JUVENILE SYSTEMISCHE SKLEROSE

Erste Konsensus-basierte Empfehlungen herausgegeben

Abb.: Vorgeschlagener Therapiealgorithmus bei Patienten mit JSSc

Abb.: Vorgeschlagener Therapiealgorithmus bei Patienten mit JSSc

Für die juvenile systemische Sklerose (JSSc) fehlte ein internationaler Konsensus, geschweige denn Empfehlungen zur Beurteilung und Behandlung. Die europäische SHARE-Initiative erarbeitete nun eine konsentierte Expertenmeinung auf Basis der besten verfügbaren Evidenz. Die von Francesco Zulian, Padua (Italien), und Kollegen vorgelegten Empfehlungen sollen über die Standardisierung der Patientenversorgung die Mortalität und Morbidität von JSSc-Patienten langfristig verbessern.

Die 16 beteiligten Experten fokussierten sich nicht nur auf die Hautbeteiligung, sondern auch auf frühe Anzeichen einer Beteiligung innerer Organe, deren konsequente Behandlung zu einer signifikanten Verbesserung des Langzeitergebnisses beitragen kann. Zur Erfassung der Krankheitsaktivität wird der Juvenile Systemic Sclerosis Severity Score (J4S)-Score vorgeschlagen, ebenso wurde ein stufenweiser Therapiealgorithmus entwickelt (Abb.).

Zunächst zu den sechs Empfehlungen zur Erfassung von Krankheitsstatus und -aktivität. Als übergreifendes Prinzip wurde formuliert, dass 1. alle Kinder mit Verdacht auf JSSc an ein spezialisiertes pädiatrisch-rheumatologisches Zentrum zur Sicherung einer multidisziplinären Versorgung überwiesen werden sollten. Bei vaskulärer Beteiligung sollte 2. bei allen JSSc-Patienten mit isoliertem Raynaud-Phänomen eine Nagelfalz-Kapillarmikroskopie und ANA-Testung durchgeführt werden. Ist das Ergebnis der Kapillarmikroskopie abnorm und/oder liegt eine ANA-Positivität vor, wird ein regelmäßiges Follow-up empfohlen. Bei einer kutanen Beteiligung sollte 3. ein standardisiertes Haut-Score-Instrument zur klinischen Bewertung genutzt werden. Der modifizierte Rodnan Skin-Score (mRSS) ist geeignet, bedarf aber einer Adaptierung und Validierung für die Nutzung bei Kindern. Bei Beteiligung innerer Organe kann 4. der J4S-Score zur Erfassung der Krankheitsschwere eingesetzt werden, bedarf aber einer Validierung. Es wird 5. festgestellt, dass Lungenfunktionstests, einschließlich DLCO, und die HRCT bei Kindern mit JSSc sensitive Methoden zum Nachweis des Vorliegens und der Schwere einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) sind. Ebenfalls indiziert sind Lungenfunktionstests zur Verlaufsbeobachtung der respiratorischen Funktion. Mindestens alle sechs Monate sollten 6. Lungenfunktionstests mit DLCO, kardialer Echokardiografie, Überprüfung von Nierenfunktion und mRSS erfolgen.

Empfehlungen zur Therapie

Insgesamt acht Empfehlungen werden zum Therapiemanagement ausgesprochen. Bei Hautbeteiligung werden 1. systemische Kortikosteroide, in Kombination mit einem DMARD, als nützlich in der aktiven entzündlichen Phase der JSSc eingestuft. Zum Zeitpunkt der JSSc-Diagnose sollte 2. eine systemische immunmodulatorische Therapie wie Methotrexat (MTX) in Erwägung gezogen werden und 3. im Fall eines Nicht-Ansprechens auf MTX eine zusätzliche immunmodulatorische Therapie wie z. B. Mycophenolat Mofetil (MMF) erwogen werden. Bei einer Herz- und/oder Lungenbeteiligung kann 4. Cyclophosphamid (CYC) zum Einsatz kommen. Bei vaskulärer Beteiligung kann 5. Iloprost zur Behandlung ischämischer Finger und digitaler Ulzerationen (DU) eingesetzt werden. Bei einer pulmonalen Hypertonie (ab NYHA-Klasse II) und/oder therapierefraktären DU sollte 6. Bosentan erwogen werden.

Im Hinblick auf experimentelle Therapien sollten 7. Biologika, insbesondere Tocilizumab oder Rituximab, bei schwer erkrankten oder refraktären Patienten erwogen werden. Bei JSSc-Patienten mit progressiver Erkrankung, die auf immunsuppressive Therapien versagen, kann auch eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) eine Behandlungsoption sein.

Quelle: Rheumatology 2020; doi: 10.1093/rheumatology/keaa584