Zunächst zu den übergeordneten Prinzipien: A. Selbst bei Vorliegen einer klinisch hinreichenden Befundkonstellation sollten Erkrankungen mit PMR-ähnlichen Symptomen (z. B. nicht-entzündliche, entzündliche, medikamenten-induzierte, endokrine, infektiöse oder neoplastische Erkrankungen) ausgeschlossen werden. Neu sind: B. Jeder Patient sollte schnellstmöglich zur Diagnosesicherung, Risikostratifizierung und Therapieentscheidung dem Rheumatologen zugewiesen werden. Die Weiterbehandlung von Patienten unter Glukokortikoid (GK)-Monotherapie kann vom Hausarzt übernommen werden. C. Die Behandlung hat das Erreichen und Erhalten der Remission zum Ziel und basiert auf der gemeinsamen Entscheidung von Patienten und Arzt. Dieser Prozess wird durch eine angemessene Patientenschulung in Bezug auf die Auswirkungen der PMR und deren Behandlung unterstützt. D. Es ist gute klinische Praxis, das Erreichen des Behandlungsziels und die Therapie in folgenden Abständen zu überprüfen: bis zum Erreichen der Remission alle 1-4 Wochen, bei stabiler Remission alle 3-6 Monate und nach erfolgreichem Absetzen der Therapie nach individueller Entscheidung.
Spezifische Empfehlungen im Überblick
Umformuliert bzw. umgestellt wurden die Empfehlungen 1-3: 1. GK sollen unmittelbar nach Diagnosestellung einer PMR begonnen, oral als morgendliche Einzeldosis verabreicht und individuell dosiert werden. 2. Die GK-Initialdosis sollte zwischen 15 und 25 mg (Prednison-Äquivalent)/Tag liegen. Es sollen keine Initialdosen von ≤7,5 oder >30 mg/Tag angewandt werden. 3. Die GK-Dosis soll kontinuierlich reduziert werden, basierend auf einem regelmäßigen Monitoring der Krankheitsaktivität, der Laborparameter und des Auftretens von Nebenwirkungen. Neu sind die Empfehlungen 4-6: 4. Hinsichtlich der Dauer einer GK-Therapie sollte bei einer GK-Monotherapie höchstens 1 Jahr oder bei begleitender Biologika-Therapie höchstens 16 Wochen betragen und bei Begleittherapie mit Methotrexat (MTX) eine individuelle Verkürzung auf 6-8 Monate angestrebt werden. 5. Die Behandlung mit einem Interleukin (IL)-6-Rezeptor-Inhibitor – zusätzlich zu GK – sollte bei Patienten mit rezidivierendem Verlauf angewandt werden und kann bei ausgewählten Patienten mit neu aufgetretener Erkrankung und hohem Risiko für GK-induzierte Nebenwirkungen erwogen werden. 6. Alternativ zur IL-6-Rezeptor blockierenden Therapie können auch MTX oder Rituximab erwogen werden. Unverändert blieb Empfehlung 7.: Insbesondere älteren und/oder gebrechlichen Patienten sollte zusätzlich zur medikamentösen Therapie ein individualisiertes Übungsprogramm angeboten werden.
Die wohl wichtigste Neuerung der Leitlinie ist die Aufnahme der IL-6-Rezeptorblocker. So konnte für (das bei Riesenzellarteriitis zugelassene) Tocilizumab in der Phase-II/III-Studie PMR-SPARE bei de-novo PMR-Patienten häufiger eine GK-freie Remission in Woche 16 (GK-Tapering von 20 auf 0 mg bis Woche 11) nachgewiesen werden (63 vs. 12 %), auch die Dauer bis zum ersten Rezidiv war länger (130 vs. 82 Tage). Bei steroidabhängiger PMR wurden in der Phase-III-Studie SEMAPHORE günstige Effekte belegt, die aber (auch in den USA) keine Zulassung zur Folge hatten. Anders ist dies für das von der FDA für die GK-resistente PMR zugelassene Sarilumab, auf die europäische Zulassung wird noch gewartet. Basis hierfür war die Phase-III-Studie SAPHYR bei steroidabhängiger PMR: Obwohl Pandemie-bedingt nur 118 von geplant 280 Patienten rekrutiert werden konnten, fanden sich beim Erreichen einer anhaltenden Remission in Woche 52 doch klare Vorteile für Sarilumab (28 vs. 10 %); rezidiv-frei blieben 55 vs. 33 %, auch das GK-Tapering war erfolgreicher.
Quelle: Plenarsitzung „DGRh-Leitlinien UpDate 2024“, 18. September 2024