden
TAPIR-Studie: Low-dose-GK in der Remissionserhaltung bei GPA?
Zunächst zur GPA und der Frage, ob man in der Remissionserhaltung bei GPA auch ohne Low-dose-Glukokortikoide (GK) auskommt. Hierzu wurden in der randomisiert-kontrollierten TAPIR-Studie 143 Patienten in Remission (BVAS/WG=0) und auf 5-20 mg/Tag Prednison nach einem GK-Tapering auf 5 mg/Tag im Verhältnis 1:1 auf die Fortführung von Prednison 5 mg/Tag oder ein Absetzen (Ausschleichen auf 0 mg bis Woche 4) bis Monat 6 randomisiert (andere Immunsuppressiva wurden beibehalten, z. B. Rituximab).
Den primären Endpunkt, die Rezidivrate in Monat 6, definiert als ärztliche Entscheidung, die GK-Dosis aufgrund Verschlechterung der GPA zu erhöhen, erreichten im 0 bzw. 5 mg-Arm 15,5 vs. 4,2 % der Patienten (Odds Ratio, OR 4,22; p=0,0227). Jedoch zeigte sich bei Patienten auf Rituximab keine signifikante Differenz zwischen 0 und 5 mg GK (8,8 vs. 6,1 %; OR 1,50; p=0,667), wohl aber bei jenen, die dieses nicht erhielten (20,0 vs. 2,6 %, OR 9,50 p=0,023) (Abb.). Die Zeit bis zum Rezidiv war im 0 mg-Arm signifikant kürzer (p=0,026), jedoch handelte es sich meist um leichte Rezidive (93 %). Schwere unerwünschte Ereignisse und Infektionen waren im 0 mg-Arm etwas häufiger. Als Fazit bleibt somit, dass mit Low-dose-GK im Vergleich zu deren Absetzen mehr (leichte!) Rezidive verhindert werden können, aber nur, wenn kein Rituximab eingesetzt wird. Manches spricht also für ein Absetzen von Low-dose-GK, bei GPA-Patienten ohne Rituximab-Erhaltung könnten sie aber eine Option sein. (1)
EGPA: Aktuelle Daten zu Cyclophosphamid und Tezepelumab
Zwei französische Target-Trial-Emulationen zum Vergleich von GK allein versus GK in Kombination mit Cyclophosphamid (CYC) bei EGPA-Patienten mit schlechter (Five Factor Score, FFS ≥1) oder guter Prognose (FFS =0) bestätigen die übliche Praxis. Im ersten Fall wird in Leitlinien eine Kombination aus GK und CYC, im zweiten Fall eine GK-Monotherapie empfohlen – beides aber bei sehr limitierter Evidenz. Auf Basis einer großen retrospektiven europäischen Datenbank gingen in die erste Studie 209 EGPA-Patienten mit schlechter Prognose ein, von denen 26 % nur GK und 74 % GK plus CYC erhalten hatten. Outcomes waren alle bzw. schwere Rezidive, Tod nach 12 Monaten und GK-abhängiges Asthma und/oder HNO-Manifestationen nach 24 Monaten. In einer Propensity-Score-Analyse war bei vergleichbarer Sicherheit das Risiko für alle Rezidive (Hazard Ratio, HR 0,24; p=0,007) und schwere Rezidive nach 12 Monaten (HR 0,24; p=0,026) sowie GK-abhängiges Asthma und/oder HNO-Manifestationen nach 24 Monaten (OR 0,30; p=0,003) unter GK plus CYC signifikant geringer. (2)
In die zweite Studie mit identischem Design gingen 250 EGPA-Patienten mit guter Prognose ein, 71 % hatten nur GK, 29 % GK plus CYC erhalten. Bei wiederum vergleichbarer Sicherheit war nach 12 Monaten das Risiko für alle (HR 1,74; p=0,338) und schwere Rezidive (HR 2,14; p=0,267) sowie GK-abhängiges Asthma und/oder HNO-Manifestationen nach 24 Monaten (OR 1,73; p=0,068) unter GK plus CYC versus GK allein nicht signifikant verschieden, dies galt auch für eine Subgruppe mit organbedrohenden Manifestationen. (3) Beide Studien bestätigen somit die Leitlinienempfehlungen.
Perspektivisch eine neue Option bei EGPA könnte der bei schwerem Asthma zugelassene TSLP (thymic stromal lymphopoietin)-Inhibitor Tezepelumab sein, eine Phase-IIb-Studie namens RACEMATE ist angelaufen. Genährt wird diese Hoffnung durch eine retrospektive, multizentrische Studie zu 10 primär aufgrund unkontrollierbarem Asthma mit Tezepelumab behandelten Patienten mit rezidivierender oder refraktärer EGPA, von denen 100, 60 bzw. 20 % Benralizumab, Mepolizumab bzw. Dupilumab erhalten hatten. Bei relativ guter Verträglichkeit erreichten nach median 6 Monaten 62,5 % der Teilnehmer ein vollständiges (BVAS =0, Prednison ≤4 mg/Tag) und weitere 12,5 % ein partielles Ansprechen (BVAS =0, Prednison >4 mg/Tag). Der mediane GK-Bedarf sank von 10 auf 0 mg/Tag, 50 % der Patienten konnten Prednison stoppen. Es kam zu zwei Rezidiven, weitere Daten zu dem TSLP-Inhibitor bleiben abzuwarten. (4)
Polymyalgia rheumatica
Eher zweifelhafter Nutzen von Methotrexat
Zweifel an steroidsparenden Effekten von Methotrexat (MTX) bei PMR verstärkt die 52-wöchige, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte PMR MODE-Studie, in der 64 Patienten mit neu diagnostizierter PMR, die für <8 Wochen GK erhalten hatten, im Verhältnis 1:1 auf MTX 25 mg/Woche oder Placebo randomisiert wurden. Primärer Endpunkt war eine GK-freie Remission (PMR-AS <10) zu Woche 52, sekundäre Outcomes waren Rezidive, die kumulative GK-Dosis, Dosisadjustierungen und unerwünschte Ereignisse (UE). In die finale Analyse gingen 56 Patienten ein.
Im Ergebnis waren die Anteile von Patienten in steroidfreier Remission in Woche 52 unter MTX und Placebo vergleichbar (68 vs. 67 %; p=0,48). Auch bei den sekundären Endpunkten zeigten sich keinerlei signifikante Unterschiede, so etwa bei Patienten mit einem Rezidiv bis Woche 52 (70 vs. 68 %) oder in der kumulativen GK-Dosis über 52 Wochen (2.063 vs. 2.081 mg). Auch UE waren auf einem ähnlichen Niveau. Diese Studie zeigte somit keinen Effekt von MTX auf das Erreichen einer GK-freien Remission nach 52 Wochen bei Patienten mit neu diagnostizierter PMR. (5) Angesichts der Zulassung von Sarilumab (Tocilizumab wäre bei PMR nur off-label möglich) sollte, wie bereits in der neuen PMR-Leitlinie der DGRh empfohlen, die Interleukin (IL-6)-Rezeptorinhibition zur Steroideinsparung (bzw. bei GK-Versagen) gegenüber MTX präferiert werden.
Secukinumab oder JAK-Inhibition als mögliche Alternativen?
Auch jenseits der IL-6-Inhibition werden bei PMR Alternativen geprüft, so etwa derzeit der IL-17A-Inhibitor Secukinumab zur Steroideinsparung in der Phase-III-Studie REPLENISH (und bei RZA u. a. in der Phase-III-Studie GCAptAIN). Nachdem bereits der Januskinase (JAK)-1-Inhibitor Upadacitinib seine Effektivität bei RZA unter Beweis gestellt hat, lag es nahe dieses Therapieprinzip auch bei PMR zu testen. So wurden in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten BACHELOR-Studie 34 Patienten mit früher, GK-naiver PMR (<6 Monate) und einem CRP PMR-AS >17 im Verhältnis 1:1 für 12 Wochen auf den JAK-1/2-Inhibitor Baricitinib (4 mg/Tag) oder Placebo (mit oralen GK als Rescue-Therapie bei hoher Krankheitsaktivität) randomisiert und dann für weitere 12 Wochen auf Baricitinib 2 mg oder Placebo (bis Woche 24). Subdeltoide GK-Injektionen zu Woche 0 und 4 waren erlaubt.
Der primäre Endpunkt, ein CRP PMR-AS ≤10 ohne orale GK von Woche 0 bis 12, wurde unter Baricitinib mit 77,8 vs. 13,3 %
(p=0,0004; adj. p<0,0001) signifikant erreicht – in Woche 24 waren es 88,9 vs. 14,3 %. In Woche 12 waren die ESR PMR-AS, ESR und VAS-Schmerz zwar signifikant niedriger unter Placebo versus Baricitinib (p=0,02, p=0,02 bzw. p=0,03), dafür erhielten die Patienten aber mehr GK und hatten unter Baricitinib eine bessere Lebensqualität im MCS SF36 and EQ-5D (p=0,005 bzw. p=0,043). Bis Woche 36 kam es zu keinem Flare. Die Verträglichkeit von Baricitinib war gut, es traten in diesem älteren Kollektiv keine schweren UE auf. Somit scheint Baricitinib (hier sogar als Monotherapie) eine über 36 Wochen anhaltend niedrige Krankheitsaktivität bei früher PMR zu ermöglichen. (6)
Riesenzellarteriitis
SELECT-GCA-Studie: Update zu Upadacitinib bei RZA
Relativ wenige Neuigkeiten bot der ACR in puncto RZA: Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie SELECT-GCA zu Upadacitinib bei RZA war bereits als Late-breaker auf dem EULAR vorgestellt worden: Im Gesamtkollektiv zeigte Upadacitinib 15 mg/Tag eine im Vergleich zu Placebo überlegene Effektivität im primären Endpunkt einer anhaltenden Remission in Woche 52 (46 vs. 29 %; p=0,0019) und einer anhaltenden vollständigen Remission von Woche 12 bis 52 (37 vs. 16 %; p<0,0001).
Gemäß einer auf dem ACR präsentierten vertiefenden Analyse demonstrierte der JAK-1-Inhibitor auch in allen untersuchten Subgruppen (Alter, Geschlecht, de-novo vs. rezidivierende RZA, Vorgeschichte einer PMR, andere Baseline-Charakteristika) konsistente Vorteile im Hinblick auf das Erreichen einer anhaltenden (kompletten) Remission gegenüber Placebo. (7) Ob und wann sich dies angesichts der Sicherheitsbedenken in Bezug auf JAK-Inhibitoren bei älteren Patienten >65 Jahre in einer Zulassungserweiterung niederschlägt, bliebt noch abzuwarten.
Quellen:
1 Merkel P et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 0774
2 Sorin B et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1599
3 Sorin B et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1600
4 Poux M et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1595
5 Bolhuis T et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1697
6 Saraux A et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 0858
7 Merkel P et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1695