SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES

Aktuelle Therapiestudien zum SLE im Überblick: Interleukin-2 und Litifilimab im Fokus

Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) wurden mit der Ausnahme von Belimumab und Anifrolumab in Phase-III-Studien inzwischen bereits reihenweise hoffnungsvolle Therapiekandidaten aussortiert. Zuletzt etwa Baricitinib oder auch Ustekinumab, zu letzterem wurden jetzt die Phase-III-Ergebnisse aus der LOTUS-Studie publiziert. Wie sich der neue Hoffnungsträger Deucravacitinib in Phase-III schlägt, bleibt abzuwarten. Aber auch Phase-II kann Probleme bereit halten, wie die kürzlich veröffentlichte LUPIL-2-Studie zu niedrig-dosiertem Interleukin (IL)-2 zeigt. Noch intakt sind trotz eher durchwachsener Ergebnisse nach zwei Phase-II-Studien die Chancen des am „Blood dendritic cell antigen 2 (BDCA2)-Rezeptor angreifenden Antikörpers Litifilimab bei SLE und kutanem LE.

Nur kurz eingegangen sei auf die von Ronald F. van Vollenhoven, Amsterdam (Niederlande), und internationalen Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie LOTUS, in der der IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab (i.v. 6 mg/kg in Woche 0, dann s.c. 90 mg in Woche 8 und alle weiteren 8 Wochen) bei 516 aktiven SLE-Patienten (SLEDAI-2K ≥4) trotz Glukokortikoiden (GK), Antimalariamitteln und Immunsuppressiva im Verhältnis 3:2 bis Woche 48 gegen Placebo geprüft wurde. Primärer Endpunkt war das SRI-4-Ansprechen in Woche 52, sekundäre Endpunkte u. a. die Zeit bis zum Schub über 52 Wochen und das SLE Responder Index (SRI)-4-Ansprechen in Woche 24.

Aufgrund eines vorzeitigen Studienabbruchs gingen nur 289 Patienten mit 52-Wochen-Daten in die Effektivitätsanalyse ein (Ustekinumab/Placebo: 173 vs. 116). In Woche 52 erreichten ein SRI-4-Ansprechen 44 vs. 56 % der Patienten unter Ustekinumab und Placebo, auch bei den wichtigen sekundären Endpunkten waren keine signifikanten Vorteile erkennbar. Bis Woche 52 kam es bei 28 vs. 32 % zu einem BILAG-Schub mit einer mittleren Zeit zum ersten Schub von 204,7 vs. 200,4 Tagen. Auch in puncto Sicherheit gab es keine Unterschiede (70 vs. 74 % mit ≥1 unerwünschten Ereignis). Die potenziellen Gründe für den Fehlschlag und die eklatanten Unterschiede zur erfolgreichen Phase-II-Studie wurden zwar eingehend diskutiert, wirkliche Klarheit besteht aber nicht. (1)

Niedrig dosiertes IL-2 mit Teilerfolg in Phase-II

Ein Mangel an regulatorischen T-Zellen (Tregs) aufgrund von zu wenig IL-2 ist ein zentraler Baustein der SLE-Pathogenese. Nachdem bereits die Proof-of-Concept-Phase-I/II-Studie PRO-IMMUN auf eine recht gute Wirksamkeit von niedrig dosiertem IL-2 (Aldesleukin) bei therapierefraktären Patienten hingewiesen hatten, untersuchten jetzt David Klatzmann, Paris (Frankreich), und Kollegen (mit deutscher Beteiligung), in der internationalen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie LUPIL-2 die Effektivität von Low-Dose IL-2 bei mäßig bis schwer aktiven SLE-Patienten trotz bestehender Standardtherapie. Insgesamt 100 Patienten wurden im Verhältnis 1:1 auf entweder 1,5 Millionen IU/Tag von s.c. IL-2 (ILT-101) oder Placebo für 5 Tage gefolgt von wöchentlichen Injektionen für 12 Wochen randomisiert. Die klinische Effektivität wurde in Woche 12 bestimmt in Form einer vorab definierten hierarchischen Analyse von (1) dem SRI-4-Ansprechen als primärem Endpunkt, (2) den relativen und (3) den absoluten Veränderungen im SELENA-SLEDAI-Score als den beiden wichtigsten sekundären Endpunkten.

Durchaus überraschend wurde der primäre Endpunkt in der Intention-to-treat (ITT)-Population in Woche 12 verfehlt (68 vs. 58 % unter ILT-101 bzw. Placebo; p=0,3439), was (vor allem) auf eine SRI-4-Ansprechrate von 100 % im Placeboarm an zwei bulgarischen Zentren zurückzuführen war. Eine Post-hoc-Per-Protokoll-Analyse in einer prä-spezifizierten Population, die Patienten aus diesen beiden Zentren ausschloss (n=53), ergab eine signifikante Differenz in der SRI-4-Ansprechrate zugunsten von ILT-101 (83,3 vs. 51,7 %; p=0,0168), gleiches galt für die beiden wichtigsten sekundären Endpunkte und eine Reihe weiterer sekundärer Endpunkte. ILT-101 wurde gut vertragen, es wurde keine Entwicklung von Anti-Drug-Antikörpern beobachtet. Aus der Post-hoc-Analyse, die allerdings nur noch weniger als die Hälfte aller Patienten beinhaltete, ergibt sich somit (im Verbund mit früheren Daten) ein starker Hinweis auf eine gute Wirksamkeit von niedrig dosiertem IL-2 bei aktivem SLE. Eine weitere Exploration in Studien erscheint ebenso gerechtfertigt wie auch unumgänglich, da die Aussagekraft dieser Phase-II-Studie aus dem genannten Grund doch stark limitiert ist. (2)

Anti-BDCA2-Antikörper Litifilimab effektiv bei kutanem LE

Der Anti-BDCA2-Antikörper Litifilimab hat sich in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Dosisfindungsstudie LILAC B bei kutanem LE als wirksam erwiesen – mit gewissen Einschränkungen. Wie bei SLE spielen auch beim kutanen LE, für den die Therapieoptionen limitiert sind, Typ-I-Interferone und andere Entzündungsmediatoren eine Rolle, die beispielsweise von plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDC) freigesetzt werden – deren Hemmung über den BDCA2-Rezeptor, der sich nur auf der Oberfläche von pDC findet, stellt daher einen potenziellen Angriffspunkt dar.

In die von Victoria Werth, Philadelphia (USA), und Kollegen veröffentlichte LILAC B-Studie wurden 132 Patienten mit histologisch bestätigtem kutanem LE mit (n=57) oder ohne SLE (im Mittel 43 Jahre, Krankheitsdauer 7-10 Jahre, meist Vortherapie mit Hydroxychloroquin) im Verhältnis 1:1:1:1 auf s.c. 50 (n=26), 150 (n=25) oder 450 mg (n=45) Litifilimab oder Placebo (n=33) in den Wochen 0, 2, 4, 8 und 12 randomisiert. Der primäre Endpunkt, eine Verbesserung im CLASI-A-Score (Cutaneous Lupus Erythematosus Disease Area and Severity Index–Activity Score, 0-70 Punkte) von Baseline (initial 15,2, 18,4, 16,5 und 16,5 Punkte) bis Woche 16, wurde mit allen drei Dosierungen signifikant erreicht. Bis Woche 16 fiel versus Placebo der CLASI-A-Score unter 50 mg Litifilimab um 24,3 %-Punkte (95% KI -4,9 bis -43,7), unter 150 mg um 33,4 %-Punkte (95% KI -14,1 bis -52,7) und unter der 450 mg-Dosierung um 28,0 %-Punkte (95% KI -11,4 bis -44,6). In den meisten sekundären Endpunkten wurde jedoch keine signifikante Verbesserung erzielt. So wurde nur unter 450 mg Litifilimab eine Reduktion des CLASI-A-Score um ≥50 % erreicht, eine Verbesserung um 4 Punkte nur unter 150 mg Litifilimab (wohl auch aufgrund niedriger Ausgangswerte). Die Sicherheit war mit Placebo vergleichbar, die meisten unerwünschten Ereignisse waren leicht bis mäßig. Es kam jedoch gehäuft zu Infektionen (Influenza: 5 vs. 0 Fälle), je einer oralen Herpes und Herpes Zoster-Infektion (je vs. 0) und zu 3 Hypersensitivitätsreaktionen. (3) Obwohl bei kutanem LE noch Fragezeichen bleiben, soll noch in diesem Jahr eine Phase-III-Studie initiiert werden.

Litifilimab: Gemischte Ergebnisse bei aktivem SLE

Nur wenig später publizierten Richard Furie, New York (USA), und Kollegen zu Litifilimab die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie LILAC A, die ursprünglich auch den kutanen SLE adressieren sollte, aber nach dem Einschluss von 22 Patienten auf den SLE (vor allem Arthritis) einschließlich geändertem primären Endpunkt umgewidmet wurde.

Eingeschlossen wurden schließlich 132 Patienten (im Mittel 40 Jahre, 88-98 % Frauen, 58-68 % mit Hautmanifestationen, Anzahl geschwollener/druckschmerzhafter Gelenke [SJC/TJC] ≥4), die auf s.c. 50 (n=6), 150 (n=6) oder 450 mg (n=64) Litifilimab oder Placebo (n=56) in den Wochen 0, 2, 4, 8, 12, 16 und 20 randomisiert wurden. In die Primäranalyse gingen nur die Patienten auf der 450 mg-Dosis ein. Primärer Endpunkt war (statt des zunächst geplanten CLASI) die Veränderung im kombinierten SJC/TJC bis Woche 24. Sekundäre Endpunkte waren der CLASI-A und SLEDAI-2K.

Der primäre Endpunkt wurde signifikant erreicht mit einer Abnahme im SJC/TJC um -15, 0 vs. -11,6 aktiven Gelenken unter Litifilimab 450 mg bzw. Placebo (Δ 3,4, 95% KI 0,2-6,7; p=0,04). Bei der Reduktion des CLASI-A-Scores um ≥50 % (64 vs. 42 %) zeigte sich wie auch für die mittlere Veränderung des CLASI-A nur ein (stark) positiver Trend zugunsten von Litifilimab. Ein signifikanter Vorteil fand sich im SLEDAI-2K (-4,4 vs. -2,6), einen Rückgang um ≥4 Punkte erreichten 56 vs. 29 % der Patienten. Keine Unterschiede zeigten sich für die Rate der SLE-Progression oder im globalen Arzturteil (PhGA). Die Verträglichkeit war gut, zu beachten waren zwei Fälle von Herpes Zoster bzw. einer mit Herpeskeratitis.

Aufgrund der Protokolländerung und nicht idealen Balance zwischen den Gruppen sind valide Aussagen schwierig, längere und größere Studien bleiben hier abzuwarten. (4) Und tatsächlich sind trotz der doch eher gemischten Phase-II-Daten mit TOPAZ-1 und -2 bereits im vergangenen Jahr zwei Phase-III-Studien zum SLE angelaufen.

Quellen:
1 Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/ard-2022-222858
2 Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/ard-2022-222501
3 N Engl J Med 2022; 387(4): 321-331
4 N Engl J Med 2022; 387(10): 894-904