ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN

Neue Erkenntnisse aus Therapiestudien gewonnen

Abb.: TAPIR-Studie: Patienten mit Rezidiv bis Monat 6 unter Low-dose-GK oder abgesetztem GK insgesamt (li.) sowie in Subgruppen mit und ohne Rituximab-Erhaltungstherapie (2)

Abb.: TAPIR-Studie: Patienten mit Rezidiv bis Monat 6 unter Low-dose-GK oder abgesetztem GK insgesamt (li.) sowie in Subgruppen mit und ohne Rituximab-Erhaltungstherapie (2)

Mehrere interessante Studien wurden zu ANCA-assoziierten Vaskulitiden vorgestellt. Enttäuschende Ergebnisse lieferte eine Studie zu Abatacept bei rezidivierender, nicht-schwerer Granulomatose mit Polyangiitis (GPA). Praktisch relevant könnten die Daten der TAPIR-Studie werden, in der untersucht wurde, ob Low-dose-Glukokortikoide (GK) nach der Remissionsinduktion bei GPA Rezidive verhindern können. Zwei Target-Trial-Emulationen verglichen GK mit oder ohne Cycloposphamid (CYC) in zwei Kollektiven mit eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) – mit klaren Ergebnissen. Eine neue Option bei rezidivierender oder refraktärer EGPA könnte der Thymic Stromal Lymphopoietin (TSLP)-Inhibitor Tezepelumab sein.

Zunächst zu der von Carol Langford, Cleveland (USA), und internationalen Kollegen präsentierten randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten ABROGATE-Studie, in der 65 Patienten mit langjähriger rezidivierender, nicht-schwerer GPA im Verhältnis 1:1 Abatacept 125 mg s.c. 1x wöchentlich oder Placebo in Kombination mit Prednison 30 mg/Tag (nachfolgend Tapering und Absetzen in Woche 12) erhalten hatten (43 % waren mit Rituximab vorbehandelt). Eine stabile immunsuppressive (IS)-Therapie mit Methotrexat, Azathioprin, Mycophenolat oder Leflunomid konnte weitergeführt werden. Primärer Endpunkt war ein Therapieversagen, definiert als Rezidiv, Verschlechterung oder Nicht-Erreichen eines Birmingham Vasulitis Activity Score (BVAS)/WG =0 oder 1. Zu einem Rezidiv oder einer Verschlechterung kam es bei 62 vs. 68 % der Patienten unter Abatacept bzw. Placebo, im primären Endpunkt (p=0,255) fand sich ebenso kein signifikanter Vorteil wie in sekundären Endpunkten (z. B. Zeit bis Remission, GK-freie Remission oder Schwere des Rezidivs). Somit ist Abatacept keine Option in diesem Patientenkollektiv. (1)

GPA: Ergebnisse der TAPIR-Studie im Fokus

Ein kontrovers diskutiertes Thema sind Low-dose-GK in der Remissionserhaltung bei GPA, ebenso wie diese getapert werden sollten. Einige Antworten liefert jetzt die von Peter Merkel, Philadelphia (USA), und US- sowie kanadischen Kollegen präsentierte randomisierte, kontrollierte TAPIR-Studie. In diese gingen GPA-Patienten ein, wenn innerhalb eines Jahres eine Remissionsinduktion bei aktiver Erkrankung erfolgte, sie sich in Remission (BVAS/WG=0) befanden und auf 5-20 mg/Tag Prednison waren. Nach einem GK-Tapering auf 5 mg/Tag wurden 143 Patienten im Verhältnis 1:1 auf die Fortführung von Prednison 5 mg/Tag bis Monat 6 oder ein Absetzen (mit Ausschleichen auf 0 mg binnen 4 Wochen) bis Monat 6 randomisiert (andere IS wurden beibehalten, z. B. waren 54 % der Patienten auf Rituximab). Primärer Endpunkt war die Rezidivrate in Monat 6, definiert als ärztliche Entscheidung, die GK-Dosis aufgrund einer Verschlechterung der GPA zu erhöhen. Weitere Endpunkte waren die Sicherheit, PROs, Remissionsdauer und die Schwere der Rezidive. Den primären Endpunkt eines Rezidivs in Monat 6 erreichten im 0 bzw. 5 mg-Arm 15,5 vs. 4,2 % der Patienten (Odds Ratio, OR 4,22, 95% KI 1,1-15,8; p=0,0227). Stratifiziert nach dem Gebrauch von Rituximab, zeigte sich bei jenen Teilnehmern auf Rituximab keine Differenz zwischen 0 und 5 mg (8,8 vs. 6,1 %; OR 1,50, 95% KI 0,23-9,62; p=0,667), sehr wohl aber bei jenen, die dieses nicht erhielten (20,0 vs. 2,6 %, OR 9,50, 95% KI 1,11-81,67; p=0,023) (Abb.). Die Zeit bis zum Rezidiv war im 0 mg-Arm signifikant kürzer (p=0,026), jedoch handelte es sich fast durchweg um leichte Rezidive (93 %). Etwas überraschend waren schwere unerwünschte Ereignisse (UE; p=0,492) und Infektionen (p=0,555) im 0 mg-Arm häufiger (insgesamt waren diese aber selten). Als Fazit bleibt somit, dass mit Low-dose-GK (5 mg/Tag) im Vergleich zu deren Absetzen mehr (leichte!) Rezidive verhindert werden können, dies aber nur dann, wenn kein Rituximab eingesetzt wird. Insgesamt spricht mehr für ein Absetzen des GK, bei GPA-Patienten ohne Rituximab zur Remissionserhaltung könnten Low-dose-GK aber eine Option sein. (2)

EGPA: Aktuelle Studien im Blickpunkt

Zwei Target-Trial-Emulationen zum Vergleich von GK allein versus GK in Kombination mit CYC mit EGPA-Patienten mit schlechter (Five Factor Score, FFS ≥1) oder guter Prognose (FFS =0) stellte eine europäische Studiengruppe um Boris Sorin, Paris (Frankreich), vor. Im ersten Fall wird in Leitlinien eine Kombination aus GK und CYC, im zweiten Fall eine GK-Monotherapie empfohlen – beides aber auf limitierter oder fehlender Datenbasis. Auf Grundlage einer großen retrospektiven europäischen Datenbank gingen in die erste Studie 209 Patienten (47 % Männer, im Mittel 52 Jahre) mit schlechter Prognose ein, von denen 26 % nur GK und 74 % GK plus CYC erhalten hatten. Outcomes waren alle bzw. schwere Rezidive, Tod nach 12 Monaten und GK-abhängiges Asthma und/oder HNO-Manifestationen nach 24 Monaten. Um auf potenzielle Confounder zu adjustierten, erfolgte eine Propensity-Score-Analyse. Danach war bei vergleichbarer Sicherheit das Risiko für alle Rezidive (Hazard Ratio, HR 0,24; p=0,007) und schwere Rezidive nach 12 Monaten (HR 0,24; p=0,026) sowie GK-abhängiges Asthma und/oder HNO-Manifestationen nach 24 Monaten (OR 0,30; p=0,003) unter GK plus CYC signifikant geringer – die Empfehlungen aus Leitlinien bestätigend. (3) Dasselbe gilt für die zweite Studie mit identischem Design, in die 250 Patienten (45 % Männer, im Mittel 52 Jahre) mit guter Prognose (41 % mit organbedrohenden Manifestationen) eingingen – 71 % hatten nur GK, 29 % GK plus CYC erhalten. Das Risiko für alle (HR 1,74; p=0,338) und schwere Rezidive nach 12 Monaten (HR 2,14; p=0,267) sowie GK-abhängiges Asthma und/oder HNO-Manifestationen nach 24 Monaten (OR 1,73; p=0,068) waren unter GK plus CYC gegenüber GK allein nicht signifikant verschieden, dies galt auch für die Subgruppe mit organbedrohenden Manifestationen. Auch in puncto Sicherheit bestanden keine relevanten Unterschiede. (4)

Mit Mepolizumab und Benralizumab sind zwei an Interleukin (IL)-5 ansetzende Biologika bei EGPA verfügbar, perspektivisch könnte, wenn IS einschließlich IL-5-(Rezeptor)-Inhibitoren versagen, der bei schwerem Asthma zugelassene TSLP-Inhibitor Tezepelumab interessant werden – eine Phase-IIb-Studie bei EGPA namens RACEMATE ist angelaufen. Jetzt stellte eine europäische Studiengruppe um Margot Poux, Paris (Frankreich), eine retrospektive, multizentrische Studie zu 10 aufgrund unkontrollierbarem Asthma mit Tezepelumab behandelten Patienten mit rezidivierender oder refraktärer EGPA vor (100 bzw. 60 % hatten Benralizumab bzw. Mepolizumab erhalten, 20 % den IL-4/13-Inhibitor Dupilumab). Nach median 6 Monaten erreichten 62,5 % von acht Teilnehmern ein vollständiges (BVAS =0, Prednison ≤4 mg/Tag) und weitere 12,5 % ein partielles Ansprechen (BVAS =0, Prednison >4 mg/Tag). Der mediane GK-Bedarf sank von 10 auf 0 mg/Tag, 50 % konnten Prednison stoppen. Es kam zu zwei Rezidiven, die Verträglichkeit war relativ gut. (5)                               

Quellen:
1   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 0823
2   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 0774
3   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1599
4   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1600
5   Arthritis Rheumatol 2024; 76 (Suppl 9): Abstr. 1595