RHEUMATOIDE ARTHRITIS

EULAR-Maßgaben für das Management der schwer behandelbaren RA

Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) gestaltet sich mitunter schwierig, denn immerhin geschätzt 10 % der Patienten erfüllen die EULAR-Definition für eine schwer zu behandelnde RA (difficult-to-treat, D2T RA). Eine 34-köpfige EULAR Task Force um György Nagy, Budapest (Ungarn), bestehend aus 26 Rheumatologen, Patient Partners und rheumatologisch erfahrenen Fachkräften entwickelte nun EULAR „Points to consider“ (PtCs) für das Management von Patienten mit D2T RA. 

Nach zwei systematischen Literaturreviews, die klinische Fragen rund um diagnostische Herausforderungen und medikamentöse bzw. nicht-medikamentöse Therapiestrategien adressierten, formulierte das Expertenpanel schließlich zwei übergreifende Prinzipien und 11 PtCs auf Basis von Evidenz und (primär) Expertenmeinung – die Stärke der Empfehlungen bewegt sich dabei durchweg im unteren Bereich, die Übereinstimmung war aber jeweils recht hoch.

Die „Points to consider“ im Überblick

Als Definition der D2T RA herangezogen wurde 1. eine Therapie gemäß den EULAR-Empfehlungen mit Versagen auf ≥2 b/tsDMARDs (mit unterschiedlichen Wirkmechanismen) nach zuvor inadäquater csDMARD-Therapie, 2. Zeichen für eine aktive, progressive Erkrankung und 3. die Einschätzung von Arzt und/oder Patient, dass das therapeutische Management Probleme bereitet. In den „Overarching Principles“ wird festgehalten, dass sich die PtCs auf die EULAR-Definition für D2T RA erfüllende Patienten beziehen und dass das nachgewiesene Vorliegen oder Fehlen von Entzündung die medikamentöse bzw. nicht-medikamentöse Therapie leiten sollte.

Nun zu den einzelnen PtCs: Bei Patienten mit V. a. eine D2T RA sollte als erster Schritt die Möglichkeit einer Fehldiagnose und/oder der RA ähnlichen Begleiterkrankung evaluiert werden. Bestehen Zweifel am Vorliegen einer entzündlichen Aktivität bei der klinischen Untersuchung/in Komposit-Scores, sollte zum Nachweis eine Ultraschall (US)-Untersuchung erwogen werden. Komposit-Scores und klinische Untersuchung sollten bei vorliegenden Komorbiditäten, v. a. Adipositas und Fibromyalgie, vorsichtig interpretiert werden, da diese direkt die entzündliche Aktivität steigern oder zu einer Überschätzung der Krankheitsaktivität führen können. Im Rahmen des Shared decision-Making sollte die Therapieadhärenz diskutiert und optimiert werden. Nach dem Versagen eines zweiten oder subsequenten b/tsDMARD und insbesondere nach zwei Fehlversuchen mit TNFα-Inhibitoren, sollte ein b/tsDMARD mit anderem Angriffspunkt erwogen werden. Wenn ein drittes oder weiteres b/tsDMARD erwogen wird, sollte dessen maximale Dosis (falls effektiv und sicher) eingesetzt werden.

Komorbiditäten, die die Lebensqualität direkt oder durch die Einschränkung der für RA verfügbaren Therapieoptionen indirekt beeinflussen, sollten sorgfältig bedacht und gemanagt werden. Bei Patienten mit begleitender HBV/HCV-Infektion können b/tsDMARD eingesetzt werden, eine begleitende antivirale Prophylaxe oder Therapie sollte eng mit einem Hepatologen abgestimmt werden. Zusätzlich zu medikamentösen Therapien sollten nicht-pharmakologische Interventionen (z. B. physikalisch, psychologisch, Edukation und Selbstmanagement) erwogen werden zur Optimierung des Managements funktioneller Einschränkungen, Schmerzen und Fatigue. Den Patienten sollten angemessene Lehrmaterialien und Hilfsmaßnahmen angeboten werden, um diese direkt über die Wahl der Therapieziele und das Management zu informieren und dabei zu unterstützen. Um die Fähigkeit der Patienten, mit ihre Erkrankung zuversichtlich umzugehen („Selbstwirksamkeit“), sollten Selbstmanagement-Programme, edukative und psychologische Interventionen erwogen werden.

Auch wenn noch viele Fragen, die in einer umfangreichen Research Agenda formuliert werden, offen bleiben, bieten die PtCs eine klinische Roadmap für das Vorgehen bei Patienten mit schwer zu behandelnder RA. Vor allem die Betonung darauf, mögliche Fehldiagnosen in Betracht zu ziehen und den Einfluss von Komorbiditäten zu beachten, erscheinen für die tägliche Praxis hilfreich.          

Quelle: Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-220973