Bereits auf dem vergangenen DGRh-Kongress war die ausführliche, in großen Teilen an die EULAR angelehnte (aber aktuellere) SLE-Leitlinie der DGRh vorgelegt worden mit insgesamt 53 Empfehlungen, darunter 14 allgemeine, 15 zur LN, 14 zu Schwangerschaft und neun zum Antiphospholipidsyndrom.
Neue LN-Leitlinien und Therapiestrategien im Blickpunkt
Zur LN sind inzwischen auch die aktualisierten Empfehlungen des ACR 2024 und der EULAR 2025 vorgestellt worden, die an einigen Punkten differieren. Wichtigste Punkte der noch nicht publizierten EULAR-Leitlinie sind, dass bezüglich der Therapie keine histologische Unterscheidung der Klassen erfolgt, bei aktiver LN werden Kombinationen aus Mycophenolat Mofetil (MMF) oder niedrig dosiertem Cyclophosphamid (CYC) und Belimumab, oder MMF und einem Calcineurin-Inhibitor (CNI; Tacrolimus oder Voclosporin), oder MMF und – neu – dem Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab vorgeschlagen, oder alternativ eine Monotherapie mit MMF oder niedrig dosiertem CYC. Eine Erhaltungstherapie sollte für mindestens drei Jahre nach Ansprechen erfolgen, neben einer MMF-Monotherapie kann dieses mit Belimumab, einem CNI oder Obinutuzumab (trotz hierzu noch fehlender Daten) kombiniert werden. Zur Frage der Steroiddosis bei LN ergab eine große Metaanalyse ein besseres Ansprechen, desto höher die Glukokortikoid (GK)-Dosis war, aber eben auch eine erhöhte Rate an Infektionen und Todesfällen, erläuterte Mucke. Womöglich haben 40 mg/Tag Prednisolon und GK-Pulse ein gutes Nutzen/Risiko-Profil, letztlich bleibt es eine individuelle, am individuellen Risikoprofil orientierte Entscheidung.
Apropos GK: Wie die chinesische PRESS-Studie zeigte, scheint deren Absetzen bei SLE-Patienten mit langanhaltend klinisch inaktiver Erkrankung möglich, Hydroxychloroquin (HCQ) scheint aber Schübe zu verhindern und sollte beibehalten werden. Bei neu diagnostizierten SLE-Patienten mit hohen Anti-dsDNA-Titern, aber ohne Organbeteiligung, ergab eine weitere chinesische Studie, dass – zusätzlich zu GK und HCQ – eine präventive MMF-Gabe bis Woche 96 das Risiko für schwere Schübe (10,8 vs. 27,7 %) und LN (1,5 vs. 13,8 %) senkte, auf milde Schübe hatte es keine Auswirkung.
Interessant war noch eine kanadische Analyse, die für Anifrolumab zusätzlich zu einer Standardtherapie (SoC) eine um 60 % geringere Wahrscheinlichkeit für zunehmende Organschäden (SDI-Score) über vier Jahre fand, die vor einigen Jahren für Belimumab ermittelten Zahlen waren laut Mucke mit -61 % fast identisch. Wenngleich nicht in der Sitzung thematisiert: Laut einer zu Kongressbeginn verfügbaren Pressemitteilung ergab eine Interimsanalyse der Phase-III TULIP SC-Studie, dass Anifrolumab s.c. den primären Endpunkt erreichte und somit demnächst auch als s.c.-Applikation verfügbar sein dürfte (die Phase-III-Studie IRIS zur LN läuft derweil noch).
Ausblick auf potenzielle neue Therapien
Derzeit befinden sich eine Reihe neuer Wirkstoffe in der klinischen Prüfung, darunter auch oral einzunehmende. Der Toll-like Rezeptor (TLR)7/8-Inhibitor Enpatoran wurde in den Phase-II WILLOW-Studie mit Erfolg bei kutanem LE geprüft, bei SLE wurde der primäre Endpunkt verfehlt. Angesichts eines signifikanten BICLA-Ansprechens und der gezeigten Steroidreduktion scheint eine Weiterentwicklung aber denkbar. Bereits in einem Phase-III-Programm (SELECT-SLE) befindet sich nach einer erfolgreichen Phase-II-Studie der Januskinase (JAK)-1-Inhibitor Upadacitinib, gleiches gilt für den Tyrosinkinase (TYK)-2-Inhibitor Deucravacitinib (POETYK SLE-1- und POETYK SLE-2). Ein bei SLE vertrauterer, aber dennoch neuer Ansatz wird mit dem BAFF-Rezeptorantagonisten Ianalumab verfolgt (s.c.-Applikation), der ebenfalls eine erfolgreiche Phase-II-Studie durchlaufen hat und in zwei Phase-III-Studien bei SLE (SIRIUS SLE 1 und 2) und einer bei LN (SIRIUS-LN) untersucht wird – für die Sjögren-Erkrankung wurden bereits vorab positive Daten zweier Phase-III-Studien zu diesem B-Zell-depletierenden Antikörper vermeldet.
Eine erste Phase-III-Studie bereits erfolgreich absolviert hat der CD40-Ligand-Inhibitor Dapirolizumab pegol, führte Mucke weiter aus. In der PHOENYCS GO-Studie erreichten nach 48 Wochen versus alleiniger SoC signifikant mehr SLE-Patienten ein BICLA- (primärer Endpunkt: 49,5 vs. 34,6 %) sowie SRI-4- Ansprechen (Abb.), noch klarere Vorteile zeigten sich in puncto niedrige Krankheitsaktivität (LLDAS: 40,9 vs. 19,6 %). Es gab keine beunruhigenden Sicherheitssignale, eine weitere Phase-III-Studie ist angelaufen.
Während bei SLE die Phase-III-Studie ALLEGORY zu Obinutuzumab noch läuft (erste Daten dürften aber bald zu erwarten sein), steht nach der positiven Phase-III-Studie REGENCY dessen Zulassung bei LN unmittelbar bevor. Nach 76 Wochen war der primäre Endpunkt einer kompletten renalen Remission (46,4 vs. 33,1 %) signifikant erreicht worden. Aus einer Subgruppenanalyse geht hervor, dass besonders auch LN-Patienten mit einer (zu Baseline) 24 h UPCR ≥3 g und begleitenden Klasse V-LN besonders stark profitierten.
Last but not least ging Mucke auf die CD19 CAR-T-Zelltherapie ein, die bei therapierefraktären SLE/LN-Patienten bislang fast immer eine (anhaltende) Remission ermöglicht. Sie bewirkt neuen Daten zufolge eine ausgeprägte Unterdrückung zentraler immunologischer Signalwege, die beim SLE eine Rolle spielen, darunter die Komplementaktivierung und die Typ-I-Interferon-Antworten. Dies geht mit einer metabolischen Umprogrammierung einher. Die molekularen Profile der Remission nach CD19-CAR-T-Zelltherapie unterscheiden sich von denen, die durch konventionelle SLE-Therapien hervorgerufen werden, was auf tiefgreifendere, durch CD19 CAR-T-Zellen ausgelöste biologische Veränderungen hindeutet.
Quelle: WIN-Session „PMR/RZA, SLE und Sjögren-Syndrom“, 18. September 2025
