RHEUMATOIDE ARTHRITIS

Faktoren für prioritäre Überweisung an Rheumatologen

Muskuloskelettale Beschwerden finden sich in der Primärversorgung zwar häufig, in die Diagnose einer entzündlichen Arthritis (IA) innerhalb von 12 Monaten münden sie aber eher selten. Britische Rheumatologen um Paul Emery, Leeds, untersuchten jetzt in einer großen, 10-Jahres-Beobachtungsstudie bei Patienten mit neu aufgetretenen muskuloskelettalen (MSK) Beschwerden die Assoziation zwischen Patientenfaktoren und dem Risiko für eine Progression zu einer IA.

Von 312 Arztpraxen der britischen Primärversorgung wurden zwischen 2007 und 2019 Patienten ≥16 Jahre mit neuen unspezifischen MSK-Symptomen und ohne klinische Synovitis in die Studie eingeschlossen. Seropositive Patienten (Anti-CCP+) wurden zum Studienzentrum in Leeds zum Follow-up eingeladen, seronegative Patienten (Anti-CCP-) erhielten einen 1-Jahres-Fragebogen und Hausärzte wurden kontaktiert, um zu bestätigen, ob Teilnehmer durch einen Rheumatologen mit einer IA diagnostiziert wurden. Prädiktoren für eine Progression wurden mittels multivariabler Regressionsanalysen bestimmt.

Von den 6.780 Teilnehmern waren 2,8 % Anti-CCP+, bei letzteren kam es in 45 % der Fälle zu einer Progression zur IA (bei 84 % davon in weniger als 12 Monaten; im Mittel nach 45 Wochen), überwiegend zu einer rheumatoiden Arthritis (RA). Die Progressionsrate war mit 62 vs. 13 % höher bei hohen (65 %) als niedrigen Antikörperspiegeln (35 %). Adjustiert auf u. a. Alter, Geschlecht, RA in Familienanamnese und Rauchen hatten Anti-CCP+-Teilnehmer mit hohen Antikörperspiegeln Odds ratios (OR) für die Progression zur IA von 9,42 (p<0,001), für Handschmerzen von 2,74 (p=0,043) und Fußschmerzen von 4,10 (p=0,003). Bei ACPA+-Teilnehmern mit niedrigem Titer war das Fehlen von Hand- oder Fußschmerzen mit einem negativ prädiktiven Wert (NPV) von 96 % für die Progression zur IA verbunden. 1-Jahres-Follow-up-Daten lagen für 5.640 seronegative Teilnehmer vor, von denen 53 mit IA diagnostiziert wurden (0,93 %). Schmerzen in den Händen (OR 2,51; p=0,018) oder Knien (OR 3,03; p=0,003) waren mit der Entwicklung zur IA binnen 12 Monaten assoziiert.

Eine hochtitriger ACPA-Spiegel plus Gelenkbeteiligung birgt ein erhöhtes Risiko für die Progression zur IA bzw. RA. Bei niedrigem ACPA-Spiegel und fehlender Gelenkbeteiligung ist dies unwahrscheinlich. Bei ACPA-negativen Patienten mit Gelenkbeteiligung besteht hingegen ein erhöhtes Risiko. Mit wenigen Routinetests und anhand der Gelenksymptome können Hausärzte somit einfach Patienten für die Überweisung zum Rheumatologen priorisieren.

Quelle: Arthritis Res Ther 2022; 24(1): 26