IDIOPATHISCHE ENTZÜNDLICHE MYOPATHIEN

Update der Leitlinie zu Myositissyndromen

Abb.: Aktualisierter DGN-Therapiealgorithmus für Myositiden

Abb.: Aktualisierter DGN-Therapiealgorithmus für Myositiden

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat eine auch für Rheumatologen interessante, aktualisierte S2k-Leitlinie Myositissyndrome vorgestellt. Neu ist etwa die Abgrenzung der immunvermittelten nekrotisierende Myopathie (IMNM) als eigene Entität, auch das Anti-Synthetase-Syndrom (ASS) wird nicht mehr als Dermatoyositis (DM)-Unterform betrachtet, sondern als eigene Entität neben der Overlap-Myositis (OM). Vor allem wurden neue Erkenntnisse zu Therapiestrategien berücksichtigt, so etwa der Einsatz von Rituximab bei therapieresistenter DM oder Polymyositis (PM), des neu zugelassenen IVIG-Präparats Octagam bei aktiver DM sowie  Rapamycin/Sirolimus bei Einschlusskörpermyositis (IBM). Auch werden Empfehlungen zu den juvenilen Myositiden, Schwangerschaft und Impfungen ausgesprochen.

Zunächst zur Diagnostik: Ein detaillierter klinischer Untersuchungsbefund einschließlich der Muskelkraftgrade und eine Muskelbiopsie sollen für die Diagnosestellung vorliegen. Eine Sonografie und ein Muskel-MRT können erwogen werden, um die Diagnose zu unterstützen und eine geeignete Biopsiestelle zu lokalisieren. Die Bestimmung Myositis-spezifischer bzw. -assoziierter Antikörper soll zur Diagnosestellung durchgeführt werden. Auf eine Dysphagie soll bei allen Myositiden geachtet werden, insbesondere bei der IBM.

Die wichtigsten Empfehlungen

Für die initiale Therapie aller Myositiden mit Ausnahme der IBM sollen Glukokortikoide (GK) eingesetzt verwendet werden (Abb.). Für die Langzeittherapie sollte eine niedrig dosierte GK-Therapie, z. T. in Kombination mit Immunsuppressiva (IS) für Zeiträume von 1 bis 3 Jahren oder länger erfolgen. Bei Patienten mit DM, IMNM, ASS und PM, die auf ≥1 IS nicht oder nicht ausreichend ansprechen, sollte ein Therapieversuch mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) erfolgen, wobei die Datenlage bei DM auf einer Evidenz der Klasse I basiert. Stärker wirksame IS sollten v. a. bei Patienten mit schwerer extramuskulärer Organmanifestation zum Einsatz kommen. Die OM sollte wie andere Myositiden mit immuntherapeutischen Maßnahmen behandelt werden. Neuere immunselektive Therapien können bei schweren Verläufen oder im Fall von Therapieresistenz erfolgreich sein. Bei DM, PM, IMNM, ASS oder OM kann daher Rituximab (RTX) erwogen werden. Insbesondere bei positivem Anti-Signal Recognition Particle (SRP)-Antikörperstatus kann es auch primär erwogen werden. Weder der Nachweis noch die Titerhöhe von Myositis-spezifischen/-assoziierten Antikörpern korrelieren notwendigerweise mit dem Ansprechen auf RTX oder prädizieren es. Die Behandlung mit RTX kann auch erwogen werden, um andere gleichzeitig gegebene Immuntherapien zu reduzieren und ggf. langfristige Remissionen zu erreichen.

Bei IBM soll eine regelmäßige Physiotherapie ein essenzieller Bestandteil der Therapie sein. Zunächst sollte ein 6-monatiger Therapieversuch mit ca. 4-wöchentlichen IVIG-Infusionen (initial 2 g/kg KG, danach 1-2 g/kgKG) erfolgen, da hierdurch bei einigen Patienten zumindest eine vorübergehende Stabilisierung des Krankheitsverlaufs erzielt werden kann. Eine relevante Dysphagie rechtfertigt einen Therapieversuch mit IVIG besonders, da hierfür positive Studiendaten vorliegen. Bei einem positiven Therapieeffekt bzw. einer Stabilisierung sollte die IVIG-Therapie fortgeführt werden. Das Risiko-Nutzen-Verhältnis der IVIG-Therapie ist in der klinischen Praxis als weitestgehend positiv zu bewerten.

Schluckstörungen treten häufig bei Myositiden auf. Neben der Immuntherapie können auch symptomatisch Botulinumtoxin-Injektionen, Ballondilatation oder Myotomie erwogen werden. Diese sind keine Standardverfahren und sollten von einem Expertenpanel für den Einzelfall entschieden werden. Bei allen Therapieformen sollen v. a. Muskelkraft und Schluckfunktion zur Verlaufsbeurteilung regelmäßig kontrolliert und die Medikation ggf. angepasst werden. Die Kreatinkinase kann unter GK zurückgehen, ohne dass dies klinische Relevanz hat.  

Quelle: https://dgn.org/wp-content/uploads/2013/01/030054_LL_Myositis_2022.pdf