EDITORIAL

Verbundweiterbildung in der Rheumatologie

Dr. Ulrich von Hinüber

Dr. Ulrich von Hinüber

Als ich 1993 meine fachrheumatologische Praxis eröffnete, standen – gefühlt – ausreichend Weiterbildungsstellen in Niedersachsen – vor allem in den rheumatologischen Rehakliniken – zur Verfügung. 1999 trat Winfried Demary in die Praxis ein, was uns u. a. ermöglichte, einen osteologischen Schwerpunkt und eine Studienambulanz zu etablieren. 2010 zog die Praxis in größere Räume um, um diese zukunftssicher zu gestalten, und selbst weiterbilden zu können. 2016 trat Bettina Linhart, eine junge Kollegin, in die Partnerschaft ein und wir erhielten eine dritte Sonderbedarfszulassung. Die Weiterbildung erfolgte in Abstimmung teils in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), teils in der Praxis. Wir haben uns dabei um eine gute Zusammenarbeit mit Kliniken, v. a. der MHH, dem Rheumazentrum Hannover, BDRh und Qualitätszirkel bemüht, diverse Aufgaben übernommen und eine vertrauensvolle Basis in der Verfolgung gemeinsamer Ziele gefunden, die sich auch in der Gründung eines gemeinsamen ASV-Teams durch die MHH und regionale Rheumapraxen zeigt.

2018 verabschiedete die BÄK die neue Musterweiterbildungsordnung (MWBO). Die mögliche ambulante Zeit in der fachspezifischen Weiterbildungszeit wurde von 36 auf 12 Monate reduziert. Dies nahm ich zum Anlass, bei der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) eine entsprechende Änderung zur Übernahme in die WBO zu beantragen. Im Ergebnis wurde der mögliche ambulante Anteil der Weiterbildung auf 24 Monate festgelegt. In der Folge konnten wir weitere Weiterbildungen, die in der MHH begonnen wurden, in unserer Praxis zu Ende führen.

Im Zuge dieser Entwicklungen beschäftigte ich mich mit der Weiterbildungssituation in Niedersachsen. In den letzten Jahren kam es zu etlichen Praxisschließungen ohne Nachfolge, sodass auf die verbleibenden Einrichtungen eine große Nachfragewelle zurollte. Es zeigte sich, dass zuletzt in Niedersachsen nur noch 2 Facharztprüfungen jährlich stattfanden (bundesweit 45-50). 2020 gab es in der ÄKN 14 Weiterbildungsermächtigungen in den Praxen und 3 in den Kliniken. Alle noch vorhandenen rheumatologischen Rehakliniken waren weitgehend aus der Weiterbildung ausgeschieden, 2 Rheumaakutkliniken stehen z. B. 18 in NRW gegenüber! Alle Verbesserungen in der Bedarfsplanung werden durch Nachwuchsmangel konterkariert. Vorhandene Bewerbungen wurden in den Kliniken vorgelegt und mangels Kapazitäten meist abgelehnt. Den vorhandenen Weiterbildungsstellen in den Praxen wurden kaum Bewerbungen geschickt, wohl im Hinblick auf die dort fehlende stationäre Weiterbildung.

Nachdem eine ambulante Weiterbildungsförderung mittlerweile über die KV Niedersachsen und über die Krankenkassen in Niedersachsen gewährt wird, ging es jetzt um die Förderung der stationären Weiterbildung. Ein erstes Treffen zwischen dem BDRh Niedersachsen mit den in Frage kommenden stationären Weiterbildern fand 2019 statt, begleitet von zahlreichen Gesprächen mit dem Rheumazentrum Niedersachsen, der KVN, ÄKN, Hausärzteverband, Rheumaliga, und Krankenkassen.

In Anlehnung an das erfolgreiche JOINT-Weiterbildungsstipendium, in dem bundesweit 2012-2015 26 (!) Weiterbildungen mit Geldern des Industrieforums der DGRh, im Verbund mit BDRh und Rheuma-Akademie unterstützt und erfolgreich abgeschlossen wurden, nahmen Sponsoren aus der Pharmaindustrie an den Gesprächen teil. Seit Anfang 2021 unterstützen uns die Fa. Hexal/Sandoz und Herr Rechtsanwalt Hohmann, Hamburg. Bis jetzt fanden drei Industrieforen mit Vertretern von bis zu 16 Firmen aus dem VFA und dem Generika-Sektor statt. Hierbei stellte sich heraus, dass gemäß der entsprechenden Codices eine Unterstützung von Weiterbildung durch die Industrie möglich ist. Die Abwicklung der Geldflüsse, Auswahl der Stipendiaten und Ausschüttung der Stipendien läuft über das Rheumazentrum. Bislang konnten zwei Stipendien vergeben werden. Wir hoffen, dass wir mit diesem Projekt einen sinnvollen Beitrag unter Einbindung junger Kolleginnen und Kollegen zur Versorgung rheumakranker Menschen leisten. 

Dr. med. Ulrich von Hinüber
Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie und Osteologe DVO
Bahnhofsplatz 5, 31134 Hildesheim