SYSTEMISCHE SKLEROSE

Männer oft mit schwererem Krankheitsverlauf einer ILD

Frühere Beobachtungsstudien wiesen bereits darauf hin, dass bei systemischer Sklerose (SSc) bei Männern im Vergleich zu Frauen mit einem schwereren Verlauf einer assoziierten interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) und höheren Mortalität zu rechnen ist. Dies bestätigte eine von Elizabeth R. Volkmann, Los Angeles (USA), und Kollegen publizierte Post-hoc-Analyse zu zwei randomisierten, kontrollierten Studien, Scleroderma Lung Study (SLS) I und II, in letzterer wurden Cyclophosphamid (CYC) und Mycophenolat Mofetil (MMF) verglichen. Für diese Geschlechterunterschiede könnten verschiedene Biomarker-Profile ursächlich sein. Dass man dieser Thematik mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, verdeutlicht auch eine von Anna-Maria Hoffmann-Vold, Oslo (Norwegen), und Kollegen vorgelegte Analyse zu Nintedanib bei immunbedingten ILD.

In die Post-hoc-Analyse der SLS I- und II-Studie, die den Einfluss des Geschlechts auf die forcierte Vitalkapazität (FVC) vor und nach 24 Monaten Therapie untersuchte, gingen aus SLS I 158 Teilnehmer (111 Frauen, 47 Männer) ein, die orales CYC ≤2 mg/kg/Tag oder Placebo erhalten hatten, sowie aus SLS II 142 Patienten (105 Frauen, 37 Männer), die mit oralem MMF 1.500 mg 2x/Tag oder CYC ≤2 mg/kg/Tag behandelt wurden. Erfasst wurden zudem fibrotische Veränderungen in der HRCT, die Zeit bis zum Tod und Lungenversagen, sowie mit der SSc-ILD assoziierte Biomarker, die in mittels bronchoalveolärer Lavage (BAL) gewonnener Flüssigkeit in SLS I bestimmt wurden.

Auch das Therapieansprechen unterscheidet sich

In der SLS I-Placebogruppe war die Abnahme der FVC von Monat 3 bis 12 bei Männern (von 67 auf 63 %) numerisch größer als bei Frauen (von 68 auf 65 %) (geschätzter Effekt –0,29, 95% KI –0,67 bis 0,10; p=0,14). Unter CYC wurde in SLS I hingegen eine bei Männern und Frauen vergleichbare Verbesserung der FVC in diesem Zeitraum gesehen. In SLS II kam es hingegen unter CYC von Monat 3 bis 12 zu einer Verschlechterung der FVC von 66 auf 64 %, während die sich bei Frauen von 67 auf 72 % verbesserte (geschätzter Effekt –0,72, 95% KI -1,14 bis -0,31; p=0,0006), ebenso signifikant war dies bei MMF; die FVC verbesserte sich bei beiden Geschlechtern, Frauen profitierten aber stärker (geschätzter Effekt -0,34, 95% KI -0,58 bis -0,10; p=0,0051). Auch hatten mehr Männer als Frauen eine FVC-Abnahme ≥10 % in den gepoolten SLS I- und II-Therapiearmen und der SLS I-Placebogruppe. Nach zwei Jahren hatten Männer zudem mehr Fibrose, auch adjustiert auf Baseline-Krankheitsaktivität und Therapiegruppe. Überdies war auch das Langzeitüberleben der Männer schlechter, dies sowohl in SLS I (Log-Rank-Test p=0,080) als auch SLS II (Log-Rank-Test p=0,030). In SLS II war männliches Geschlecht unabhängig mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (Hazard ratio 2,42, 95% KI 1,16-5,04; p=0,018).

All dies weist auf einen schwereren Phänotyp von Männern hin, der sich offenbar in unterschiedlichen Biomarker-Profilen widerspiegelt. So wiesen in der BAL-Flüssigkeit Männer höhere Konzentrationen pro-fibrotischer Mediatoren (z. B. Matrix Metalloproteinase [MMP]-13) auf, während bei Frauen mehr pro-entzündliche Mediatoren (z. B. Interleukin [IL]-12, IL-7 und G-CSF) nachweisbar waren. Auch in puncto Sicherheitsprofil waren gewisse Unterschiede erkennbar. So kam es in SLS I bei Frauen unter CYC häufiger zu Anämie (5,4 vs. 2,1 %), aber seltener zu Therapieabbrüchen (23,4 vs. 38,1 %); in SLS II waren hingegen keine relevanten Differenzen erkennbar. Künftig sollten diese Unterschiede noch stärker Beachtung finden und in Studien adressiert werden. (1)

Kurz erwähnt sei noch eine zweite Post-hoc-Analyse, die sich auf Basis von vier Studien (INPULSIS-1 und -2, SENSCIS, INBUILD) zu immunassoziierten ILD (n=746; 70 % Frauen) und anderen ILD-Formen (n=1.554; 28 % Frauen) mit der Sicherheit von Nintedanib 150 mg 2x/Tag versus Placebo in Abhängigkeit vom Geschlecht befasste. Das Sicherheitsprofil von Nintedanib war bei Männern und Frauen insgesamt recht ähnlich, jedoch waren Brechreiz, Erbrechen, Leberwerterhöhungen, Dosisreduktionen und Therapieunterbrechungen häufiger bei Frauen zu finden, was beim Therapiemanagement zu berücksichtigen ist. (2)

Quellen:
1   Lancet Rheumatol 2022; 4(10): e668-e678
2   Lancet Rheumatol 2022; 4(10): e679-e687