ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN

Leitplanken für den kosteneffektiven Einsatz von b/tsDMARDs

Eine europäische Gruppe um Céleste J.T. van der Togt, Nijmegen (Niederlande), erarbeitete auf Basis eines Umbrella-Reviews und einer internationalen Delphi-Studie gemäß den üblichen EULAR-Prozeduren evidenzbasierte „Points to consider“ zur kosteneffektiven Verordnung von bDMARDs und tsDMARDs bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE), vor allem rheumatoider Arthritis (RA), axialer Spondyloarthritis (axSpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA).

Die internationale Task Force bestand aus 13 Experten (Rheumatologen, Epidemiologen und Pharmakologen) aus 7 europäischen Ländern. Für 12 vorab identifizierte Strategien wurden systematische Reviews (PubMed, Embase) durchgeführt, teils wurden zusätzlich randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) einbezogen. Auf Basis von 30 systematischen Reviews und 21 RCTs wurden letztlich 5 „Overarching principles“ und 20 „Points to consider“ zu 10 (von 12) Strategien mit ausreichender Evidenz formuliert. Das Rad wird dadurch sicher nicht neu erfunden, komplementär zu den Leitlinien ist die Publikation aber durchaus interessant.

Nur kurz zu den Overarching principles: Diese beinhalten u. a. die Forderung nach einem shared decision-making, betonen die Bedeutung des Treat-to-target-Prinzips, die Rolle von Rheumatologen bei der kosteneffektiven Verordnung und adressieren die Schwierigkeiten bezüglich der Erstattungsfähigkeit von b/tsDMARDs (on-/off-label) – alle Empfehlungen gelten gleichermaßen für Originatoren und deren Biosimilars.

Die „Points to consider“ im Überblick

In Bezug auf die Prädiktion des Ansprechens wird aufgrund fehlender Evidenz von einem therapeutischen Drug-Monitoring abgeraten, auch werden keine Vorteile anderer Prädiktoren für die Wahl oder das Tapering eines bestimmten b/tsDMARDs gesehen. Die Nutzung von Arzneimittellisten, basierend auf Effektivität und Sicherheit, aber auch Kosteneffektivität, kann erwogen werden. Zu den Biosimilars/Generika: In Ländern mit entsprechend guter Regulierung sollten diese, falls es sich um die kostengünstigste Therapie handelt, präferiert werden. Unter derselben Bedingung wird auch zum einmaligen Wechsel vom Originator auf dessen Biosimilar geraten. Auf Aufsättigungsdosen kann z. T. verzichtet werden: Da kein klarer Vorteil belegt ist, können Abatacept oder Certolizumab (RA) und Secukinumab (axSpA, PsA) mit der Erhaltungsdosis gestartet werden. Für andere t/bsDMARDs gibt es hierzu keine Angaben, diese sollten wie zugelassen angewendet werden. Initial niedrigere Dosierung: Bei RA hat niedrig dosiertes Rituximab (1x 1.000 oder 2x 500 mg pro Zyklus) die selbe Wirksamkeit und geringere Toxizität wie die zugelassene Dosierung (2x 1.000 mg) und sollte daher präferiert werden. Auch kann bei RA (bessere Sicherheit/Kosteneffektivität) mit der niedrigeren Dosis von Baricitinib und Tocilizumab begonnen werden. Kombinationen: Bei RA sollten b/tsDMARDs mit Methotrexat (MTX) kombiniert werden; falls nicht möglich, können IL-6- oder JAK-Inhibitoren präferiert werden. Bei PsA/axSpA wird hingegen mangels Evidenz von der Kombination von TNFα/Nicht-TNFα-Inhibitoren mit MTX abgeraten.

Nun zur Applikation: Bei RA-Patienten ist die s.c.-Gabe von Abatacept, Infliximab und Tocilizumab der i.v.-Gabe nicht unterlegen; somit kann die kosteneffektivste Applikation gewählt werden. Im Falle von Tocilizumab beeinflusste der Wechsel von i.v. auf s.c. oder vice versa bei RA nicht die Effektivität und Sicherheit. Die Medikamentenadhärenz gilt es zu berücksichtigen, hier wird auf die entsprechenden EULAR Points to consider verwiesen. Krankheitsaktivität-geleitete Dosisoptimierung: Bei RA-Patienten, deren Therapieziel anhaltend erreicht wurde, sollte eine Krankheitsaktivität-geleitete Dosisoptimierung von Anti-TNF-Therapien erwogen werden, bei IL-6-Inhibitoren, Rituximab, Baricitinib oder Abatacept ist es ein „kann“. Ebenfalls kann dies erwogen werden bei anhaltend erreichtem Therapieziel bei axSpA/PsA in Bezug auf Anti-TNF-Therapien. Bei der Dosisoptimierung (faktisch: Deeskalation) kann aufgrund fehlender Evidenz jedes Schema angewendet werden (z. B. Dosisreduktion oder Intervallverlängerung). Von nicht medizinisch begründeten Wechseln innerhalb oder zwischen b/tsDMARD-Klassen wird mangels Evidenz (Effektivität/Sicherheit) abgeraten.                                         

Quelle: RMD Open 2023; 9(1): e002898