VASKULITIDEN

Update zur Riesenzellarteriitis und zu den ANCA-Vaskulitiden

Im Rahmen einer Sitzung auf dem DGRh-Kongress gab es einen Überblick zu neuen Erkenntnissen zur Pathogenese und potenziellen künftigen Therapieansätzen bei der Riesenzellarteriitis (RZA) sowie zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV), der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), Mikroskopischen Polyangiitis (MPA) und Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA).

Einen der spannendsten Vorträge hielt in Leipzig Prof. Dr. Cornelia M. Weyand, Rochester/Stanford (USA), zur Pathogenese der RZA. In einem mehrstufigen Modell führt der Pfad zur RZA über eine genetische Prädisposition (HLA-DR) und klinische Merkmale (niedrige/s/r Blutglukose, Trigylzeride, Cholesterin und BMI) zum Verlust der Selbsttoleranz und der Entwicklung von Autoimmunität, bei der NOTCH1+ CD4- und NOTCH4+ CD8-T-Zellen eine Rolle spielen, dann zum Verlust der Gewebetoleranz mit dem Bruch der Barriere zwischen Blut und Vasa vasorum aufgrund einer Jagged1/NOTCH1-Interaktion und schließlich zur („lost inhibition“) manifesten Großgefäßvaskulitis (GGV) infolge defekter PD1/PD-L1- und CD96/CD155-Checkpoints mit ungehinderter T-Zell- und Makrophagen-Aktivierung, Bildung von Granulationsgewebe und vaskulärem Remodeling.

Neue Therapiekandidaten bei RZA und AAV

Letzterer Befund würde erklären, warum es unter Checkpoint-Inhibitoren (PD/PD-Ligand) in der Tumortherapie als Nebeneffekt zu einer Vaskulitis kommen kann und könnte über die Wiederherstellung der Immun-Checkpoints einen neuartigen, zielgerichteten Therapieansatz bei RZA bieten. Bis auf Weiteres führt aber an Glukokortikoiden (GK) oder auch Tocilizumab kein Weg vorbei, neue steroidsparende, remissionsinduzierende Optionen (Secukinumab, Upadacitinib) werden derzeit in Phase-III-Studien geprüft. Laut Weyand besteht in diesem Kontext jenseits des nicht idealen CRP ein großer Bedarf für neue Biomarker. Nicht näher eingegangen sei auf die an anderer Stelle diskutierten neuen EULAR-Empfehlungen zur Bildgebung bei GGV, die laut PD Dr. Valentin S. Schäfer, Bonn, dem Ultraschall einen noch größeren Stellenwert zuerkennen.

Nach der Veröffentlichung der ACR/EULAR-Klassifikationskriterien und der EULAR-Leitlinie zu AAV im Jahr 2022 gab es hierzu in diesem Jahr nicht die ganz großen Neuigkeiten. Prof. Dr. Peter Lamprecht, Lübeck, erinnerte daran, dass die Immunpathologie und Klinik der PR3- und MPO-AAV durch ANCA determiniert sind. Bei der ANCA-positiven EGPA dominiert MPO-ANCA (30 %), jedoch wurden bei MPO-ANCA-negativen Patienten zuletzt eine Reihe anderer ANCA-Spezifitäten identifiziert, deren Relevanz aber noch unklar ist. Eine wichtige Erkenntnis in Sachen Therapie ist, dass die Rituximab (RTX)- der Cyclophosphamid (CYC)-basierten Remissionsinduktion nicht unterlegen und bei PR3-AAV/GPA sowie im Rezidiv dieser überlegen ist. Zu beachten sind die Möglichkeiten einer GK-Einsparung durch eine Dosisreduktion nach dem PEXIVAS-Schema, aber auch durch den Komplement-5a-Rezeptor (C5aR)-Inhibitor Avacopan – nicht zuletzt bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Interessant ist, dass C5aR wahrscheinlich durch einen Immun-Checkpoint reguliert wird, so Lamprecht. Zu dem vielversprechenden, gegen C5a gerichteten Antikörper Vilobelimab (IFX-1) laufen derzeit Phase-II-Studien bei GPA/MPA in der Remissionsinduktion (auch als GK-Ersatz).

Nachdem Mepolizumab bei EGPA Einzug in die EULAR-Leitlinie gehalten hat, steht mit dem in einer Phase-III-Studie geprüften Interleukin (IL)-5-Rezeptorantagonisten Benralizumab ein neuer Kandidat bei EGPA in den Startlöchern. Auch zwei B-Zell-depletierende CD20-Antikörper (Ofatumumab, Obinutumumab), die Plasmazell-Depletion mit dem CD38-Antikörper Daratumumab oder die CD18 CAR-T-Zell-Therapie könnten bei AAV relevant werden, so Lamprecht.

Panarteriitis nodosa: Kurz und kompakt

Über die (wenigen) Neuigkeiten zur Panarteriitis nodosa (PAN) berichtete Prof. Dr. Ina Kötter, Bad Bramstedt. Ein aktuelles Review empfiehlt bei auf die Haut limitierter PAN zunächst Immunsuppressiva (IS; z. B. Hydroxychloroquin, Colchicin), bei DADA2-Defizienz TNFα-Inhibitoren (Etanercept, Adalimumab oder Infliximab) und bei aktiver (Five Factor-Score ≥1) und/oder organbedrohender PAN eine 3-tägige i.v. Puls-GK-Therapie plus CYC oral/i.v., gefolgt von weniger toxischen Immunsuppressiva (Methotrexat, Azathioprin, Mycophenolat Mofetil), letztere (plus orale GK) reichen bei weniger schweren Fällen aus. Bei refraktären/rezidiverenden PAN-Fällen können bDMARDs (vor allem Tocilizumab, dann TNFα-Inhibitoren, weniger RTX) und nach ersten Fallberichten bei refraktärer kutaner PAN Januskinase (JAK)-Inhibitoren (Tofacitinib) zum Erfolg führen.

Quelle: Klinische Sitzung „Vaskulitiden kompakt“,
31. August 2023