Serie: Abgabe / Verkauf einer rheumatologischen Praxis

Wie regeln Sie Ihre Unternehmensnachfolge? Teil 1: Die Suche nach einem Nachfolger

Rechtsanwalt Christian Koller

Rechtsanwalt Christian Koller

In den nächsten Jahren werden zahlreiche Rheumatologen aus Altersgründen ihre ärztliche Tätigkeit beenden. Dabei stellen sich verschiedene Fragen: Wie findet man einen geeigneten Nachfolger? Wie bereitet man die Übernahme am besten vor? Welcher Kaufpreis kann verlangt werden? Auf was muss bei der Vertragsgestaltung geachtet werden? Welche Fallstricke gibt es im Nachbesetzungsverfahren? Diesen Fragen wird in verschiedenen Beiträgen in der Rheuma Management nachgegangen.

Die Abgabe der eigenen Praxis sollte mindestens 3 bis 5 Jahre im Voraus geplant werden. Insbesondere Rheumatologen in strukturschwachen Gebieten müssen sich darauf einstellen, dass sie nicht binnen Jahresfrist einen passenden Nachfolger finden werden. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, die der Praxisinhaber im Blick haben sollte. Gleichzeitig sollte man frühzeitig damit anfangen, die Praxis für einen Abnehmer attraktiv zu machen. 

Wie finde ich meinen Nachfolger? 

Regional: Neben den Praxisgesuchen in den einzelnen Mitteilungsorganen der Ärztekammern (z. B. in Bayern das Deutsche und Bayerische Ärzteblatt sowie die Münchner Ärztlichen Anzeigen), verfügt fast jede Kassenärztliche Vereinigung (KV) mittlerweile über eine kostenlose digitale Praxisbörse. Liegt die Praxis in der Nähe eines benachbarten KV-Bezirks, sollten auch die dortigen Mitteilungsorgane und KV-Praxisbörsen nach potenziellen Übernehmern in den Fokus genommen werden. 

Überregional: Es macht aber auch Sinn, die Suche auf ganz Deutschland auszuweiten. Denn häufig suchen junge Ärzte, die an einer Uniklinik oder einem anderen Krankenhaus arbeiten, bundesweit nach einer Möglichkeit zur Niederlassung. Hier bieten kommerzielle Praxisbörsen im Internet eine größere Reichweite. Suchportale werden z. B. von der apoBank, MLP oder Mediorbis betrieben. Dabei wird die eigentliche Suchplattform kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach einer erfolgreichen Vermittlung werden sodann Dienstleistungen angeboten, wie z. B. die Finanzierung des Kaufpreises, der Abschluss von Versicherungen oder Marketingmaßnahmen. Es kann auch in die aktive Suche investiert werden. Dies beginnt mit der Schaltung einer Anzeige für die Praxisabgabe in den bereits oben erwähnten Mitteilungsorganen bis hin zur Beauftragung eines Praxisvermittlers. Letzterer übernimmt den organisatorischen Aufwand der Nachfolgersuche und lässt sich dies in der Regel bei erfolgreicher Vermittlung mit einer prozentualen Beteiligung am Kaufpreis entlohnen.

Aufbau eines Nachfolgers 

Bedingt durch den Nachwuchsmangel in der Rheumatologie ist zu überlegen, den potenziellen Nachfolger schon früh selber aufzubauen. Dies gelingt durch die Anstellung, idealerweise auch als Weiterbildungsassistenten. Je nach Praxisstruktur bestände der Vorteil, dass der zukünftige Praxisübernehmer die Arbeit, das Praxisteam und die Patienten ausreichend kennenlernt und sich eher überzeugen lässt, die Praxis als Ganzes mit Mietvertrag, Angestellten und Praxiseinrichtung zu erwerben. Darüber hinaus verschafft man sich im Nachbesetzungsverfahren einen erheblichen Vorteil. Sollte es mehrere Interessenten für den internistischen Sitz geben, wird derjenige, der bereits bei dem abgebenden Vertragsarzt angestellt war, bevorzugt (§ 103 Abs. 4 Nr. 6 SGB V).

Natürlich stellt sich dabei die Frage, auf welcher Vertragsarztzulassung der angestellte Arzt arbeiten soll. Dies gilt dann, wenn die Praxis in einem gesperrten Gebiet liegt und ein zusätzlicher Versorgungsauftrag für eine sog. Arztstelle nicht vorhanden ist: 

Ist er als Weiterbildungsassistent tätig, benötigt er keinen eigenen Versorgungsauftrag. Er läuft auf der Zulassung des Praxisinhabers quasi mit.

Ist er als Facharzt tätig, kann er als Sicherstellungsassistent ohne Honorarbegrenzung in der Praxis mitarbeiten. Die Sicherstellung wird von der KV genehmigt, wenn ein bestimmter Sicherstellungsgrund vorliegt. Dieser kann darin liegen, dass der Praxisinhaber aufgrund eigener Erkrankung, der Pflege naher Angehöriger oder der Erziehung eigener Kinder nicht vollumfänglich seinen Versorgungsauftrag erfüllen kann. Alternativ kann eine Sicherstellung zur Einarbeitung eines Arztes, mit dem eine Anstellung oder Kooperation beabsichtigt ist, genehmigt werden. Letztgenannter „Sicherstellungsgrund“ wird aber in der Regel nur für wenige Monate akzeptiert.

Sobald die Befristung der Sicherstellungsassistenz wegfällt bzw. nicht mehr verlängert wird, bleibt dann nur noch die Möglichkeit einer Anstellung im sog. Job-Sharing. Die Anstellung im Job-Sharing ist unbefristet. Dafür muss sich die Praxis einer Honorarbegrenzung unterwerfen. Der Praxisinhaber darf zusammen mit dem angestellten Arzt nicht mehr als 3 % des bisherigen Honorarvolumens im GKV-Bereich abrechnen. Dies kann dazu führen, dass die Tätigkeit des Angestellten nicht kostendeckend sein wird.   
 
Andererseits bietet die Anstellung die Möglichkeit der Arbeitsteilung. Dem Praxisinhaber steht mehr Zeit zur Verfügung, den (honorarmäßig unbegrenzten) Privatanteil der Praxis auszubauen. Damit kann der Praxiswert gefestigt oder gar gesteigert werden, sodass sich das Job-Sharing durchaus lohnen kann. Ebenso ist das Job-Sharing im Hinblick auf eine Arbeitszeitreduzierung im Alter eine sinnvolle Anstellungsmöglichkeit.

Teamplayer-Lösung

In den Fällen, in denen die Praxis einem bislang praxisfremden Nachfolger übergeben wird, sollte man zumindest über eine vorrübergehende Zusammenarbeit nachdenken. Auch hier sind die bereits oben dargestellten Vorteile zu bedenken: 

  • Frühe Patientenbindung 
  • Kennenlernen der Praxisabläufe und des Personals
  • Rechtlicher Vorteil im Nachbesetzungsverfahren

Dabei ist schon eine mehrmonatige Kooperation in Gestalt einer Sicherstellungsassistenz hilfreich. Möchten beide Parteien jedoch ein längerfristiges Engagement, so ist nicht nur eine Anstellung im Rahmen des Job-Sharing möglich. Bei einer mehrjährig angedachten Zusammenarbeit kann auch die Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft auf einer Zulassung erfolgen, ähnlich wie dem Angestellten-Job-Sharing. Dies ist dann zu erwägen, wenn eine Partnerschaft auf Augenhöhe stattfinden soll. Hier ist zu bedenken, dass die Gründung einer Gesellschaft einen gewissen Aufwand verursacht, da ein Gesellschaftsvertrag gestaltet werden muss.

Praxisübergabe an die Kinder 

Soweit der Nachfolger aus der eigenen Familie kommt, erfolgt die Praxisübergabe meist kostenfrei oder zu einem Kaufpreis weit unter Marktwert. In diesem Zusammenhang sind vor allem steuerrechtliche Fragen zu beachten. Um die Schenkungssteuer zu vermeiden, macht es Sinn, den Weg der vorweggenommenen Erbfolge zu gehen. 
Dabei kann nach derzeitiger Rechtslage alle 10 Jahre ein Steuerfreibetrag in Höhe von € 400.000.- pro leibliches Kind angesetzt werden. Diese Eckdaten sollten im Blick sein, wenn weitere Vermögenswerte in die Erbmasse fallen und der Steuerfreibetrag überschritten werden würde. Mit einer frühzeitigen Übertragung von Vermögenswerten kann der Freibetrag mehrmals in voller Höhe angesetzt werden. 

Übertragung der Zulassung auf MVZ oder BAG

Findet sich kein Nachfolger für die Übernahme der Praxis als Ganzes, kann versucht werden, die Vertragsarztzulassung isoliert zu „verkaufen“. Dabei werden jedoch in der Regel viel geringere Kaufpreise erzielt. Gegenstand des Kaufvertrages ist nicht die Vertragsarztzulassung an sich, sondern allein der Patientenstamm. Hier bieten sich vor allem bereits bestehende Medizinische Versorgungszentren (MVZ) oder auch Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) als Abnehmer an. 

Finanziell interessanter könnte es jedoch sein, die Zulassung zu verkaufen und sich gleichzeitig darauf anstellen zu lassen. Dabei spielen zwei Aspekte eine Rolle: Zum einen kann die nachfolgende Angestelltentätigkeit steuerlich attraktiv sein. Dies sollte im Einzelfall mit dem Steuerberater geklärt werden. 

Zum anderen muss auch bei dieser Übertragung ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt werden. Ein solches birgt das Risiko, dass sich mehrere Interessenten auf die Vertragsarztzulassung bewerben. Um der Übertragung auf einen dritten Leistungserbringer vorzubeugen, kann der Abgeber seine Vertragsarztzulassung in das MVZ einbringen und sich auf diese anstellen lassen. Aus seiner Vertragsarztzulassung wird eine sog. Arztstelle. Bleibt sein Anstellungsverhältnis für mindestens drei Jahre bestehen, so entfällt nach seinem Ausscheiden aus dem MVZ oder der BAG die Notwendigkeit eines Nachbesetzungsverfahrens. Nach diesem Zeitraum kann die geschaffene Arztstelle durch das MVZ bzw. die BAG mit einem neuen Angestellten einfach nachbesetzt werden. 

Aufhübschen der Braut

Soweit nicht nur die Vertragsarztzulassung, sondern die Praxis als Ganzes verkauft wird, sollte sie vor der Übergabe fit für die Zukunft gemacht werden. Dies erhöht nicht nur die Chancen des Weiterverkaufs, sondern auch den Kaufpreis. Letzterer setzt sich aus dem materiellen und immateriellen Praxiswert zusammen. Dabei macht der immaterielle Wert meist den wesentlich höheren Bestandteil des Kaufpreises aus. Da zur Berechnung in der Regel die Praxiseinnahmen der letzten 3 Jahre eine entscheidende Rolle spielen, sollte man sein Augenmerk darauf richten, wie man den Umsatz weiter erhöhen kann. 

Gerade in der Rheumatologie ergeben sich dabei nicht nur über Selektivverträge und der ASV verschiedene Chancen, den GKV-Umsatz zu steigern. Auch das TSVG hat vielfach finanzielle Anreize gesetzt, um die frühere Terminvereinbarung für GKV-Patienten zu fördern. So ist vor allem die Regelung interessant, dass mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) alle Patienten, die erstmals oder zum letzten Mal vor mehr als zwei Jahren in einer vertragsärztlichen Einrichtung behandelt wurden, nicht mehr budgetiert sind, sondern außerhalb der Morbiditäts-orientierten Gesamtvergütung, direkt von den Krankenkassen mit zusätzlichem Geld bezahlt werden. Der BDRh sieht hierin eine Förderung der sogenannten Früharthritis-Sprechstunde. 

Ebenso kann man über Änderungen am Mietvertrag nachdenken. Ein langfristiges Mietverhältnis verschafft dem Übernehmer Planungssicherheit. Soweit absehbar ist, dass der Mietvertrag demnächst ausläuft, sollte der Praxisinhaber versuchen, noch nachträglich sogenannte Verlängerungsoptionen zu verhandeln. Auf diese kann ein Nachfolger dann setzen. Er kann auf kurze Frist als Abgeber aussteigen oder eben auch zur Sicherung des Praxisstandortes weiter verlängern.

Sodann sollten notwendige Investitionen aufgrund einer absehbaren Praxisaufgabe nicht aus dem Blick geraten. Insbesondere ein modernes Ambiente – Klimatisierung, viel Licht, gute technische Ausstattung – können potenzielle Käufer überzeugen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung ist eine gute Anbindung an das Netz ein Standortvorteil. Ebenso sollte sichergestellt werden, dass erfahrene und etablierte Mitarbeiter der Praxis erhalten bleiben. Ein Praxisübernehmer wird dankbar sein, wenn er sich von Anfang an auf ein eingespieltes Team verlassen kann, dass ihn bei seinem Neustart unterstützt.

Wichtig: Letztlich sollte der Praxisabgeber bis zum Schluss mit vollem Elan seine Praxis führen, um zu verhindern, dass der Patientenstamm langsam abwandert! Wie bereits dargelegt, bemisst sich der Kaufpreis in der Regel an den Einnahmen der Praxis. Mit dieser Frage beschäftigt sich sodann der nächste Beitrag aus dieser Reihe.     

Rechtsanwalt Christian Koller
Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei Tacke Krafft
Rindermarkt 3 und 4
80331 München
E-Mail: christian.koller(at)tacke-krafft.de