GICHTARTHRITIS

Neue Therapieoptionen am Horizont

Auch wenn bei Gichtpatienten die langfristige Adhärenz für eine harnsäuresenkende Therapie zumeist das größere Problem sein dürfte als die Effektivität der etablierten Medikamente, gibt es doch Bedarf für Behandlungsalternativen mit entweder noch höherer Wirksamkeit vor allem bei therapierefraktärer Gicht oder ganz generell im Hinblick auf ein möglichst gutes Sicherheitsprofil. Auf einem recht guten Weg scheint sich nach einer Phase-II-Dosisfindungsstudie der Nicht-Purin-Xanthinoxidase-Inhibitor (XOI) Tigulixostat zu befinden. Noch nicht veröffentlichten Daten zufolge überzeugte auch der neue, selektive URAT1-Inhibitor AR882 in einer Phase-IIb-Studie.

Zunächst zu der von Kenneth G. Saag, Birmingham (USA), und Kollegen publizierten randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie CLUE, in der bei Gichtpatienten mit Hyperurikämie die Sicherheit und Effektivität der Senkung der Serum-Harnsäure (sUA)-Spiegel dem neuen XOI Tigulixostat geprüft wurde. In der multizentrischen Dosisfindungsstudie wurden 143 Gichtpatienten mit Hyperurikämie (im Mittel 54 Jahre, meist Männer, Krankheitsdauer 12 Jahre, ca. 25 % mit Tophi, sUA-Spiegel 9,0 mg/dl) nach einer Washout-Phase im Verhältnis 1:1 für 12 Wochen auf orales Tigulixostat 50 (n=34), 100 (n=38) oder 200 mg/Tag (n=37) oder Placebo (n=34) randomisiert.

Ursprünglich war ein aktiver Komparator-Arm mit Febuxostat geplant, was aber nach der damaligen Labeländerung in den USA bezüglich dessen kardiovaskulärer Sicherheit nach 13 Patienten wieder fallen gelassen wurde. In allen vier Gruppen erhielten die Patienten Colchicin als Schubprophylaxe. Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil von Patienten mit sUA-Spiegeln <5,0 mg/dl in Woche 12.

Tigulixostat und AR882 vielversprechend in Phase-II-Studien

Im Ergebnis erreichte ein signifikant größerer Anteil von Patienten in den drei Tigulixostat-Dosisgruppen (47,1 % mit der 50 mg-, 44,7 % mit der 100 mg- und 62,2 % mit der 200 mg-Dosierung) gegenüber dem Placebo-Arm (2,9 %) in Woche 12 einen sUA-Spiegel <5,0 mg/dl (alle p<0,0001). Auch die mittlere prozentuale Reduktion der sUA-Spiegel ab Baseline war zu allen Zeitpunkten unter Tigulixostat signifikant größer (−38,8 bis -61,8 %) im Vergleich zu Placebo (alle p<0,0001), in Woche 12 betrug die Differenz in absteigender Dosierung -56, -44 und -41 %. Eine milde Niereninsuffizienz beeinträchtigte nicht die Effektivität, diese war bei einer eGFR über oder unter 90 ml/min/1,73 m2 vergleichbar. Gichtschübe traten in allen Gruppen ähnlich häufig auf (9,4 bis 13,2 %), selbiges galt für unerwünschte Ereignisse (50,0 bis 56,8 %), die mild bis moderat waren. Im „indirekten Vergleich“ scheint die Effektivität von Tigulixostat wohl eher größer als die von Allopurinol oder Febuxostat zu sein. (1) Auch wenn die Frage nach der besten Dosierung im Grunde nicht beantwortet wurde, ist bereits eine 12-monatige Phase-III-Studie mit ca. 2.500 Patienten angelaufen, in der erneut drei Dosierungen (100, 200, 300 mg/Tag) getestet
werden.

Hoffentlich bereits auf dem EULAR dürften in Gänze die Ergebnisse einer weltweiten, 12-wöchigen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie zu dem URAT1-Inhibitor AR882 vorgestellt werden, in der 140 Patienten mit chronischer Gicht (sUA im Mittel 8,6 mg/dl, zahlreiche Komorbiditäten) auf 50 bzw. 75 mg/Tag AR882 oder Placebo randomisiert wurden. Bestimmt wurden die sUA-Spiegel (<6, <5, <4 oder <3 mg/dl) in Woche 12.

Nach 12 Wochen zeigte sich ein medianer Rückgang des sUA-Spiegels unter 75 und 50 mg AR882 um 56 % (auf 3,5 mg/dl!) bzw. um 42 % (auf 5,0 mg/dl). Unter der 75 mg bzw. 50 mg-Dosierung erreichten 89, 82, 63 und 29 % bzw. 78, 50, 8 und 0 % der Patienten sUA-Spiegel <6, <5, <4 oder <3 mg/dl nach 12 Wochen. Schwere Nebenwirkungen blieben aus, hier bleiben aber die vollumfänglichen Studiendaten abzuwarten. Angesichts der massiven Harnsäuresenkung verspricht diese Therapie, so sie sich als sicher erweist, eine raschere Reduktion von Tophi und potenziell auch Gichtschüben. (2)

Quellen:
1   Arthritis Rheumatol 2023; doi: 10.1002/art.42447
2   Pressemitteilung Arthrosi Therapeutics, Inc., 5. Januar 2023