DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR RHEUMATOLOGIE

Vorläufig kein Austausch von Biologika durch Apotheken

Im Rahmen des „Stellungnahmeverfahrens zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie über den Austausch von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln durch Apotheken“ des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) positionierte sich die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) e.V. erfolgreich: Aufgrund der von der DGRh und anderen Fachverbänden geäußerten erheblichen Einwände wurde die abschließende Entscheidung über die Substitution zunächst um ein Jahr verschoben. Zudem soll zunächst die Austauschbarkeit von Arzneimitteln, die ärztlich verabreicht werden, geprüft und die Austauschbarkeit der von Patienten selbst parenteral angewendeten Präparate zurückgestellt werden, heißt es im aktuellen Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes.

Die DGRh begrüßt diese richtige Entscheidung im Sinne von Patienten, denen dadurch Verunsicherung, Fehlanwendung, Behandlungsfehler und unberechenbare medizinische Risiken erspart bleiben. Die vom G-BA angestrebte Kostenersparnis sei aus Sicht der Fachgesellschaft nicht zu erwarten.

Abschließende Entscheidung fällt erst in 2023

Die geplante Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) sieht vor, dass Apotheken zukünftig Biologika identischer Wirkstärke, Packungsgröße und vergleichbarer Darreichungsform austauschen dürfen. Dies ist bisher allein Ärzten vorbehalten. Hinter diesem Vorhaben stehen keine medizinischen Gründe, sondern wirtschaftliche Motive. Anstelle der erhofften Einsparungen durch Austausch von Biologika oder Biosimilars hatte die DGRh dem G-BA unkalkulierbar höhere Therapiekosten vorausgesagt. Die in der Rheumatologie eingesetzte Biologika verabreichen Patienten sich in der Regel selbst mit einer Fertigspritze oder einem Pen. Diesen Applikator oder Fertigspritze womöglich sogar wiederholt zu wechseln, bedeutet jedes Mal, eine andere Handhabe zu lernen und sich an das neue Produkt zu gewöhnen. Dies birgt die Gefahr von Fehlanwendungen und schwächt – verständlicherweise – nicht selten die wichtige Therapietreue.

Der Präsident der DGRh, Prof. Dr. Andreas Krause, Berlin, weist darauf hin, dass die Fachgesellschaft Bemühungen um eine wirtschaftliche Verordnungspraxis durchaus unterstütze. Der Austausch eines Medikaments durch ein preisgünstigeres sei auch in der Rheumatologie alltäglich, bundesweit betreffen bereits mehr als 80 % der Biologika-Verordnungen Biosimilars. Nutzen und Risiken seien jedoch fachärztlich durch Rheumatologen abzuwägen, so Krause. Keinesfalls dürfe dies zu Lasten der Patienten geschehen. Apotheken verfügen jedoch nicht über Informationen zur Erkrankung, Patient oder Krankheitsverlauf. Auch eine ärztliche Aufklärung kann die Apotheke nicht leisten. Der aktuelle Entwurf des Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) bremst nun die geplante Änderung. Der Gesetzestext verweist auf erhebliche Einwände unter anderem der Sachverständigen der medizinischen Wissenschaft und Praxis und der Berufsvertretungen der Apotheker, die einer genauen Überprüfung durch den G-BA bedürfen. Die Frist wird auf den 16. August 2023 verlängert. Darüber hinaus wird der Regelungsauftrag konkretisiert. In einem ersten Schritt soll der G-BA zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten geben. Dies betrifft somit die von Ärzten intravenös verabreichten Medikamente.

Die DGRh hatte sich hierzu zuletzt im Mai 2022 und im Dezember 2021 gegenüber dem G-BA positioniert. Darüber hinaus schloss sie sich einer gemeinsamen Stellungnahme, die auch der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD), der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh), der Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng), die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG), die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) und das Kompetenznetz Darmerkrankungen unterzeichnet hatten. 

Quelle: Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 1. August 2022