AXIALE SPONDYLOARTHRITIS UND PSORIASIS-ARTHRITIS

Praktische Aspekte rund um das diagnostische und Therapiemanagement

Etwas ruhiger war es in diesem Jahr rund um die Spondyloarthritiden (SpA). So wurde die ASAS/EULAR-Leitlinie zur röntgenologischen und nicht-röntgenologischen axialen SpA (r- bzw. nr-axSpA) bereits im letzten Jahr diskutiert, während jene der EULAR zur Psoriasis-Arthritis (PsA) zwar bereits im Juni in Mailand enthüllt, aber noch nicht publiziert wurde. Letztere wird auch den neu zugelassenen Interleukin (IL)-17A/F-Inhibitor Bimekizumab beinhalten. Die Sitzung in Leipzig fokussierte sich daher primär auf praxisrelevante Themen, blickte aber auch in die Zukunft.

Einleitend behandelte Dr. Michaela Köhm, Frankfurt/M., die alte Streitfrage zum Einsatz von csDMARDs bei gleichzeitiger bDMARD-Therapie. In der klinischen Routine wird bei axSpA mit peripherem Gelenkbefall oft ergänzend ein csDMARD gegeben, eine Verbesserung der Wirksamkeit war unabhängig vom csDMARD in Studien aber nicht nachweisbar.

Bei der PsA wird in der täglichen Praxis nach csDMARD-Versagen bei Eskalation auf ein bDMARD meist das csDMARD, überwiegend Methotrexat (MTX), beibehalten. Inzwischen haben jedoch eine ganze Reihe von klinischen Studien gezeigt, dass die fortgesetzte Kombination mit MTX (oder dessen Hinzunahme zum bDMARD) keinen Vorteil zur bDMARD-Monotherapie hat, Beispiele sind die MUST- (IL-12/23-Inhibition) oder SEAM-PsA-Studie (Etanercept), auch für die IL-17A-Inhibition (z. B. Ixekizumab) wurde dies gezeigt. In der MUST-Studie wirkte sich die Fortsetzung von MTX (in Kombination mit Ustekinumab) teilweise sogar negativ aus. Dies gilt vorrangig für Frauen, bei denen bei fehlender zusätzlicher Wirksamkeit eine erhöhte Nebenwirkungsrate zu verzeichnen war.

Eine Ausnahme bilden, so Köhm, aber bestimmte Behandlungssituationen im Kontext SpA-assoziierter Erkrankungen. So ist gut belegt, dass sich bei einer mit einem TNFα-Inhibitor behandelten SpA-assoziierten Uveitis anterior die Effektivität durch eine begleitende MTX-Therapie steigern lässt.

Im Fokus bei SpA: KI, Aktivitätsscores und Physiotherapie

Große Hoffnungen sind mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) verbunden, was nach Aussage von PD Dr. David Simon, Erlagen, aber noch in den Kinderschuhen steckt. Das größte Potenzial ist sicherlich im Rahmen der muskuloskelettalen Bildgebung (MRT, Röntgen) zu sehen, hier sind erste positive Schritte zu sehen. So steht etwa mit dem öffentlich zugänglichen Deep SpA-Tool eine Möglichkeit zur Verfügung, Röntgenaufnahmen des Beckens mithilfe von KI auswerten zu lassen – für eine Sicherung der Diagnosestellung ist dies jedoch (noch) nicht gedacht, sondern zu Forschungszwecken. Es bedarf der Einspeisung noch viel größerer Datensätze und der Verbesserung von Algorithmen, bevor validierte KI-Modelle tatsächlich als ergänzende Unterstützung im klinischen Alltag einsatztauglich sind, resümierte Simon.

Eine wichtige Neuerung der ASAS/EULAR-Leitlinie 2022 ist, dass nach NSAR-Versagen ein Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score (ASDAS) ≥2,1 als alleiniges Kriterium der Krankheitsaktivität für die Eskalation auf b/tsDMARD genannt wird und nicht mehr der im Praxisalltag häufiger genutzte BASDAI (≥4) – in der noch aus dem Jahr 2019 stammenden deutschen S3-Leitlinie sind beide gelistet. Nachteil des BASDAI ist, dass die Entzündung (CRP, BSG) außen vorbleibt, was, wie PD Dr. Hildrun Haibel, Berlin, an einem Fallbeispiel verdeutlichte, ganz erhebliche Konsequenzen für die Therapiewahl (auf NSAR bleiben, oder auf ein b/tsMARD eskalieren) haben kann – im konkreten Fall eines männlichen axSpA-Patienten betrug der BASDAI 0,4, der ASDAS-CRP bzw. -BSG aber 2,2 und 2,9! Somit rechtfertigt hier nur der ASDAS die Eskalation auf z. B. ein bDMARD. Auch eine klinische relevante Verbesserung unter der Therapie wird deutlich besser durch den ASDAS abgebildet, im Idealfall mit CRP-Bestimmung. Letzteres lässt sich auch durch Schnelltests recht zuverlässig bestimmen, die aber bislang eher im Klinikbereich eine Rolle spielen.

Jenseits medikamentöser Therapien profitieren axSpA-Patienten von körperlicher Aktivität (insbesondere intensivem Training) im Hinblick auf Krankheitsaktivität, Funktionsfähigkeit und Beweglichkeit – dies betonen auch die diesbezüglichen EULAR-Empfehlungen, stellte Dr. David Kiefer, Hattingen, klar. Letztere sollten den Patienten noch näher gebracht werden; vor allem solche, die noch keine ausreichende körperliche Aktivität durchführen, sollten aktiv von ärztliche Seite unterstützt werden. Auch gilt es hierbei, bestehenden Bedenken durch ein entsprechendes Training mehr Beschwerden oder Gelenkverletzungen auszulösen, entgegenzuwirken. Stets sollte daher an die Verordnung einer Physiotherapie gedacht werden.

Quelle: Klinische Sitzung „Spondylarthritis kompakt“,
1. September 2023