RÜCKBLICK AUF DEN HYBRIDEN EULAR-KONGRESS 2022

Zum 75. viel Neues aus der Rheumatologie

Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester

Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester

In diesem Jahr wurde erstmals der Kongress der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) als Hybrid-Veranstaltung sowohl live im Bella Center in Kopenhagen als auch virtuell ausgetragen - zugleich war es dessen 75. Geburtstag. Den Jubiläumskongress verfolgten über 13.000 Teilnehmer vor Ort (ca. 8.000) oder vor ihren Bildschirmen. Mit gegenüber 2021 noch mehr Abstracts und Postern, einer Late breaking-Abstract- und EULAR-Leitlinien-Session, klinischen und Grundlagen-Sitzungen, den HOT- und WIN- sowie Practical Skills-Sessions, EULAR-Debatten und dem neuen „Meet the EULAR Expert“-Format kann der Kongress wieder als großer Erfolg verbucht werden.

Zum guten Gelingen des Kongresses trugen natürlich auch in diesem Jahr die unter dem Dach der EULAR befindliche europäische Patientenorganisation „People with Arthritis and Rheumatism in Europe“ (PARE) und der Zusammenschluss des rheumatologischen Fachassistenzpersonals, die „Health Professionals in Rheumatology“ (HPR), bei.

Einen Schwerpunkt bildete wieder das Thema COVID-19 mit neuen Erkenntnissen aus Registern zum Risiko bei speziellen rheumatologischen Krankheitsentitäten, dem Umgang mit Rituximab (und anderen Anti-B-Zell-Therapien) sowie Januskinase (JAK)-Inhibitoren und optimierten Therapiepausen (auch in puncto Methotrexat, MTX) rund um die Impfungen.

Das Highlight in puncto rheumatoide Arthritis (RA) war die Präsentation des Updates der EULAR-Empfehlungen. Wichtigste Neuerungen sind die stärkere Betonung, Glukokortikoide (GK) so rasch wie möglich auszuschleichen und ganz abzusetzen. Nach dem Versagen von MTX bzw. csDMARDs werden JAK-Inhibitoren als Folge der weiter intensiv diskutierten ORAL Surveillance-Studie bei RA-Patienten erst nach Analyse und Berücksichtigung von relevanten Risikofaktoren für kardiovaskuläre oder maligne Erkrankungen empfohlen, bleiben abgesehen davon aber auf demselben Level wie bDMARDs. Inwieweit sich das Risiko der Progression einer Arthralgie zur RA durch eine frühe antientzündliche Therapie verringern lässt, bleibt auch nach der TREAT EARLIER-Studie mit MTX fraglich. Auch die Debatte um das Nutzen-Risiko-Profil niedrigdosierter GK – wie in der GLORIA-Studie bei über 65-Jährigen untersucht – dürfte anhalten.

Bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) wird sich das Therapiespektrum nach zwei positiven Phase-III-Studien zu dem dualen Interleukin (IL)-17A/F-Inhibitor Bimekizumab nochmals erweitern. Und mit dem neuartigen IL-17-Inhibitor Izokibep meldet sich nach einer Phase-II-Studie bereits der nächste vielversprechende Kandidat an. Interessante Daten wurden ferner zur Differenzierung zwischen axialer PsA und axialer Spondyloarthritis (axSpA) vorgestellt. Zu letzterer gab es eine ganze Reihe von Studien, so zur Progression von der nicht-radiografischen (nr-) zur radiografischen (r-) axSpA (PROOF), zur Rolle von NSAR bei der Reduktion struktureller Schäden (CONSUL) und vor allem je zwei positive Phase-III-Studien zu Bimekizumab und Upadacitinib. Ein Highlight war zudem die Präsentation des Updates der ASAS/EULAR-Leitlinie. Leicht revidiert wurden die Kriterien für den Einsatz von b/tsDMARDs nach unzureichendem Ansprechen auf NSAR (ASDAS ≥2,1 als Hauptkriterium), bDMARDs und JAK-Inhibitoren wurden einander fast gleichgestellt. 

Beim systemischen Lupus erythematodes ist primär eine positive Phase-II-Studie zu dem Tyrosinkinase (TYK)-2-Inhibitor Deucravicitinib erwähnenswert, während die Entwicklung von Baricitinib nach zwei eher enttäuschenden Phase-III-Studien eingestellt wurde (letzteres bot aber gute Phase-III-Daten bei juveniler idiopathischer Arthritis). Bei Riesenzellarteriitis (RZA) gab es neue Daten zu Secukinumab und Tocilizumab, zur Polymyalgia rheumatica (PMR) wurde eine positive Phase-III-Studie zu Sarilumab vorgestellt. Den neuen Erkenntnissen aus den letzen Jahren Rechnung tragend, wurde im Update der EULAR-Leitlinie zu den ANCA-Vaskulitiden Rituximab deutlich aufgewertet, der Plasmaaustausch abgewertet und Avacopan (Steroideinsparung) und Mepolizumab (bei EGPA) neu aufgenommen.

Auf ein Wiedersehen beim nächsten EULAR-Kongress, der vom 31. Mai bis 3. Juni 2023 in Mailand ansteht!                

Prof. Dr. med. Gerd Rüdiger Burmester
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie
Charitéplatz 1, 10117 Berlin