SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Neue Entwicklungen im Überblick

Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) und auch der Lupusnephritis (LN) ist einiges in Bewegung geraten. So könnte nach dem B-Lymphozyten-Stimulator (BLyS)-spezifischen Inhibitor Belimumab mit dem gegen den Typ I-Interferon-Rezeptor gerichteten monoklonalen Antikörper Anifrolumab womöglich ein zweites Biologikum für den SLE zugelassen werden. Eine subkutane Formulierung wurde jetzt in einer Phase-II-Studie geprüft. Bei LN dürfte Belimumab als Erhaltungstherapie zugelassen werden, publiziert wurde jetzt eine Phase-II-Studie zu dessen Einsatz bei refraktärer LN nach Cyclosphoshamid und Rituximab. Eine Phase-IV-Studie fand unter Belimumab sehr selten, aber gehäuft Fälle von schwerer Depression und Suizidalität. Psychiatrische Nebenwirkungen sind aber auch unter Hydroxychloroquin zu beachten.

Zunächst zu Anifrolumab, dessen mögliche Zulassung angesichts diskrepanter Phase-III-Ergebnisse aus den beiden TULIP-Studien noch nicht in trockenen Tüchern scheint, aber wohl wahrscheinlich ist. 

Update zu Anifrolumab

Während die Entscheidung noch aussteht, veröffentlichten Catharina Lindholm, Göteborg (Schweden), und Kollegen aktuell die Ergebnisse einer internationalen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie zur Pharmakokinetik, Pharmakodynamik (PK/PD) und Sicherheit von s.c. Anifrolumab 150 bzw. 300 mg bei 36 SLE-Patienten mit aktiver Hauterkrankung (CLASI-Score ≥10) und hoher Typ I-Interferon (IFN)-Gensignatur. Die primären PK/PD-Endpunkte wurden erreicht und das Sicherheitsprofil war konsistent mit dem von i.v. Anifrolumab 300 mg in vorherigen Studien. (1) In Anbetracht des höheren Komforts der s.c.-Applikation dürfte diese nun wohl in Phase-III weiterentwickelt werden, zumindest falls es zu einer Zulassung der i.v.-Formulierung kommt.

Belimumab bei Lupusnehritis

Sicher scheint nach der positiven Phase-III-Studie BLISS-LN die Zulassung von Belimumab bei LN. Nur kurz erwähnt sei die randomisierte Open-label Phase-II-Studie CALIBRATE von Betty Diamond, New York (USA), und Kollegen, in der 43 Patienten mit rezidivierender oder refraktärer LN mit Rituximab, Cyclophosphamid (CYC) und Glukokortikoiden (GK), gefolgt von wöchentlichen Belimumab-Infusionen bis Woche 48 oder nur mit Rituximab und CYC (ohne Belimumab) behandelt wurden. Ein komplettes oder partielles renales Ansprechen wurde mit Belimumab nur im Trend häufiger erreicht (52 vs. 41 %), ein echter Vorteil war nicht erkennbar – die „Kombination“ erwies sich aber als sicher. Erreicht wurde mit der Belimumab-Zugabe eine verminderte Reifung transitorischer zu naiven B-Zellen während der der B-Zell-Rekonstitution und verstärkte Negativselektion autoreaktiver B-Zellen. (2)

Therapiesicherheit von Belimumab im Blickpunkt

Damit direkt weiter zur internationalen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-IV-Studie BASE, in der bei 4.018 Patienten mit aktivem Autoantikörper-positiven SLE die Mortalität und spezielle unerwünschte Ereignisse (UE) unter i.v. Belimumab 10 mg/kg in Kombination mit einer Standardtherapie (SoC) im Vergleich zu  einer alleinigen SoC evaluiert wurden. 

Die von Saira Z. Sheikh, Chapel Hill (USA), und Kollegen publizierten Ergebnisse dieser großen Studie zeigten in Übereinstimmung mit früheren Daten eine vergleichbare Gesamtmortalität und Inzidenz spezieller UE unter Belimumab und Placebo plus SoC. Signifikante Ausnahmen bildeten nur schwere Infusions- und Hypersensitivitätsreaktionen (0,4 vs. 0,1 %), schwere Depressionen (0,35 vs. 0,05 %), Suizidalität (1,42 vs. 1,16 %) und Suizid(versuche)/Selbstverletzungen (0,75 vs. 0,25 %). (3) Auch wenn sicherlich auf Depressionen und Suizidalität geachtet werden muss, ist das Risiko hierfür unter Belimumab doch als sehr gering einzuschätzen.

Neue Risikobewertung zu Hydroxychloroquin

Mit schweren psychiatrischen Krisen bis hin zu suizidalem Verhalten muss aber in seltenen Fällen auch unter Hydroxychloroquin (HCQ) gerechnet werden – auch bei Patienten ohne vorbekannte Probleme, vor allem im ersten Monat nach Therapiebeginn. Trotz bereits zuvor publizierter Einzelfälle wurde dies erst durch den verbreiteten Einsatz von HCQ während der COVID-19-Pandemie zum Thema, nachdem dort (primär bei höherer Dosierung als bei SLE üblich) vermehrt solche Fälle registriert wurden. Der Pharmakovigilanz-Ausschuss (PRAC) der EMA mahnte daher eine Aktualisierung der Fachinformation HCQ-haltiger Präparate an. Französische Experten um François Montastruc, Toulouse, fanden in einer Analyse der WHO VigiBase, dass psychiatrische Störungen unter HCQ weit häufiger (Odds ratio 6,27) gemeldet wurden als unter anderen COVID-19-Therapien wie Remdesivir, Tocilizumab oder Lopinavir/Ritonavir. (4)

Quellen:
1 Lancet Rheumatol 2021; 3(2): e101-e110
2 Arthritis Rheumatol 2020; doi: 10.1002/art.41466
3 Lancet Rheumatol 2021; 3(2): e122-e130
4 Drug Saf 2020; 43(12): 1315-1322