Zunächst zu den „Übergeordneten Prinzipien“: A) Allen Patienten, Frauen und Männern, sollte frühzeitig und regelmäßig eine Beratung zur reproduktiven Gesundheit und Erfordernis der Therapieanpassung in Bezug auf die Schwangerschaft angeboten werden. B) Die Behandlung von Patientinnen mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen vor der Empfängnis sowie während und nach der Schwangerschaft sollte auf Remission oder eine niedrige Krankheitsaktivität abzielen. C) Das potenzielle Risiko der medikamentösen Therapie für den Fötus oder das Kind sollte gegen das Risiko einer unbehandelten maternalen Krankheit abgewogen werden. D) Angesichts der Vorteile des Stillens sollten Frauen nicht davon abgehalten werden, während der Einnahme kompatibler Medikamente zu stillen. E) Die Wahl der Behandlung vor, während und nach der Schwangerschaft sollte auf einer gemeinsamen Entscheidung zwischen den Behandlern und der Patientin basieren.
Antirheumatische Medikamente vor und während der Schwangerschaft
1) csDMARDs und andere in der Rheumatologie verwendete Medikamente, die mit der Schwangerschaft vereinbar sind, umfassen Azathioprin oder Mercaptopurin, Chloroquin, Colchicin, Cyclosporin, Hydroxychloroquin, Sulfasalazin und Tacrolimus. 2) Cyclophosphamid (CYC), Methotrexat (MTX) und Mycophenolat sind teratogen und sollten vor der Schwangerschaft abgesetzt werden. 3) NSAR und Prednison/Prednisolon können in der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden, falls zur Kontrolle der Krankheitsaktivität erforderlich. Bei Bedarf sollten schwangerschaftskompatible csDMARDs oder bDMARDs hinzugefügt oder gewechselt werden, um die aktive Krankheit zu kontrollieren. 3a) In der Schwangerschaft sollten NSAR nur intermittierend verwendet und nach der 28. Schwangerschaftswoche (SSW) abgesetzt werden. Aufgrund limitierter Evidenz zu selektiven COX-2-Inhibitoren werden nichtselektive NSAR mit kurzer Halbwertszeit (z. B. Ibuprofen) bevorzugt. Das Absetzen von NSAR sollte in Betracht gezogen werden, wenn Schwierigkeiten bei der Empfängnis bestehen. 3b) In der Schwangerschaft sollten Prednison und Prednisolon, soweit möglich, auf eine Erhaltungsdosis von ≤5 mg/Tag reduziert und, wenn möglich, abgesetzt werden. Die Verwendung höherer Dosierungen sollte gegen das Risiko mütterlich-fötaler Komplikationen abgewogen werden. 4) In schweren, refraktären Fällen maternaler Krankheit während der Schwangerschaft können i.v.-Methylprednisolon-Pulse, IVIG, Sildenafil, schwangerschaftskompatible csDMARDs und/oder bDMARDs oder im zweiten und dritten Trimester CYC oder Mycophenolat in Betracht gezogen werden.
5) Bei der Verwendung von bDMARDs in der Schwangerschaft sollten die individuelle Medikamentenwirksamkeit und der transplazentare Transfer berücksichtigt werden. 5a) Alle TNF-Inhibitoren (TNFi) können während der gesamten Schwangerschaft verwendet werden. 5b) Die folgenden Nicht-TNFi bDMARDs können bei Bedarf zur effektiven Kontrolle der maternalen Krankheit verwendet werden: Abatacept, Anakinra, Belimumab, Canakinumab, Ixekizumab, Rituximab, Sarilumab, Secukinumab, Tocilizumab und Ustekinumab. 5c) Sehr limitierte oder keine Daten zur sicheren Anwendung in der Schwangerschaft liegen für Anifrolumab, Eculizumab, Guselkumab, Mepolizumab und Risankizumab vor. Diese Medikamente sollten nur während der Schwangerschaft verwendet werden, wenn keine anderen schwangerschaftskompatiblen Medikamente die maternale Krankheit wirksam kontrollieren können. 5d) Totimpfstoffe können allen Säuglingen nach einer Exposition gegenüber bDMARDs während der Schwangerschaft verabreicht werden. Die Verabreichung von Lebendimpfstoffen in den ersten 6 Monaten nach der Entbindung hängt vom Zeitpunkt der maternalen Exposition gegenüber bDMARDs während der Schwangerschaft, dem transplazentaren Transfer des bDMARDs und der Art des Impfstoffs ab (Rotavirus-Impfungen können entsprechend Impfplan bei Säuglingen nach Exposition gegenüber einem TNFi-bDMARD in utero verabreicht werden. BCG-Impfungen sollten bei Säuglingen nach einer Exposition gegenüber TNFi-bDMARDs mit transplazentarem Transfer während der zweiten Schwangerschaftshälfte um 6 Monate verzögert werden, d. h. Adalimumab, Golimumab und Infliximab nach der 20. und Etanercept nach der 32. SSW. Certolizumab hat einen minimalen bis keinen transplazentaren Transfer und erfordert keine Änderungen des Impfplans für Säuglinge. Aufgrund begrenzter Daten zu Lebendimpfstoffen bei Säuglingen, die Nicht-TNFi bDMARDs im zweiten und dritten Trimester ausgesetzt waren, sollten Lebendimpfstoffe um 6 Monate verzögert werden). 6) Medikamente ohne ausreichende Sicherheitsdaten zum Einsatz in der Schwangerschaft sollten vermieden werden, bis weitere Beweise vorliegen. Dies gilt für Apremilast, Avacopan, Baricitinib, Bosentan, Filgotinib, Leflunomid, Mepacrin, Tofacitinib, Upadacitinib und Voclosporin.
Antirheumatische Medikamente während der Stillzeit
1) csDMARDs und andere in der Rheumatologie verwendete Medikamente, die mit dem Stillen vereinbar sind, umfassen Azathioprin oder Mercaptopurin, Celecoxib, Chloroquin, Colchicin, Cyclosporin, Hydroxychloroquin, IVIG, i.v.-Methylprednisolon-Pulse, nichtselektive NSAR (z. B. Ibuprofen), Prednison/Prednisolon, Sulfasalazin und Tacrolimus. 2) Aufgrund ihrer physikochemischen und pharmakokinetischen Eigenschaften wurde ein minimaler Transfer in die Muttermilch und eine begrenzte systemische Absorption durch das gestillte Kind für bDMARDs nachgewiesen. Die Fortsetzung von TNFi und Nicht-TNFi bDMARDs sollte als mit dem Stillen vereinbar angesehen werden.
3) Medikamente mit begrenzten oder keinen Daten zum Stillen: 3a) Da die folgenden Medikamente sehr niedrige Konzentrationen in der Muttermilch aufweisen und keine Hinweise auf Schäden bei gestillten Säuglingen zeigen, können sie während des Stillens in Betracht gezogen werden, wenn kein alternatives, mit dem Stillen kompatibles Medikament verwendet werden kann: Bosentan, Sildenafil und MTX ≤25 mg wöchentlich. 3b) Die folgenden Medikamente sollten bei stillenden Frauen vermieden und alternative Medikamente in Betracht gezogen werden: Apremilast, Avacopan, Baricitinib, Cyclophosphamid, Etoricoxib, Filgotinib, Iloprost, Leflunomid, Mycophenolat, Tofacitinib, Upadacitinib und Voclosporin.
Antirheumatische Medikamente bei männlichen Patienten
1) Die Behandlung mit den folgenden Medikamenten hat keinen klinisch relevanten Einfluss auf das kindliche Outcome gezeigt und kann bei männlichen Patienten, die eine Familie planen, fortgesetzt werden. Dies gilt für Azathioprin oder Mercaptopurin, Colchicin, Cyclosporin, Hydroxychloroquin und Chloroquin, IVIG, Leflunomid, MTX ≤25 mg/Woche, Mycophenolat, NSAR, Prednison/Prednisolon, Sildenafil, Sulfasalazin, Tacrolimus, TNFi und Nicht-TNFi bDMARDs (Abatacept, Anakinra, Belimumab, Canakinumab, Ixekizumab, Rituximab, Sarilumab, Secukinumab, Tocilizumab und Ustekinumab). 2) CYC ist mit einem dosisabhängigen potenziellen Risiko einer irreversiblen Unfruchtbarkeit verbunden, weshalb männliche Patienten über Optionen zur Fertilitätskonservierung vor Beginn der Behandlung beraten werden sollten. 3) Limitierte oder keine Daten liegen zu den Effekten bei männlichen Patienten mit folgenden Medikamenten vor: Anifrolumab, Apremilast, Avacopan, Baricitinib, Bosentan, Eculizumab, Filgotinib, Guselkumab, Mepolizumab, Risankizumab, Tofacitinib, Upadacitinib und Voclosporin. Es sollte ein Wechsel zu einem alternativen antirheumatischen Medikament bei männlichen Patienten mit Familienplanung erwogen werden.
Wichtige Neuerungen im Überblick
Im Vergleich zur Vorversion gibt es wichtige Änderungen. Erstens ist die Verwendung von bDMARDs bei Fortpflanzung, Schwangerschaft und Stillzeit „freier“ geworden. Unter allen bDMARDs sind TNFi diejenigen mit der höchsten Evidenz in Bezug auf relativ sichere Schwangerschafts- und Kindsergebnisse. TNFi sind auch die am häufigsten untersuchten bDMARDs in der Stillzeit und bei der männlichen Fortpflanzung. Die Evidenz für Nicht-TNFi bDMARDs ist begrenzter, weniger oft mit Kontrollgruppen verglichen und oft durch die Schwere der Krankheit oder Begleitmedikationen verfälscht. Daher basieren Empfehlungen für solche Biologika auch auf Ähnlichkeiten in den Eigenschaften zu TNFi. In diesem Kontext wird angenommen, dass vollständig IgG-basierte Biologika das gleiche Muster des transplazentaren Transfers in der zweiten Schwangerschaftshälfte und einen niedrigen bis minimalen Transfer in die Muttermilch aufweisen. Da die Behandlung mit Biologika während der späten Schwangerschaft durch Überlegungen zu Lebendimpfungen der in utero exponierten Säuglinge beeinflusst werden könnte, wurde eine neue Empfehlung zur Impfung von Säuglingen mit in utero-Exposition gegenüber bDMARDs aufgenommen. Bei stillenden Frauen werden jetzt alle bDMARDs als mit dem Stillen kompatible Medikamente angesehen, basierend auf ähnlicher Molekülgröße und pharmakokinetischen Eigenschaften.
Zweitens empfiehlt das Update einen restriktiveren Einsatz von NSAR und oralen Glukokortikoiden bei Frauen vor und während der Schwangerschaft aufgrund potenzieller fetomaternaler Risiken, die dosis- und behandlungsdauerabhängig sind. Drittens sind nun Empfehlungen zur Verwendung von Antirheumatika bei Männern, die eine Familie planen, enthalten.
Quelle: Ann Rheum Dis 2025; doi: 10.1016/j.ard.2025.02.02