BERUFSPOLITIK

Ein Erfahrungsbericht: Von der Kunst des Machbaren

Dr. Ulrich von Hinüber

Dr. Ulrich von Hinüber

Im Rahmen des 20. BDRh-Kongresses Ende April 2025 in Berlin hatte ich Gelegenheit, über einige Erfahrungen und Einsichten zu berichten, die ich in den Jahren meiner berufspolitischen Aktivitäten gewinnen konnte. Nun freue ich mich, auch in dieser Zeitschrift darüber schreiben zu dürfen. Inhaltlich soll es dabei um Unterschiede zwischen der berufspolitischen Arbeit auf Landes- und Bundesebene, die Nutzung regionaler Handlungsspielräume und Nachwuchsgewinnung in der Rheumatologie gehen.

Unterschiede zwischen Landes- und Bundesebene

Kassenärztliche Vereinigungen (KVen), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Ärztekammern sind Körperschaften öffentlichen Rechts mit Satzungsrecht, unter Aufsicht der politischen Gremien auf Bundes- respektive Landesebene. Die KBV ist dabei die übergreifende Interessenvertretung der niedergelassenen Vertragsärzte und Psychotherapeuten. Sie organisiert die Versorgung mit ambulanten medizinischen Leistungen für alle Versicherten aufbauend auf der föderalen Struktur, in sinnvoller Arbeitsteilung mit den KVen. Die Bundesärztekammer (BÄK) ist keine Körperschaft, sondern eine Arbeitsgemeinschaft der 17 deutschen Ärztekammern, und ein nicht eingetragener Verein ohne eigene Rechtsfähigkeit.

Wichtige Aufgaben der KBV sind Vorgaben zur Sicherstellung der Versorgung (Bedarfsplanung), Honorarverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, Regelungen zur Vergütung (EBM), Qualitätssicherungen, Digitalisierung u. a. m. Die KBV erarbeitet viele Regelungen gemeinsam mit den Krankenkassen und anderen relevanten Institutionen im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unter Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit. Wichtige Aufgaben der Bundesärztekammer sind Berufsordnung, Weiterbildungsordnung, ärztliche Fortbildung, und Ärzteparlament (Deutscher Ärztetag).

Zweckmäßig muss sich ein Bundesberufsverband vor allem mit der KBV, dem G-BA, der BÄK, aber auch zahlreichen anderen Organisationen, wie den wissenschaftlichen Verbänden oder anderen Berufsverbänden etc. beschäftigen, während die Landesverbände hier i. d. R. nicht engagiert sein können. Umgekehrt wird der Bundesverband nur ausnahmsweise auf regionaler Ebene aktiv werden, dies ist Aufgabe der Landesverbände.

Nutzung regionaler Handlungsspielräume

Aus dem Bereich der KV Niedersachsen (KVN) möchte ich folgende Beispiele nennen:

  • 2012 wurden von der KBV Laborvergütungen für Nicht-Laborärzte budgetiert, den KVen wurden dabei Gestaltungsfreiheiten eingeräumt. Diese konnten wir nutzen, um ein Individualbudget auf Basis der Vorjahre zu etablieren.
  • Zur Verbesserung der Versorgung wurde seitens der KV erhebliche Unterstützung gewährt zur Erarbeitung von Selektivverträgen, zur Gewährung von Sonderbedarfszulassungen und zur Ausgestaltung der Bedarfsplanung.
  • Zu den DMP Rheumatoide Arthritis und Osteoporose erfolgte eine Abstimmung mit dem Landesverband auf Initiative der KVN.

Aus dem Bereich der ÄK Niedersachsen (ÄKN) wäre zu berichten, dass es gelang, die letzte Musterweiterbildungsordnung – nach sorgfältiger Prüfung der Inhalte – zur Übernahme durch die ÄKN so zu verändern, dass der ambulante Teil von höchstens 12 auf 24 Monate erweitert wurde.

In Niedersachsen bestehen – neben dem Berufsverband – ein aktiver Qualitätszirkel Rheuma und Osteoporose, mit zahlreichen Fortbildungsangeboten, und ein aktives Rheumazentrum mit zahlreichen Projekten zur Verbesserung der Versorgung. Diese Gremien treffen sich regelmäßig, sodass die Teilnehmer nicht öfter als notwendig aus der Fläche zusammenkommen müssen. Die Berufsverbandsarbeit sieht – neben der Mitgliederversammlung – mindestens einmal im Jahr ein Treffen mit dem KVN-Vorstand vor, sodass wir über alle relevanten Fragen (Versorgung, Honorar, Arzneikosten etc.) im Gespräch sind.

Nachwuchsgewinnung in der Rheumatologie

In Niedersachsen existieren – nachdem es traditionell kaum Rheumakliniken gibt, und im Reha-Sektor die meisten Rheuma-Abteilungen geschlossen wurden – kaum noch stationäre Weiterbildungsmöglichkeiten. Die von den Praxen angebotene ambulante Weiterbildung wurde lange Zeit nur wenig genutzt.

Nachdem aktuell zahlreiche Praxen ohne Nachfolge schließen, konnte zwischen Landesberufsverband und Rheumazentrum – nach jahrelanger Vorarbeit – eine Verbundweiterbildung etabliert werden, mit Förderung auch des stationären Jahres durch firmen- und produktneutrale Drittmittel-Stipendien, und Förderung der ambulanten Weiterbildung durch KVN und Krankenkassen. Natürlich ist dies eine der Not geschuldete Maßnahme, nach dem – auch nach Jahrzehnten der Unterversorgung – keine besseren Lösungen erkennbar sind.

Fazit

Meine persönliche Hoffnung ist, dass in der nächsten Zukunft – wenn durch die Krankenhausreform die stationäre Weiterbildung in weiten Bereichen noch erschwert wird – neue Regelungen zwingend gefunden werden, die hoffentlich bessere Voraussetzungen zur Nachwuchsgewinnung in der Rheumatologie bieten werden.


Dr. med. Ulrich von Hinüber
Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie
und Osteologe DVO
Praxis für Rheumatologie und Osteologie
Bahnhofsplatz 5, 31134 Hildesheim