Kurzarbeitergeld und Sparpotenziale

In Anbetracht wegfallender Einnahmen durch die Corona-Pandemie meldeten bis zum 6. April 2020 ca. 650.000 Unternehmen branchenübergreifend Kurzarbeit an, um in der Krisenzeit ihre Personalkosten zu reduzieren. Auch für die heilenden Berufe ist Kurzarbeit ein geeignetes Instrument zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen. Der Gesetzgeber hat den Zugang zur Kurzarbeit rückwirkend ab März 2020 vereinfacht.

Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Reduzierung der vertraglichen Regelarbeitszeit und dementsprechend auch des Gehaltsanspruchs des Arbeitnehmers, ohne diesem kündigen zu müssen. Die Arbeitszeit kann für einen Zeitraum von maximal zwölf Monaten bis „auf Null“ herabgesetzt werden. Zur Kompensation des Entgeltausfalls erhält der betreffende Arbeitnehmer das sogenannte Kurzarbeitergeld (KUG). Das KUG beträgt 60 % des ausfallenden pauschalisierten Nettoentgelts und erhöht sich auf 67 %, wenn mindestens ein Kind im Haushalt des Arbeitnehmers lebt. 

Für die Beantragung des KUG müssen bei mindestens zehn Prozent (bis Februar 2020 noch ein Drittel) der Arbeitnehmer zehn Prozent des monatlichen Entgelts ausfallen. Resturlaubsansprüche aus dem Vorjahr sowie Überstunden müssen vor der Kurzarbeit abgebaut werden. Das KUG ist nur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten vorbehalten, sodass geringfügig entlohnte Beschäftigte (sog. Minijobber) keinen Anspruch darauf haben. Auch arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer erhalten kein KUG, sondern beziehen während der Kurzarbeit Krankengeld, auch wenn noch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung innerhalb der ersten sechs Wochen besteht. 

Die Reduzierung der Arbeitszeit während der Krise sollte anhand der betrieblichen Erfordernisse angepasst werden. Weiterhin ist eine Zustimmung der betreffenden Arbeitnehmer erforderlich, wenn keine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung oder ein Betriebsrat bestehen. Mit Minijobbern sollte eine vertragliche Sonderregelung getroffen werden.

DAS PROZEDERE: Rheumatologe Dr. R erwartet für die Monate April und Mai einen nicht unerheblichen Rückgang an Einnahmen. Er beschäftigt zwei sozialversicherungspflichtige Helferinnen, A und B. Dr. R entschließt sich, im April und Mai die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Helferinnen mit deren schriftlicher Zustimmung zu halbieren.

Hat der Arbeitgeber seinen Personalbedarf für den voraussichtlichen Zeitraum der Kurzarbeit ermittelt, muss bis zum Ablauf des Monats, in dem die Kurzarbeit begonnen wird, eine Anzeige gemäß amtlichen Vordruck schriftlich an die zuständige Bundesagentur für Arbeit gesendet werden. Ohne die vorherige Anzeige der Kurzarbeit ist eine spätere Erstattung des KUG nicht möglich. 

Dr. R gibt in dem amtlichen Formular den Grund für die Kurzarbeit, die Verringerung der wöchentlichen Regelarbeitszeit, die Anzahl der betreffenden Arbeitnehmer und die voraussichtliche Dauer der Kurzarbeit an. Er sendet das Formular vor Beginn der Kurzarbeit zusammen mit der schriftlichen Einwilligung von A und B an die für ihn zuständige Agentur für Arbeit. Diese erlässt daraufhin einen Bescheid darüber, dass die Voraussetzung der Kurzarbeit erfüllt sind.

Das KUG ist vom Arbeitgeber zu berechnen und zusammen mit dem verringerten Entgelt an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Es errechnet sich auf Basis des ausgefallenen pauschalisierten Nettoentgelts unter Berücksichtigung der Steuerklasse und eines eventuell bestehenden Kinderfreibetrags des Arbeitnehmers. 

Helferin A erhielt vor der Kurzarbeit ein Bruttogehalt von 2.500 €, sie hat Steuerklasse 5 und mindestens einen halben Kinderfreibetrag. Helferin B erhielt ein Gehalt von 2.000 € und hat die Steuerklasse 1 ohne Kinderfreibetrag.

Das KUG ermittelt sich laut der Tabelle der Bundesagentur für Arbeit wie folgt (Tab. 1).

Neben dem KUG hat der Arbeitgeber auf ein fiktives Arbeitsentgelt die Sozialversicherungsbeiträge, also den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil, zu errechnen und an die zuständige Krankenkasse abzuführen. Das fiktive Arbeitsentgelt beträgt 80 % des ausgefallenen Brutto-Entgelts (Tab. 2).

Das verauslagte KUG sowie die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der Agentur für Arbeit erstattet (bis Februar 2020 musste der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge noch selbst tragen). Die Erstattung erfolgt unter Vorbehalt einer späteren Überprüfung der Berechnung des KUG sowie der Sozialversicherungsbeiträge. 

Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Ablauf des Monats zu stellen, für den das KUG beantragt wird!

Die Überprüfung des KUG erfolgt in der Regel innerhalb von sieben Monaten nach dessen Beantragung. Über die Entscheidung ergeht ein endgültiger Bescheid der Agentur für Arbeit.

Nachdem Dr. R das KUG zusammen mit dem Gehalt an seine Arbeitnehmer und die Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkasse gezahlt hat, stellt er den Antrag auf Erstattung der Beträge mit dem amtlichen Vordruck an seine Agentur für Arbeit. Diese erlässt einen vorläufigen Leistungsbescheid und erstattet die Beträge auf das Konto des Dr. R.

Der Arbeitgeber kann oder muss, wenn er tarifvertraglich dazu verpflichtet wäre, das Kurzarbeitergeld aufstocken. Der Zuschuss ist lohnsteuerpflichtig, jedoch beitragsfrei in der Sozialversicherung, wenn er zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des ausgefallenen Bruttoentgelts nicht übersteigt. Der Zuschuss kann höher sein als das KUG und zu einem höheren Nettoentgelt führen als vor Beginn der Kurzarbeit (Tab. 3). Macht der Arbeitgeber alles richtig, so wird er durch die Kurzarbeit wirtschaftlich nicht belastet. Lediglich der betreffende Arbeitnehmer büßt einen Teil seines Gehalts ein, erwirbt aber weiterhin seine sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche und kann nach der Kurzarbeit sein Arbeitsverhältnis zu den ursprünglichen Bedingungen wieder fortsetzen. 

Für den Arbeitnehmer ist weiterhin wichtig, dass er aufgrund des Bezuges von Kurzarbeitergeld als Entgeltersatzleistung verpflichtet ist, für das Kalenderjahr des Bezugs eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Das Kurzarbeitergeld ist zwar steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt und führt somit regelmäßig zu Steuernachzahlungen.

Weitere Maßnahmen zum Liquiditätserhalt in der Corona-Krise

MIET- UND PACHTZAHLUNGEN: Unternehmen wie Adidas oder Galeria Karstadt Kaufhof haben bereits angekündigt, die Zahlungen der Geschäftsmiete während der Corona-Krise auszusetzen. Möglich macht dies ein neues Gesetz, welches seit dem 1. April 2020 in Kraft ist. So kann dem Mieter oder Pächter für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 nicht wegen ausgefallener Mietzahlung gekündigt werden, sofern er glaubhaft macht, dass die Nichtleistung aufgrund der Corona-Krise erfolgt. Die Miete bleibt gleichwohl fällig und es können auch Verzugszinsen entstehen. Die Mietschulden aus diesem Zeitraum müssen bis spätestens 30. Juni 2022 gezahlt werden. Die Regelung gilt sowohl für Geschäftsraummiete als auch für Wohnraummiete.

ZAHLUNGEN ZUR GRUNDVERSORGUNG: Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten und einem Jahresumsatz bis zu 2 Mio. € haben für Verträge der Grundversorgung (u. a. Strom, Gas, Wasser, Telefon) ein Leistungsverweigerungsrecht bis zum 30. Juni 2020. So können diese Zahlungen bis zu dem Termin aufgeschoben werden, sofern der Vertrag vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde. Die Zahlungen müssen dann aber nachgeholt werden.

RATEN ZU VERBRAUCHERDARLEHENSVERTRÄGEN: Die Zins- und Tilgungsleistungen zu Verbraucherdarlehensverträgen werden in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2020 gestundet. Voraussetzung ist, dass der Verbraucher durch die Corona-Krise Einnahmeausfälle erleidet. Die Darlehensverträge müssen vor dem 15. März 2020 geschlossen worden sein. Für betriebliche Darlehen gilt die Regelung nicht. Betroffene Unternehmer müssen selbst auf den Kreditgeber zugehen und eine Stundung der Raten vereinbaren. Ein Anspruch darauf besteht jedoch nicht.             

Marius Schmitt-Homann
Steuerberater, Fachberater für internationales Steuerrecht 
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