DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR RHEUMATOLOGIE

Empfehlungen der Ad-Hoc-Kommission zur COVID-19-Impfung

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) hat ihre Stellungnahme zur Impfung gegen SARS-CoV2 bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) unter Berücksichtigung der aktuellen STIKO-Empfehlung aktualisiert. Inzwischen stehen modifizierte, bivalente mRNA-Impfstoffe zur Verfügung, die auch für die stark mutierte Rezeptor-bindende Domäne von Omikron BA.1 oder BA.4/5 codiert. Für diese liegen mittlerweile klinische Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit hinsichtlich Induktion einer besseren Immunantwort gegen die Omikron-Varianten vor. Belege für eine bessere Protektion vor COVID-19 im Vergleich zu den ursprünglichen Impfstoffen fehlen, ein verbesserter Schutz gegen die Omikron-Varianten ist anzunehmen. Die STIKO empfiehlt für Auffrischimpfungen daher die Verwendung der angepassten Impfstoffe.

Grundimmunisierung und Auffrischimpfung bei allen Rheumapatienten.

Allen ERE-Patienten wird eine Grundimmunisierung mit (meist) zwei Impfungen sowie eine Auffrischimpfung (3. Impfung, 1. Auffrischimpfung) empfohlen, wobei eine durchgemachte Infektion wie eine Impfung gewertet wird (laut STIKO: ≥3 Monate zwischen Infektion und letzter Impfung; „hybride Immunität“).

Es gibt keine medizinischen Gründe, bei ERE-Patienten von einer SARS-CoV2-Impfung abzusehen. Selbst Unverträglichkeitsreaktionen auf frühere Impfungen stellen hierfür keinen ausreichenden Grund dar. Dann kann auf einen alternativen Impfstoff ausgewichen werden, zumal neben den mRNA-Impfstoffen inzwischen auch für die Grundimmunisierung ein aufgereinigter adjuvantierter COVID-19-Proteinimpfstoff (Novavax) oder inaktivierter adjuvantierter Ganzvirusimpfstoff (Valneva) zur Verfügung stehen. Zum Vorgehen bei positiver Allergieanamnese wird auf den Algorithmus des PEI und RKI verwiesen.

Grundsätzlich sollte der Impfschutz von ERE-Patienten immer erfragt werden und den behandelnden Ärzten bekannt sein. Es ist davon auszugehen, dass Betroffene mit drei Impfungen oder zwei Impfungen und einer Infektion sehr gut gegen einen schweren Verlauf von COVID-19 geschützt sind. Der Krankheitsverlauf ist bei den Omikron-Varianten meist eher mild, was neben einer geringeren Pathogenität auch daran liegt, dass inzwischen mehr als 90 % der Bevölkerung Antikörper gegen SARS-CoV-2 aufweisen. Nach einigen Studien kann die Schutzwirkung der Impfung aber mit der Zeit, teilweise auch in Abhängigkeit von bestimmten Medikamenten und bei Auftreten neuer Virusmutationen, nachlassen. Es stellt sich somit die Frage nach der 4. Impfung, unter anderem auch aufgrund der Verfügbarkeit von auf die aktuellen Varianten angepassten Impfstoffen.

Wann sollte eine 2. Auffrischimpfung (meist 4. Impfung) erfolgen?

Patienten mit einer wegen Alter oder Erkrankung erhöhten Gefährdung durch COVID-19 oder mit einer beeinträchtigten Immunantwort sollten eine vierte Impfung erhalten.

Gemäß den STIKO-Empfehlungen sollte bei „Personen ab einem Alter von 60 Jahren und bei Personen ab 5 Jahren mit einem erhöhten Risiko für schwere COVID-19-Verläufe infolge einer Grunderkrankung, insbesondere Immundefizienz, eine 4. Impfung (2. Auffrischimpfung) mit einem der zugelassenen Impfstoffe erfolgen. Diese sollte ≥6 Monate nach der 3. Impfung oder ≥3 Monate nach einer stattgehabten Infektion verabreicht werden, wenn diese ≤3 Monate nach der 3. Impfung eintrat (ansonsten, d. h. bei einer Infektion ≥3 Monate nach der 3. Impfung, wäre diese schon mit einer 4. Impfung gleichzusetzen). Welcher Impfstoff hierfür am besten geeignet ist, kann aufgrund fehlender Studiendaten und dem Umstand, dass die im kommenden Winter vorherrschende Variante noch nicht bekannt ist, aktuell noch nicht beurteilt werden. Die STIKO empfiehlt für Auffrischimpfungen ab 12 Jahren vorzugsweise einen der zugelassenen und verfügbaren Omikron-adaptierten bivalenten mRNA-Impfstoffe.

Wann sollte eine weitere Auffrischimpfung erfolgen?

Eine weitere Auffrischimpfung kann sinnvoll sein, wenn die letzte Impfung oder Infektion mehr als 6 Monate zurückliegt und eine besondere Gefährdung besteht. Aufgrund bislang fehlender Studiendaten hierzu ist dies eine Einzelfallentscheidung.

In der STIKO-Empfehlung heißt es: „Abhängig von bisher erfolgten SARS-CoV-2-Antigenexpositionen (Infektion/Impfung, s.o.) kann es bei besonders gefährdeten Personen (z. B. Hochbetagten, Immundefizienten, Bewohnern von Altenpflegeheimen) sinnvoll sein, nach dem 4. Ereignis (z. B. 2. Auffrischimpfung) noch eine weitere Impfstoffdosis zu verabreichen. Die Indikation sollte unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands und der Gefährdung individuell durch die behandelnden Ärzte getroffen werden.“

Welche Patienten weisen eine besondere Gefährdung auf?

Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die nicht oder nicht vollständig geimpft sind oder Patienten, die aufgrund einer Immundefekterkrankung oder einer relevanten Immunsuppression keine Impfantwort zeigen, sind als besonders gefährdet zu betrachten.

In den DGRh-Empfehlungen zur Prophylaxe und Behandlung einer frühen COVID-19-Infektion bei ERE-Patienten vom Juli 2022 sind die krankheits- und therapiebedingten Risikofaktoren aufgeführt. Im Hinblick auf die Impfungen sind dies Personen mit krankheits- (angeborene oder erworbene Immundefekte) oder therapiebedingter (Rituximab, Abatacept, Glukokortikoide ≥10 mg Prednisolonäquivalent/Tag >2 Wochen, MTX >20 mg/Woche, Azathioprin >3 mg/kg/Tag, Cyclophosphamid, Mycophenolat) Immundefizienz, bei denen das Ausbleiben einer protektiven Immunantwort auch nach mehreren Impfungen zu erwarten ist oder solche mit fehlender Serokonversion nach einer Immunisierung mit COVID-19-Impfstoffen gemäß den STIKO-Empfehlungen und einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf.

Bei fehlender Impfantwort und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf ist eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) mit Evusheld® als i.m.-Injektion angezeigt. Bei weiter bestehender Indikation und Wirksamkeit wird eine Wiederholung der PrEP nach ca. 6 Monaten empfohlen. In der Frühphase einer COVID-19-Infektion (Symptombeginn vor ≤5-7 Tagen) ist bei vulnerablen Patienten (z. B. mit Autoimmunerkrankungen inkl. ERE) auch die rasche Gabe von Paxlovid® (über 5 Tage p.o.) zu erwägen, um den Krankheitsverlauf zu verkürzen bzw. zu verbessern. Zur PrEP und Medikamenten zur Behandlung von COVID-19 wird auch auf die interaktive Orientierungshilfe der Fachgruppe COVRIIN verwiesen.

Wann sollte eine serologische Bestimmung der SARS-CoV-2-Antikörper erfolgen?

Eine Bestimmung von Antikörperspiegeln gegen das SARS-CoV-2-Spikeprotein kann dann sinnvoll sein, wenn aufgrund eines Immundefektes oder einer medikamentösen Therapie (v. a. Rituximab, Cyclophosphamid, hoch-dosierte Steroide) und/oder weiterer Risikofaktoren (wie höheres Lebensalter, hohe Krankheitsaktivität zum Zeitpunkt der Impfung) Zweifel am Vorliegen einer effektiven humoralen Impfantwort bestehen. Bei fehlender oder geringer Immunantwort (auch nach mehreren Impfdosen) kann dann die Indikation zu einer weiteren Impfung bzw. einer PrEP gestellt werden. Zu diesem Vorgehen liegen derzeit aber noch keine ausreichenden Studiendaten bei ERE-Patienten vor.

SARS-CoV-2-Impfstoffe gemeinsam mit dem Influenza-Impfstoff verabreichen?

Die Impfstoffe gegen COVID-19 können, unabhängig davon, ob es sich um die Grundimmunisierung oder Auffrischimpfung handelt, gleichzeitig mit anderen Impfstoffen appliziert werden, sofern es sich um Totimpfstoffe handelt. Zu letzteren gehören auch die Impfstoffe gegen Influenza (außer nasale Influenza-Lebendimpfung) sowie Pneumokokken. Bei einer gleichzeitigen Impfung sollten diese an verschieden Stellen erfolgen, z. B. rechter und linker M. deltoideus.

Quelle: Stellungnahme der DGRh, 26. Oktober 2022