RÜCKBLICK UND AUSBLICK

Der Mensch und Arzt Florian Schuch

Dr. Florian Schuch

Dr. Florian Schuch

Florian Schuch, Rheumatologe in Erlangen, war mehr als zwei Jahrzehnte im Vorstand des Ärztlichen Kreisverbandes Erlangen, die letzten 10 Jahre als Vorsitzender. Neben der Patientenversorgung engagiert sich Schuch beim BDRh, der DGRh und war viele Jahre im Vorstand der Deutschen Rheumastiftung. Seit Anfang 2000 ist er auch Delegierter zum Bayerischen Ärztetag. In den letzten mehr als 20 Jahren war ihm ein besonderes Anliegen die Ausbildung und Implementierung der nicht-ärztlichen Assistenzberufe in der Rheumatologie, insbesondere der Rheumatologischen Fachassistenz.

Herr Dr. Schuch, was ist das Besondere in Ihrer Tätigkeit als Arzt?

„Bleib gesund!“ „Ohne Gesundheit ist alles nichts!“ Gesundheit, Krankheit sind existenzielle Teile eines jeden Menschen und werden ganz individuell erlebt. Die große Mehrheit unserer Kolleginnen und Kollegen übt diese Verantwortung für Menschen, ihren Beruf mit großem Engagement und hohem ethischem Commitment aus. Die Freude und Begeisterung für die Medizin sind in vielen Gesprächen spürbar und zeigen die Vielfalt und Besonderheit unseres Berufes.

Bekommen Sie das von Patienten widergespiegelt?

Auch in der Bevölkerung gibt es überwiegend Wertschätzung und Dankbarkeit gegenüber Ärztinnen und Ärzten. Doch die Aggressionen in Notfallambulanzen sowie Praxen gegen Sanitäter, Pflegekräfte und Ärzte haben in den letzten Jahren massiv zugenommen. Das Anspruchsdenken hat sich immer mehr gesteigert, oft befördert durch gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Exemplarisch fällt mir spontan ein z. B. das Patientenrechtegesetz, Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, Terminservice- und Versorgungsgesetz. Online-Beschwerdeportale senken die Hürde für Kritik, was den professionellen Umgang mit Beschwerden umso wichtiger macht. Aber: Unser Beruf ist einzigartig. Für chronisch kranke Menschen, wie es eben Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sind, hat er eine lebenslange Bedeutung. Medizin darf nicht von Gewinnmaximierung und wirtschaftlichen Interessen bestimmt werden – sie dient denjenigen, die uns brauchen. Dies bringt eine besondere Verantwortung und ethische Verpflichtung mit sich.

Passt der Arzt in der Form noch in das Versorgungssystem?

In Deutschland werden ca. 500 Milliarden Euro für Gesundheit ausgegeben. Meines Erachtens reicht diese riesige Summe, um eine solidarische Gesundheitsversorgung zu bezahlen. Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten 20 Jahren jedoch erheblich verändert, zum Teil definitiv verschlechtert. Kapital- und börsennotierte Unternehmen bestimmen zunehmend den Gesundheitsmarkt. Auch hat sich In den letzten zehn Jahren viel in der ambulanten Versorgung verändert. Während 2015 nur knapp 5 % der Ärztinnen und Ärzte angestellt waren, liegt dieser Anteil heute bei fast 40 %. Diese Entwicklungen müssen in zukünftige Planungen einfließen. Wir verkaufen nichts, wir betreuen keine Kunden und Gesunde brauchen keine „Gesundheitskasse“, sondern kranke Menschen brauchen ein Gesundheitswesen, auf das sie sich verlassen können: zeitlich, inhaltlich, menschlich. Und dazu gehört der Arzt, die Ärztin meines Vertrauens mit der Zeit, der Kompetenz, die ich als kranker Mensch mir wünsche. Also Antwort: Ja! Mehr denn je in diesem Gesundheitsmarkt.

Das heißt?

Unsere Arbeit ist mehr als Zahlen und Kostenfaktoren. Sie basiert auch auf Barmherzigkeit, Empathie und menschlicher Wärme – Werte, die sich nicht in DRG-Pauschalen oder durch Dokumentationskontrollen erfassen lassen. So sollte am Ende auch Zeit für Menschlichkeit bleiben. Das glaube ich, kann man nicht digitalisieren. Doch leider kommt das immer mehr zu kurz, die Verdichtung ist immer fordernder. Das hat verschiedene Folgen: Die Patienten fühlen sich oft nicht adäquat wahrgenommen, wir als Betreuende sollten aufpassen in diesem Spagat zwischen Mangel an Versorgung auf der einen Seite und wirtschaftlichem Druck auf der anderen Seite nicht zerrissen zu werden. Es ist etwas Besonderes, in der Praxis Zuwendung zu geben und – was ja die niedergelassene Tätigkeit auszeichnet – Zuwendung und Dankbarkeit von unseren Patienten zu erfahren. Deshalb soll diese Erfahrung nachrückenden jungen Ärzten in die Rheumatologie Mut machen, den Schritt in die Praxis zu machen!                             

Herr Dr. Schuch, vielen Dank für diese Ausführungen!