DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR RHEUMATOLOGIE

Stellungnahme zur 3. Impfung gegen COVID-19 bei Rheumapatienten

Tab.: Einstufung der verschiedenen antirheumatischen Therapien im Hinblick auf eine Einschr nkung der Impfantwort

Tab.: Einstufung der verschiedenen antirheumatischen Therapien im Hinblick auf eine Einschr nkung der Impfantwort

Mit der 11. Aktualisierung der COVID-Impfempfehlung vom 24.September 2021 nimmt die Ständige Impfkommission (STIKO) Stellung zur Impfung von Personen mit krankheits- oder therapiebedingter Immundefizienz. Darin gibt sie erstmals aktuelle Empfehlungen zur Auffrischimpfung („Booster-Impfung“) und zur Überprüfung der Impfantwort durch Bestimmung der gegen das SARS-CoV-2-Spikeprotein gerichteten Antikörper. Diese sind für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) von besonderem Interesse. Der Vorstand der DGRh nahm daher gemeinsam mit der Ad hoc-Kommission COVID-19 der DGRh Stellung zu diesen Empfehlungen.

Grundsätzlich sollten alle ERE-Patienten eine 3. Impfung ab dem sechsten Monat nach Abschluss der Grundimmunisierung erhalten. Patienten, die bei der Grundimmunisierung gegen COVID-19 unter einer Therapie mit Rituximab (RTX; Impfung innerhalb eines Jahres nach der letzten RTX-Gabe), Cyclophopsphamid, Abatacept, Mycophenolat Mofetil (MMF) oder höher dosierten Glukokortiokoiden (GK; >20 mg/Tag) standen oder während eines Flares ihrer ERE geimpft worden sind, sollten nach individueller Risikoabschätzung bereits ab 4 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung eine dritte Impfung erhalten können. Die nicht durch die ERE definierten Empfehlungen für eine frühe Auffrischimpfung sollten unabhängig von der Therapie der ERE umgesetzt werden. Die Bestimmung von Antikörpern gegen SARS-CoV2 wird weiter nicht generell zur Beurteilung der Impfantwort empfohlen. Im STIKO-Bulletin werden Empfehlungen zum Booster unter Berücksichtigung bestimmter Voraussetzungen gegeben. Diese sind die Erkrankung, deren Aktivität und Therapie.

Abgestufte Empfehlungen für Booster-Impfungen

Bezüglich „Erkrankungen, die von sich aus zu keiner relevanten Einschränkung der Impfantwort führen“ und für welche eine Auffrischimpfung dann ab dem 6. Monat nach Abschluss der Grundimmunisierung empfohlen wird, gilt dies neben den im STIKO-Bulletin erwähnten „Autoimmunkrankheiten z. B. rheumatoide Arthritis (RA), systemischer Lupus Erythematodes (SLE)“ für weitere ERE wie z. B. andere Arthritiden wie Spondyloarthritiden (SpA) und Psoriasis-Arthritis (PsA) und andere Kollagenosen und Vaskulitiden. Sinnvoll für die Einschätzung „keiner relevanten Einschränkung der Impfantwort“ ist aus Sicht der DGRh nicht, dass bei ERE-Patienten keine Behandlung erfolgt („unbehandelt“, z. B. bei Diagnose oder bei medikamentenfreien Remission), sondern dass keine relevante Erkrankungsaktivität besteht. Eine hohe Aktivität einer ERE kann zu einer Einschränkung der Impfantwort führen und stellt zudem einen Risikofaktor für einen schweren Verlauf von COVID-19 dar. Daher sollte auf eine gute Krankheitskontrolle geachtet werden sowie darauf, dass die Impfung nicht unter einer Medikation erfolgt ist, welche die Impfantwort relevant einschränkt.

Bezüglich „Erkrankungen mit relevanter Einschränkung der Impfantwort (Optimierung der primären Impfserie durch zusätzliche Impfstoffdosis im Abstand ≥4 Wochen)“ werden keine ERE aufgeführt. Aufgrund einer aktuellen Studie könnten angesichts der deutlich reduzierten Seropositivitätsrate nach zweimaliger Impfung aber auch Patienten mit ANCA-assoziierten Vaskulitiden und idiopathisch-inflammatorische Myositiden zu diesen Erkrankungsgruppen zählen. Für eine abschließende Bewertung von EREs, die mit einer relevanten Einschränkung der Impfantwort assoziiert sind, werden jedoch weitere Studiendaten benötigt.

Für „Therapien ohne relevante Einschränkung der Impfantwort“, unter welchen „Auffrischimpfungen ab dem 6. Monat nach der 2. Impfung der Grundimmunisierung“ empfohlen werden, zählen neben den im Bulletin erwähnten synthetischen Basistherapien Apremilast, Azathioprin (≤2 mg/kg KG/Tag), Ciclosporin (≤2,5 mg/kg KG/Tag), Leflunomid (≤20 mg/Tag) und Methotrexat (≤20 mg/Woche) auch Tacrolimus, Hydroxychloroquin und Sulfasalazin. Weiterhin sind sämtliche zugelassenen Januskinase (JAK)-Inhibitoren, also neben dem im Bulletin erwähnten Tofacitinib auch Baricitinib, Filgotinib und Upadacitinib, ebenfalls in diese Kategorie einzuordnen. MMF hingegen ist als Immunsuppressivum (IS) bereits ab Dosen ≤2.000 mg/Tag als „Therapie mit relevanter Einschränkung der Impfantwort” einzuschätzen, nicht zuletzt basierend auf Daten einer Studie, welche eine Serokonversion von nur 64,3 % nach zweimaliger Impfung mit der BNT162b2 mRNA-Vakzine zeigte. Zu den bDMARDs ohne relevante Einschränkung der Impfantwort würde die DGRh zusätzlich zu dem im Bulletin erwähnten „niedrig-potenten“ TNF-Inhibitor Infliximab (auch in höheren als den mit ≤3 mg/kg KG alle 8 Wochen angegebenen Dosierungen), auch alle anderen TNF-Inhibitoren (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab), Interleukin (IL)-1- (Canakinumab), IL-6R- (Tocilizumab, Sarilumab), IL-17A- (Secukinumab, Ixekizumab), IL-12/23- (Ustekinumab), IL-23- (Guselkumab), IL-4- (Dupilumab) und IL-5-Inhibitoren (Mepolizumab), sowie den Anti-BLyS-Antikörper (Belimumab) und Anakinra (IL-1RA) zählen.

In die Kategorie „Therapien mit relevanter Einschränkung der Impfantwort (Optimierung der primären Impfserie durch zusätzliche Impfstoffdosis im Abstand ≥4 Wochen)“ können auch Azathioprin bereits ab >2 mg/kg KG/Tag (nicht erst ab ≥3 mg/kg KG/Tag wie im Bulletin) sowie MMF eingeordnet werden (welche im Bulletin bei Therapien „ohne relevante Einschränkung der Impfantwort” aufgeführt sind).

Bei der Bewertung einer relevanten Einschränkung der Impfantwort ist neben den spezifischen ERE und Therapien zudem wichtig, ob relevante Komorbiditäten bestehen und ob ERE-Therapien parallel eingesetzt werden. So war in einer Studie die Kombination mit Methotrexat (MTX) im Vergleich zur Monotherapie bei Abatacept (-31 %) und Anti-IL-17-Antikörpern (-14 %) mit einer geringeren Serokonversion assoziiert. Deshalb kann bei Kombinationen von zwei DMARDs/IS wie z. B. Azathioprin und Belimumab eine 3. Impfung früher als nach 6 Monaten sinnvoll sein. Die Therapie mit DMARDs, welche die Impfantwort relevant einschränken, kann bei stabiler Remission unter Abwägung des individuellen Risikos eines Schubes um die 3. Impfung kurz pausiert werden.

Was ist bei Rituximab zu beachten?

Rituximab wurde von der STIKO als „medikamentöse Therapie mit relevanter Einschränkung der Impfantwort“ bewertet. Als Konsequenz wird neben einer Grundimmunisierung mit einem mRNA-Impfstoff eine Optimierung durch eine zusätzliche Impfstoffdosis im Abstand von ≥4 Wochen empfohlen. Hierzu ist anzumerken, dass die DGRh empfiehlt, eine Immunisierung unter RTX 4-6 Monate nach der letzten Infusion zu verabreichen, da anzunehmen ist, dass durch Impfungen zu einem früheren Zeitpunkt entweder (noch) keine oder eine nur geringe humorale Impfantwort induziert wird. Dies wurde bereits in Studien belegt. Zudem wird die humorale Impfantwort in der Regel nur generiert, sofern eine zumindest partielle Rekonstitution der peripheren B-Zellen vorliegt. Patienten unter RTX sind allerdings in der Lage, durch Immunisierung mit einem mRNA-Impfstoff eine spezifische T-Zell-Antwort auszubilden, sodass womöglich eine Impfung auch bei vollständiger B-Zell-Depletion einen gewissen Schutz erzeugt – klare Daten hierzu fehlen noch. Zudem scheint nicht jeder Patient unter RTX auch eine T-Zell-Antwort auszubilden.

Auf der Basis dieser Daten empfiehlt die DGRh bei Patienten unter RTX (sofern noch nicht erfolgt) umgehend eine Grundimmunisierung mit einem mRNA-Impfstoff unabhängig von der letzten RTX-Gabe, eine Antikörperbestimmung ≥4 Wochen nach der Grundimmunisierung oder der 3. Impfung und eine Optimierung der primären Impfserie ≥4 Wochen nach der Grundimmunisierung (zeitliches Intervall für die Auffrischimpfung individuell und im Konsens mit dem Patienten festlegen). Bei Patienten in tiefer Remission und mit anhaltender B-Zell-Depletion kann es sinnvoll sein, die Intervalle zu strecken, um eine (partielle) Repopulation der B-Zellen und damit erfolgreiche Impfantwort zu erzielen. Patienten, die nach der Grundimmunisierung oder der Auffrischimpfung keine Antikörperantwort aufweisen, sind darauf aufmerksam zu machen, dass womöglich dennoch eine gewisse Schutzwirkung durch eine T-Zellantwort besteht.

Im Umfeld dieser Patienten (z. B. Familienangehörige) ist ein vollständiger Impfschutz anzustreben. Patienten sind darauf hinzuweisen, dass bei kurz bestehender Infektsymptomatik (≤5 Tage) und positivem SARS-CoV-2-Nachweis die Option einer von COVID-19-Therapie mit monoklonalen Antikörpern besteht, was eine sofortige Kontaktaufnahme mit spezialisierten Zentren erfordert. Über das weitere Vorgehen bei einer persistierend fehlenden Serokonversion soll gemäß STIKO individuell entschieden werden.

Quelle: Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V., 8. November 2021