Neue Erkenntnisse zur Pathogenese und Immunologie erörterte Prof. Müller-Ladner. In den Fokus gerät hier zunehmend das Metabolom, so zeigte ein spezifisches metabolisches und lipidomisches Profil (auf Basis der Konzentrationen von Acetat, Kreatin, Glycin und Formiat sowie des Lipidverhältnisses L1:L6) bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) oder axialer Spondyloarthritis (SpA) eine hohe Sensitivität und Spezifität für die Detektion eines bisher unbekannten Malignoms. Weitere Daten bleiben abzuwarten, aber angesichts der relativ einfachen Messung dieser Marker wäre dieses Verfahren für die Tumorvorhersage bei Rheumapatienten sehr hilfreich.
Rheumatoide Arthritis
Diagnostik und Komorbiditäten bei RA besprach Prof. Dr. Klaus Krüger, München. In aller Munde ist weiter das Stadium der klinisch suspekten Arthralgie (CSA) mit ACPA-Positivität als wichtigem prädiktiven Faktor für die Entwicklung einer RA. Hilfreich kann die Angabe anamnestischer Schwellungen (möglichst fotodokumentiert) sein. Sonografisch ist der Nachweis einer Synovitis prädiktiv, noch aussagekräftiger ist die MRT (Tenosynovitis, Osteitis). Bei anhaltender Fatigue – siehe die neuen EULAR-Empfehlungen (1) – sind ein regemäßiges Assessment, kontinuierliche Bewegungstherapie und Erlernen von Bewältigungsstrategien essenziell. Künftig mehr Aufmerksamkeit ist der Frailty zu schenken, die die Therapie erschwert und mit multiplen Risiken (z. B. Stürze/Frakturen, Infektionen und Hospitalisierungen) verbunden ist. Mit einer „difficult-to-treat“ (D2T)-RA ist in 10-20 % der Fälle zu rechnen, ein Sechstel davon ist polyrefraktär. Das Kollektiv ist heterogen, es besteht eine partielle Assoziation mit hoher Krankheitsaktivität, Rauchen, jüngerem Alter und Komorbiditäten – in ca. 40 % ist nicht die Entzündungsaktivität, sondern eine Schmerzproblematik das Hauptproblem. In Bezug auf kardiovaskuläre (CV) Manifestationen ist auch das Risiko für Vorhofflimmern und in der Folge Schlaganfälle erhöht. Ausgerechnet solchen Patienten werden Antikoagulanzien eher zögerlich verordnet. Die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) ist eine Frühmanifestation: Bei RA-Diagnose sind daher Anamnese, Auskultation und Risikoevaluation sowie – bei hohem ILD-Risiko (seropositiv, hohe Krankheitsaktivität, Rauchen, höheres Alter, männlich) – auch ohne Symptome die Bestimmung der Lungenfunktion und ein HRCT zwingend. Hilfreich sind die EULAR Points to consider zu Malignomen (2): Nach Abschluss der Tumortherapie sollte eine aktive RA sofort mit DMARDs behandelt werden, nach soliden Tumoren sind TNF-Inhibitoren(i) und IL-6-Ri erste Wahl, nach hämatologischen Malignomen Rituximab. Abatacept und JAKi sollten nur bei fehlenden Alternativen zum Einsatz kommen. Bei noch laufender Tumortherapie und DMARD-Bedarf ist ein onkologisch-rheumatologisches Konsil erforderlich.
Mit der RA-Therapie befasste sich Prof. Dr. Rubbert-Roth. Mit APPIPRA und ARIAA zeigten zwei klinische Studien, dass (bei ACPA+-Risikopersonen) eine zeitlich limitierte Frühintervention mit Abatacept das Risiko für die Entwicklung einer RA reduzieren kann – für die Praxis ist dies (zu kurzes Follow-up) aber eher noch keine Option. Diesbezüglich vorteilhafte Daten aus TREAT-EARLIER gibt es bei ACPA-negativen Risikopersonen zu MTX (über 4 Jahre), jedoch müsste die Zielgruppe noch besser definiert werden. Bei MTX sollte auf ausreichende Vitamin D-Spiegel geachtet werden, ein Mehr an Folsäure führt nicht zu einer besseren Verträglichkeit. Die Reduktion bzw. Beendigung einer csDMARD-Therapie in Remission geht mit einem erhöhten Schubrisiko und radiologischer Progression einher. Klassische NSAR, nicht aber Coxibe wirken eher protektiv gegen Lungenembolien. Positiv ist, dass Glukokortikoide (GK) auch nach jahrelanger Einnahme noch gestoppt werden können, eine Hydrocortison-Substitution ist nicht zwingend erforderlich. Negativ ist, dass sich vor allem bei hoher kumulativer und langer GK-Exposition das Risiko für CV-Ereignisse und Infektionen erst mit Verzögerung (oder, wenn GK für >2 Jahre, gar nicht mehr) normalisiert. Bei den Biologika zeigte sich, dass Fc-haltige monoklonale Antikörper gegen TNF (also z. B. Adalimumab oder Infliximab) gegenüber Certolizumab ein schlechteres Ansprechen bei RA-Patienten mit sehr hohem RF-Spiegel haben. Ein proaktives therapeutisches Drug Monitoring brachte in der NOR-DRUM-Studie zu Infliximab eine bessere Effektivität und Sicherheit, auch kann es eine Taperingstrategie optimieren (ist aber nicht erstattungsfähig!). Nach dem Versagen auf ≥2 bDMARDs war ein Wechsel auf JAKi effektiver als der Switch auf IL-6Ri.
Für Aufsehen sorgte die schlechte Versorgung von RA-Patienten mit erhöhtem CV-Risiko mit Statinen in der ORAL Surveillance-Studie – waren diese adäquat eingestellt, war unter JAKi (Tofacitinib) kein höheres CV-Risiko gegenüber TNFi erkennbar. Auch in puncto Malignitäten halten die Diskussionen rund um diese Studie an, da TNFi offenbar eher protektiv wirken und JAKi somit nur in Relation zu diesen das Risiko erhöhen würden – weitere Langzeitdaten bleiben abzuwarten. Protektiv scheinen JAKi (nicht nur bei RA) gegen eine altersbedingte Makuladegeneration zu wirken. Baldige Neuzulassungen bei RA sind weiter nicht in Sicht, bei polyrefraktärer D2T-RA bieten jetzt jedoch BiTE-Antikörper wie Blinatumomab eine effektive Alternative – auch eine CD19 CAR-T-Zelltherapie (als Ultima Ratio) wurde inzwischen erfolgreich bei RA erprobt.
Spondyloarthritiden
Bei Patienten mit axSpA sollte laut Prof. Dr. Uta Kiltz, Herne/Bochum, bei gastrointestinalen Beschwerden auch an ein Reizdarmsyndrom gedacht werden. Seitens der ASAS wurde ein sequenzielles MRT-Protokoll für Sakroiliakalgelenke (SIG) definiert: 1. T1-gewichtetes Echo (TR 530 ms, TE 12 ms, 3 mm dick), 2. semicoronales T2-gewichtetes Spin-Echo mit Fettunterdrückung (TR 5.940 ms, TE 88 ms, 3 mm dick), 3. semicoronales T1-gewichtetes Gradienten-Echo (VIBE) mit Fettunterdrückung (TR 4,04 ms, TE 1,57 ms, 1 mm dick) und 4. axiales T2-gewichtetes Spinecho-Dixon-Bild (TR 4.360 ms, TE 93 ms, 4 mm dick). (3) Auch wurden zur Sicherung der axSpA-Diagnose klinische und radiologische Informationen bei der Bildanforderungen festgelegt. (4) Im Hinblick auf die Therapie scheinen NSAR die Fertilität zu beeinträchtigen und in hoher Dosierung das CV-Risiko zu steigern. Bei nr-axSpA ist bei Patienten mit objektivem Entzündungsnachweis (CRP+, MRT+) mit einem besonders guten Therapieansprechen zu rechnen, aber auch 1/3 der doppelt negativen Patienten profitieren. TNFi und IL-17Ai verlangsamen in ähnlichem Maße die Röntgenprogression – dies ergab die Head-to-head (H2H)-Studie SURPASS zum Vergleich von Secukinumab und Adalimumab bei r-axSpA. In beiden Indikationen (r-/nr-axSpA) liegen aus BE MOBILE-1/-2 inzwischen positive 52-Wochen-Daten zu dem dualen IL-17A/Fi Bimekizumab vor mit einem ASAS40-Ansprechen von 50-68 %, auch Sicherheit und Verträglichkeit waren gut.
Eine subklinische PsA ist im Vergleich zur Psoriasis ohne Arthralgie mit einem drastisch erhöhten PsA-Risiko assoziiert, nach einem bzw. drei Jahren entwickelten ca. 10 bzw. 23 % solcher Patienten eine PsA (meist Oligoarthritis) mit bei knapp 60 % einer Entzündung kurz vor Diagnosestellung. Bei früher oligoartikulärer PsA recht gut wirksam ist Apremilast, wie die FOREMOST-Studie zeigte. Auch bei TNFi-erfahrenen PsA-Patienten wies Bimekizumab nach 52 Wochen ein gutes Ansprechen auf, so erreichten 52 % einen ACR50, 66 % einen PASI 100 und beachtliche 47 % eine minimale Krankheitsaktivität (MDA). Die Sicherheit und Verträglichkeit waren auch in der Langzeitbeobachtung relativ gut. Nächster Aspirant für eine Zulassung dürfte der von der Psoriasis bekannte orale TYK2i Deucravacitinib sein, weitere Daten dürften beim EULAR 2025 in Barcelona präsentiert werden. Dass durchaus auch bei PsA noch Verbesserungsbedarf besteht, belegen deutsche Versorgungsdaten, die für b/tsDMARDs weitgehend unabhängig vom Therapieprinzip 5-Jahres-Retentionsraten <60 % belegen. Generell verkomplizierend ist eine begleitende Fibromyalgie, mit der bei >10 % der Patienten zu rechnen und die mit einer höheren Krankheitsaktivität und -last assoziiert ist.
Infektionen und COVID-19
Über Infektionen referierte Prof. Dr. Christian Kneitz, Schwerin. Er erinnerte daran, dass bei Riesenzellarteriitis (RZA) und ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) GK ganz beträchtlich das Infektionsrisiko steigern, eine bei AAV auftretende ILD verschärft das Problem noch. Auch Frailty ist bei AAV ein wesentlicher Risikofaktor für die durch Infektionen bedingte Mortalität. Bei RA wiederum ist eine Helicobacter pylori-Gastritis ein Trigger für Schübe – ob eine Eradikation erwogen werden sollte, bleibt zu klären. Bei opportunistischen Infektionen verlaufen Candida-Infektionen unter IL-17i meist unkompliziert, sind aber auch nicht selten – als neuen Erreger sollte man Candida auris im Auge behalten. Bei latenter Tuberkulose stellt sich die Frage einer Tb-Prophylaxe auch bei geringem Risiko einer Reaktivierung – unter JAKi ist dieses Risiko niedriger als unter bDMARDs (v. a. TNFi), IL-6Ri könnten sogar protektiv wirken. Auch bei einer PsA gilt es, die Reaktivierung einer Hepatitis B unter Immunsuppression (IL-17i, IL-23i und JAKi mit vergleichbarem Risiko) zu beachten. Vor allem bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) sollte an die HPV-Impfung gedacht werden. Bei Herpes Zoster gilt weiter, dass die Impfungen möglichst vor einer JAKi-Therapie erfolgen sollten.
Immer noch ein Thema ist COVID-19: Generell gilt, dass bei geimpften Patienten mit weniger Autoimmunität und weniger schweren Schüben im Vergleich zur Infektion zu rechnen ist – auch das Post-/Long-COVID-Risiko verringert sich. Eine Präexpositionsprophylaxe erscheint nur noch bedingt sinnvoll in Bezug auf Evusheld, der Stellenwert von Sipavibart bei neueren SARS-CoV-2-Varianten ist fraglich. Inzwischen sollte im Kontext einer Impfung die Therapie eher nicht mehr (oder wenn, dann nur kurz) pausiert werden. Insgesamt wurde betont, dass bei Rheumapatienten trotz einschlägiger Empfehlungen fast durchweg zu wenig geimpft wird – es besteht noch dringender Optimierungsbedarf.
Osteologie und physikalische Medizin
Mit Themen rund um die Osteologie befasste sich Dr. Philipp Klemm, Bad Nauheim. Eine Calciumpyrophosphat-Arthropathie (CPPD) ist nicht nur häufig und schmerzhaft, sondern auch mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert. Somit sollte stets eine Basisdiagnostik erwogen (bei Patienten >70 Jahre wird diese ohnehin in der DVO-Osteoporose-Leitlinie empfohlen) und das Frakturrisiko bei der Therapiewahl bedacht werden. Bei Osteoporose sind DXA-Veränderungen der BMD an der Hüfte bereits nach 12 Monaten aussagekräftig, was bei Therapien mit kurzem Intervall (z. B. Romosozumab) relevant ist. Für Zoledronat wurde eine Frakturreduktion (und Erhalt der Knochendichte) über 1,5-3,5 Jahre nach der letzten Infusion belegt. Eine Kombinationstherapie (z. B. Romosozumab plus Denosumab) bringt wenig Zusatznutzen, wichtig ist das Prinzip „osteoanabol first“, d. h. eine Abfolge erst Romosozumab, gefolgt von Denosumab, ist optimal. Frakturen unter Romosozumab sind zudem kein Anlass für einen Therapiewechsel. Nach einer osteoanabolen Therapie scheint Denosumab im Vergleich zu oralen Bisphosphonaten Vorteile zu haben. Nicht zugelassen ist Romosozumab bei GK-induzierter Osteoporose (GIOP), jedoch scheint es dort besonders effektiv und auch Denosumab überlegen zu sein – wieder gilt: osteoanabol first!
Was die physikalische Medizin anbelangt, so nutzt ein Krafttraining zur Knochengesundheit auch über 80-jährigen Patienten und solchen mit Dialysepflicht, auch als quasi gleichwertige Alternative zu oralen Bisphosphonaten (z. B. Risedronat) ist es durchaus eine Option.
Hot topic: Kristallarthropathien
Die deutsche S3-Leitlinie zur Gicht wurde beim DGRh-Kongress 2024 präsentiert und wird in Kürze publiziert (5), so PD Dr. Anne-Kathrin Tausche, Dresden. Trotz des klaren Dissens mit der DEGAM ist aus rheumatologischer Sicht das Treat-to-target (T2T)-Konzept mit dem Ziel eines Serum-Harnsäurespiegels <6 mg/dl gesetzt (bei tophöser Gicht besser <5 mg/dl) – Cave: Harnsäure nicht im Anfall bestimmen, auch an CRP denken. Denn ein Gichtanfall ist keineswegs harmlos, da in den ersten 120 Tagen das CV-Risiko deutlich erhöht ist.
Die Therapie des akuten Gichtanfalls sollte primär an Komorbiditäten ausgerichtet werden (z. B. bei schwerer Niereninsuffizienz Colchicin und NSAR vermeiden, bei CV-Vorerkrankung NSAR). Als Reserveoption ist der IL-1bi Canakinumab verfügbar, ggf. auch Anakinra. Ähnliches gilt für die Harnsäuresenkung (bis zu Monat 6 Colchicin- oder NSAR-gestützt) mit Allopurinol (bei Niereninsuffizienz moderat dosieren) oder Febuxostat (Cave: ggf. CV-Risiko, obwohl dies eher zweifelhaft erscheint). Bei Bedarf kann, so verfügbar, mit Benzbromaron bzw. Probenecid kombiniert werden – neue Alternativen werden derzeit in Studien geprüft. Bei Komorbiditäten ist an eine Begleittherapie zu denken, bei Hypertonie an eine optimierte Blutdruckeinstellung inklusive Losartan, bei Hyperlipidämie an ein Statin und bei Typ-2-Diabetes, Herz- bzw. Niereninsuffizienz an SGLTi.
Bei der CPPD mit ihrem breiten Manifestationsspektrum (asymptomatisch, Arthrose mit CPPD, akute bzw. chronische CPPD-Arthritis, Crowned-Dens-Syndrom [6]) gibt es seit 2023 erstmals Klassifikationskriterien (7), die faktisch auch diagnostisch (Ausschlussdiagnose; z. B. auch an eine Hypophosphatasie denken) genutzt werden – auch eine Überlappung mit Gicht oder RA ist möglich. Der Kristallnachweis ist schwieriger als bei Gicht, bildgebend ist ein Pseudo(doppelkontur)-Zeichen charakteristisch. Kausale Therapien fehlen bislang, meist werden wie auch bei Gicht NSAR (bzw. Coxibe), Colchicin (auch prophylaktisch) oder GK eingesetzt, mögliche (off-label)-Alternativen sind Hydroxychloroquin (HCQ), MTX, IL-6i oder IL-1bi (derzeit in klinischen Studien) oder potenziell auch TNFi.
Hot topic: Schwangerschaft
Das zweite Hot topic, Schwangerschaft, besprach PD Dr. Rebecca Fischer-Betz, Düsseldorf. Ein Vergleich der rezenten PreCARA- mit der früheren PARA-Kohorte ergab, dass eine T2T-Strategie während der Perinatalperiode erfolgreich eingesetzt werden kann, um eine gute Krankheitskontrolle aufrechtzuerhalten. Noch unklar sind die Folgen einer häufigeren oder längeren Prednison-Anwendung (auch <7,5 mg/Tag) nach dem Absetzen von TNFi. Letztere sind bei Frauen mit gut kontrollierter RA mit einem höheren Geburtsgewicht assoziiert und könnten eine Option zur Prävention bzw. Therapie intrauteriner Wachstumsstörungen sein. Frauen mit RA haben ein doppelt so hohes Risiko für Frühgeburt und „small for gestational age“ (SGA), noch höher ist dieses therapieunabhängig bei hoher Krankheitsaktivität (dann 3-4-faches Risiko) – zudem sind GK mit Frühgeburten assoziiert. Unklarer ist die Lage von Schwangeren mit axSpA, jedoch scheinen sich die Outcomes im Lauf der Zeit (parallel zu häufigerem TNFi-Gebrauch?) verbessert zu haben. Bei Betreuung in spezialisierten Zentren lagen Komplikationen auf einem Niveau wie bei gesunden Frauen. Bei SLE und vor allem bei Lupusnephritis (LN) schützt eine Remission vor Konzeption vor LN- und SLE-Schüben. Auch das Risiko spontaner Frühgeburten ist bei SLE erhöht. Die SLE-Aktivität ist ein Risikofaktor für Präeklampsie, HCQ wirkt gegen beides protektiv und scheint im 1. Trimester entgegen anderslautenden Meldungen nicht mit Fehlbildungen assoziiert zu sein.
Die EULAR Points to consider für den Einsatz von Antirheumatika bei Reproduktion, Schwangerschaft und Stillzeit aus 2016 weichen in Kürze „echten“ EULAR-Empfehlungen, die erstmals auf dem EULAR 2024 präsentiert wurden. (8) Demnach können jetzt alle TNFi während der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Nicht-TNFi-bDMARDs können bei Bedarf zur Krankheitskontrolle eingesetzt werden, so Abatacept, Anakinra, Belimumab, Canakinumab, Ixekizumab, Rituximab, Sarilumab, Secukinumab, Tocilizumab und Ustekinumab. Da für Anifrolumab, Eculizumab, Guselkumab, Mepoilizumab und Risankizumab keine oder nur begrenzte Daten vorliegen, sollten diese nur bei Ausfall der anderen Optionen erwogen werden. Die Verabreichung abgeschwächter Lebendimpfstoffe in den ersten 6 Monaten nach Entbindung hängt vom Zeitpunkt der Exposition der Mutter gegenüber bDMARDs während der Schwangerschaft, der transplazentaren Passage des bDMARDs und Art des Impfstoffs ab. Nach einer aktuellen Studie (und laut neuer Leitlinie) möglich ist eine Rotavirus-Impfung bei Säuglingen, die pränatal TNFi ausgesetzt waren.
Systemischer Lupus erythematodes
Ein Update zum SLE vermittelte Prof. Dr. Christof Specker, Essen. Noch ein klein wenig warten muss man auf die auf dem DGRh 2024 in ihren Grundzügen vorgestellte deutsche SLE (und LN)-Leitlinie, die im Wesentlichen auf den EULAR-Empfehlungen aufbaut. Eine Metaanalyse suggerierte ein scheinbar „erhöhtes“ SLE-Risiko für die HBV- und HPV-Impfung, das jedoch primär durch die Aufnahme von Studien diskreditierter Autoren zustande kam und daher ignoriert werden sollte – Impfungen (auch diese) gehören bei SLE zu den wichtigsten Maßnahmen! Neu ist die noch unveröffentlichte ACR-Leitlinie zur LN, die sich aber nur unwesentlich von jener der EULAR unterscheidet. Die deutlichste Abweichung ist in der hier untergeordneten Bedeutung von Cyclophosphamid (CYC) zu sehen, das nur noch in Form des niedrig-dosierten Euro-Lupus-Protokolls als „Alternative“ zur Mycophenolat Mofetil (MMF)-Standardtherapie vorgesehen ist und nicht mehr als Hochdosistherapie nach NIH-Protokoll.
Die größte Neuigkeit zur LN ist die aktuelle Publikation der Phase-III REGENCY-Studie zu dem Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab, der on top von MMF und GK bei recht gutem Sicherheitsprofil nach 76 Wochen in 46,4 % der Fälle (vs. 33 % unter Placebo) zu einer renalen Vollremission führte – von einer künftigen Zulassung ist auszugehen. Letzteres dürfte auch für das gegen CD40-Ligand(L) gerichtete Dapirolizumab pegol gelten, das in der Phase-III-Studie PHOENYCS GO zusätzlich zur Standardtherapie nach 48 Wochen Vorteile im BICLA- und SRI-4-Ansprechen hatte (49,5 vs. 34,6 % bzw. 60,1 vs. 41,1 %) (Abb. 1).
Einen Schwerpunkt bildeten natürlich die CAR-T-Zelltherapie und BiTE-Antikörper: Es wird deutlich, dass CAR-T-Zellen eben nicht gleich CAR-T-Zellen sind. Neben unterschiedlichen Konstrukten für die CAR-Expression ist die Adressierung unterschiedlicher Antigene (z. B. nicht nur CD19, sondern auch BCMA) von Bedeutung. Auch der Einsatz bi-spezifischer bzw. Compound (c)CAR-T-Zellen – wie sie in der Hämatologie bereits zum Einsatz kommen – könnte zusätzliche Therapieoptionen oder -intensitäten ermöglichen. Allogene CAR-T-Zellen böten die Aussicht auf geringere Therapiekosten und eine einfachere Verfügbarkeit. Nicht zuletzt bleibt abzuwarten, inwieweit BiTE-Antikörper wie Blinatumomab oder Teclistamab eine ähnliche Potenz bei deutlich einfacherer Herstellung und Anwendung bieten. Noch in den Kinderschuhen steckt ein Verfahren zur exklusiven Elimination antigenspezifischer autoreaktiver B-Zellen (spezifische CAR-T-Zellen, ggf. auch BiTEs), was das potenzielle Risiko für Nebenwirkungen natürlich enorm verringern würde.
Sjögren, Myositis und systemische Sklerose
Die Kollagenosen jenseits des SLE besprach Prof. Dr. Gabriela Riemekasten, Lübeck. In der Diagnostik der Sjögren-Erkrankung wird die Lippendrüsenbiopsie durch die Chalazion-Zange vereinfacht (kürzere Prozedur, weniger Blutungen und Schmerzen sowie bessere Heilung). Eine ILD ist bei Sjögren zwar selten (ca. 6 %), aber möglich – Prädiktoren sind hohes Alter, lange Erkrankung, männliches Geschlecht, eine hohe Lymphozyten/Neutrophilen-Ratio und hohes CRP/ESR. An potenziell neuen Therapien sind neben dem in Phase-III befindlichen BAFF-Ri Ianalumab (NEPTUNUS-1/-2) die erfolgreich in Phase-II getesteten, gegen CD40 bzw. CD40L gerichteten Antikörper Iscalimab und Dazodalibep (Phase-III-Studie gestartet) sowie der FcRn-Blocker Nipocalimab (Abb. 2) aussichtsreich.
Bei der Myositis sind – wie ein aktuelles Review verdeutlicht (9) – Autoantikörper entscheidend für Prognose und Therapieansprechen, erst kürzlich auf dem ACR präsentiert wurden Klassifikationskriterien für das Antisyntethase-Syndrom (ASS) mit großem Einfluss der serologischen Domäne (Jo-1/Non-Jo-1). Auch für die Prädiktion von Tumorrisiko und Überleben sind sie wichtig: Ein bei Diagnose erstelltes Risikoprofil (Alter 40-60: +1, ≥60: +3, Dermatomyositis [DM]: +2, Rauchen: +3, Anti-Mi2: -4, Anti-TIF1g: +6) zeigte bei einem Score ≤5 ein geringes, bei 5-8 (Hazard Ratio, HR 9,1) und >8 (HR 22) eine stark bis drastisch erhöhte Mortalität an. Bei Myositis-ILD zeigte Low-dose-CYC keinen Vorteil. Bei einer HMGCR+-nekrotisierenden Myopathie empfiehlt sich eine frühe IVIG-Gabe, auch Rituximab sollte (generell bei Myositis) eher früh eingesetzt werden, beim ASS am besten kombiniert mit MMF. Bei Anti-MDA5+-DM (und ILD) steigt der Stellenwert von JAKi (Tofacitinib). Formal gescheitert (zu geringe Fallzahlen) in RCTs sind Belimumab bei DM und Abatacept - beide waren dennoch effektiv, letzteres vor allem bei Nicht-DM. Ein Wechsel auf die Zukunft könnte der BAFF/APRILi Telitacicept sein.
Bei systemischer Sklerose (SSc) ist jenseits der ILD gerade auch bei Krankheitsbeginn auf Arrhythmien zu achten. Für die SSc-ILD zeigten sich positive Effekte einer Refluxtherapie, am stärksten bei Kombination von PPI und H2-Blockern. Binnen kurzer Zeit publiziert wurden neue SSc-Leitlinien mit nur geringen Differenzen zwischen der britischen und jener der EULAR. (10, 11) Bei SSc-ILD werden früh Kombinationen empfohlen (mit MMF und/oder Rituximab und/oder CYC), sowie Nintedanib; bei früh-entzündlichem Subtyp ist auch Tocilizumab zu erwägen. Wichtigster Punkt der ACR-Leitlinie zu ILD ist, dass bei SSc-ILD keinesfalls GK eingesetzt werden sollten. (12) In der Kapillarmikroskopie weisen avaskuläre Felder auf ein erhöhtes CV- und Mortalitätsrisiko hin, MMF scheint vaskuläre Komplikationen bei SSc zu verringern. Bei digitalen Ulzera gibt es Hinweise auf eine gute Wirksamkeit einer niedrigenergetischen Stoßwellentherapie sowie von thrombozytenreichem Plasma. In Anbetracht der hohen Mortalität der autologen Stammzelltransplantation dürfte diese mehr und mehr von der CAR-T-Zelltherapie abgelöst werden – die bisherigen (noch geringen) Erfahrungen sind positiv.
Seltene Erkrankungen
Zu den seltenen Erkrankungen referierte Prof. Dr. Bernhard Manger, Erlangen, und bot einen spannenden Überblick über die Sarkoidose und ihre Manifestationen sowie die überaus vielgestaltige Pannikulitis mit dem Erythema nodosum als häufigstem Subtyp. Aufgrund der neuen Entwicklungen am interessantesten waren aber die IgG4-assoziierten Erkrankungen (IgG4-RD). Obwohl eine neue Entität, tritt sie vergleichbar oft auf wie etwa die SSc (Inzidenz 0,8-1,4/100.000, Prävalenz 5,3/100.000) und birgt – ähnlich wie der SLE – eine ca. 2,5-fach erhöhte Gesamtmortalität. Das Risiko steigt mit dem Alter, Männer sind öfter betroffen. Noch strittig ist, ob – wie kürzlich aufgrund einer Beteiligung der Koronararterien vorgeschlagen – die IgG4-RD als Vaskulitis zu betrachten ist.
Medikamentös lässt sich die Erkrankung meist mit GK und bei Bedarf Rituximab beherrschen, alternative Immunsuppressiva sind MTX, Leflunomid, MMF oder Azathioprin. Ein Absetzen der GK ist bei Fortführung der Immunsuppressiva möglich, Risikofaktoren für ein Rezidiv sind hohes Serum-IgG4, hohe Eosinophilenzahlen und eine Beteiligung der Submandibulardrüsen. Dass jenseits von Rituximab auch andere Anti-B-Zelltherapien effektiv sind, ist nicht überraschend – mit dem Anti-CD19-Antikörper Inebilizumab, der in der Phase-III-Studie MITIGATE eine drastische Reduktion von Schüben gestattete (Abb. 3), dürfte bald das erste zugelassene bDMARD in dieser Indikation verfügbar sein, an dem als einziger in-label-Option auch kein Weg vorbeiführen wird.
Vaskulitiden
Über die Großgefäßvaskulitiden sprach Prof. Dr. Jens Thiel, Graz (Österreich). In Bezug auf die Pathogenese wird immer deutlicher, dass somatische Mutationen eine Rolle spielen. Bei der RZA ist gehäuft eine klonale Hämatopoese feststellbar, die mit Alter und Vaskulitis assoziiert ist, zu Entzündung und Zellalterung führt und womöglich prädiktiv für Rezidive und ischämische Augenbeteiligung ist. Bei Polymyalgia rheumatica (PMR) ist eine subklinische RZA nicht selten und geht mit einem erhöhten Rezidivrisiko einher. Deren Nachweis mittels Ultraschall (US) erscheint in die klinische Praxis integrierbar. Im US ist die Veränderung des OGUS-Scores ein potenzieller Indikator für das Rezidivrisiko bei RZA, hilfreich ist dieser aber nur in den Händen von geschultem Expertenpersonal.
Immer noch nicht definiert ist das optimale GK-Reduktionsschema bei mit Tocilizumab behandelter RZA. Ultrakurze GK-Reduktionsansätze in Kombination mit Tocilizumab – wie in der GUSTO- und TOPAZIO-Studie geprüft – sind interessant, aber für die Praxis derzeit (noch) nicht zu empfehlen. Bei Tocilizumab ermöglicht eine Dosisreduktion im Vergleich zum abrupten Absetzen zwar eine geringere Rezidivhäufigkeit, nach komplettem Ausschleichen resultierten aber beide Ansätze in <50 % der Fälle in einem Schub. Als Alternative wird derzeit in Phase-III Secukinumab geprüft, bereits vor der Zulassung steht Upadacitinib (15 mg/Tag), nachdem es in der Phase-III SELECT-GCA-Studie den primären sowie die meisten sekundäre Endpunkte erreicht hat und zu einer GK-Einsparung führte (Abb. 4) – der künftige Stellenwert bleibt abzuwarten. Bei der PMR war (entgegen früheren Daten) in einer RCT (PMR-MODE) MTX zur GK-Einsparung und Remissionsinduktion relativ ineffektiv, hier sollte dem in dieser Indikation auf Basis der Phase-III-Studie SAPHYR zugelassenen Sarilumab Vorrang gegeben werden – so sieht es auch das Update der zur Publikation anstehenden deutschen S2e-Leitlinie vor.
Zu den AAV wurde erstmals eine umfassende deutsche S3-Leitlinie vorgelegt, die neben GPA/MPA auch gesondert die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) adressiert und deren Empfehlungen laut Prof. Dr. Bernhard Hellmich, Kirchheim/Teck, im Wesentlichen jenen der EULAR entsprechen. (13, 14) Kurz erwähnt sei die neue KDIGO-Praxisleitlinie, die sich oft mit DGRh und EULAR deckt, mit aber einigen Abweichungen aus „nephrologischer Brille“. (15) Potenziell interessant ist der praxisnahe ANCA Kidney Risk Score (AKRiS), der Aussagen zur Prognose zulässt. Die Anzahl der CD4+-Zellen im Urin ist prädiktiv für ein renales Rezidiv und könnte perspektivisch als nicht-invasiver Biomarker fungieren.
In der Remissionsinduktion bei GPA/MPA kommt es trotz dosisreduzierter GK-Protokolle bei 90 % zu GK-Toxizität, vor allem (in den ersten 6 Monaten) zu metabolischen Komplikationen und Infektionen. Etwas vermindern lässt sich das Risiko durch Avacopan, dies wird in der Praxis aber noch nicht konsequent genutzt (oft trotzdem hohe GK-Dosis). Standardtherapie in der Remissionserhaltung ist Rituximab (500 mg alle 6 Monate) für ≥3-4 Jahre, bei höherem Risiko (v. a. früheres Rezidiv, PR3-ANCA+) auch länger, ein Ausschleichen von Prednisolon ist meist möglich. Rituximab „on demand“ direkt nach Remissionsinduktion führt zu mehr Rezidiven, nach >2-jähriger stabiler Remission ist es individuell vertretbar. Bei schwerer EGPA gibt es erstmals „moderate“ Evidenz für die Überlegenheit von CYC plus GK gegenüber einer GK-Monotherapie in der Remissionsinduktion. Noch unklar ist bei schwerer EGPA der Stellenwert der IL-5-Hemmung mit Mepolizumab oder – nach dessen Zulassung auf Basis der Phase-III MANDARA-Studie – Benralizumab. Bei rezidivierender bzw. refraktärer EGPA verbessern beide IL-5i die Krankheitskontrolle bei klinisch relevanter Reduktion der GK-Exposition – neue Sicherheitssignale gibt es nicht, auch scheint eine Langzeitwirksamkeit gegeben.
Quelle: 20. Rheumatologie-Update-Seminar, Mainz/Livestream, 14./15. März 2025
Ausgewählte Literatur: 1 Dures E et al., Ann Rheum Dis 2024; 83(10): 1260-1267 | 2 Sebbag E et al., Ann Rheum Dis 2024; doi: 10.1136/ard-2024-225982 | 3 Lambert RGW et al., Ann Rheum Dis 2024; 83(12): 1628-1635 | 4 Diekhoff T et al., Ann Rheum Dis 2024; 83(12): 1636-1643 | 5 register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-005 |6 Pascart T et al., Lancet Rheumatol 2024; 6(11): e791-e804 | 7 Abhishek A et al., Ann Rheum Dis 2023; 82(10): 1248-1257 | 8 Förger F et al., Ann Rheum Dis 2024; 83(Suppl1): 2075-2076 | 9 Allameen NA et al., Nat Rev Rheumatol 2025; 21(1): 46-62 | 10 Denton CP et al., Rheumatology 2024; 63(11) :2956-2975 | 11 Del Galdo F et al., Ann Rheum Dis 2024; doi: 10.1136/ard-2024-226430 | 12 Johnson SR et al., Arthritis Rheumatol 2024; 76(8): 1201-1213 | 13 register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-012 | 14 Hellmich B et al., Ann Rheum Dis 2024; 83(1): 30-47 | 15 Floege J et al., Kidney Int 2024;105: 447-449