ANTIPHOSPHOLIPIDSYNDROM

Neue ACR/EULAR-Klassifikationskriterien publiziert

Tab.: Klinische und serologische Domänen der neuen ACR/ EULAR-Klassifikationskriterien für das APS mit ihrer Wichtung (Punkte)

Tab.: Klinische und serologische Domänen der neuen ACR/ EULAR-Klassifikationskriterien für das APS mit ihrer Wichtung (Punkte)

Erstmals anlässlich des ACR Convergence 2022 vorgestellt, wurden jetzt von den ACR/EULAR APS Classification Criteria Collaborators, einer internationalen multidisziplinären Initiative um Doruk Erkan, New York (USA), die gemeinsam von ACR und EULAR getragenen Klassifikationskriterien für das Antiphospholipidsyndrom (APS) veröffentlicht, die in einem 4-phasigen Prozess auf Basis eines Literaturreviews mit Generierung und Reduktion von Kandidatenkriterien sowie einer anschließenden Validierung in einer unabhängigen Kohorte erarbeitet wurden. Sie bieten eine höhere Spezifität und sind vor allem für klinische und Beobachtungsstudien gedacht.

Die neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für APS sehen als Eingangskriterium das Vorliegen mindestens eines positiven Antiphospholipid (aPL)-Labortests (serologisches Kriterium) innerhalb von maximal drei Jahren nach der Identifizierung eines klinischen Kriteriums vor, gefolgt von zusätzlichen gewichteten Kriterien (Score 1-7) in insgesamt sechs klinischen Domänen (makrovaskuläre venöse Thromboembolien [VTE], makrovaskuläre arterielle Thrombosen, mikrovaskuläre Manifestationen, Komplikationen im Rahmen einer Schwangerschaft, Herzklappen-Probleme und hämatologische Manifestation in Form einer Thrombozytopenie) und der Labordomäne (Lupusantikoagulans [LA] oder moderat bis deutlich erhöhte IgG- oder IgM-Titer für Anti-Cardiolipin [aCL] oder Anti–b2-Glykoprotein I-Antikörper [ab2GPI]) (Tab.).

Wichtig ist, dass ein Kriterium nur dann zu werten ist, wenn es keine gleich gute oder bessere Erklärung hierfür gibt als ein APS. Innerhalb der klinischen und der serologischen Domänen wird jeweils nur der höchste Wert für den Gesamtscore herangezogen. Eine Klassifikation als APS kann erfolgen, wenn mindestens jeweils 3 Punkte in den klinischen und den serologischen Domänen erreicht werden. In der Validierungskohorte zeigten die neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für APS im Vergleich zu den 2006 revidierten Sapporo-Klassifikationskriterien eine überlegene Spezifität von 99 vs. 86 % bei einer zugleich geringeren Sensitivität von 84 vs. 99 %.

Die neuen Klassifikationskriterien sind zwar etwas komplizierter, bieten aber bei korrekter Anwendung durchaus Vorteile. Zu begrüßen sind die Konzentration auf aPL sowie die sowie die nochmalige Anhebung der Grenzwerte für die positive Wertung der Labortests und die deutlich geringere Gewichtung der weniger spezifischen IgM-aPL (1 Punkt) gegenüber den IgG-aPL (4-7 Punkte), wodurch – wenn auch hierfür nicht gedacht – eine „Überdiagnose“ des APS auf Basis unspezifischer Laborwerte durch Nicht-Spezialisten unwahrscheinlicher
wird.

Für die Diagnose in der täglichen Praxis am wichtigsten dürfte, was das Labor anbelangt, weiter die Triple-Positivität aus dem gleichzeitige Vorliegen eines Lupusantikoagulans und von eindeutig erhöhten Antikörpern gegen Cardiolipin und b2-Glykoprotein I bleiben.

Quelle: Ann Rheum Dis 2023; 82(10): 1258-1270