MEDIZINRECHT

Neues Gesellschaftsrecht für Ärzte

RA Christian Koller

RA Christian Koller

Am 01.01.2024 trat das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Dabei wurden vor allem die rechtlichen Grundlagen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vollständig neu gefasst. Da die meisten ärztlichen Gemeinschaftspraxen als GbR geführt werden, wird nachfolgend dargelegt, inwieweit für diese Handlungsbedarf besteht.

GbR-Register

Neu eingeführt wird das sog. GbR-Register. Während bislang nicht nachprüfbar war, ob eine GbR (oder umgangssprachlich auch bekannt unter „BGB-Gesellschaft“) überhaupt existiert und ob diese durch die für sie auftretenden Personen tatsächlich vertreten wird, ist der Rechtsverkehr durch die Änderung zukünftig geschützt. Im Falle ihrer Eintragung führt die Gesellschaft die Bezeichnung „eGbR“.

Wichtig ist dabei, dass für die normale Gemeinschaftspraxis grundsätzliche keine Pflicht zur Eintragung beseht. Da der Gesetzgeber jedoch für diese Gesellschaftsform die Transparenz fördern möchte, wurden Anreize geschaffen, die mit einer Eintragung in das Register einhergehen. Beispielsweise wird ein Formwechsel (z. B. in eine GmbH) nur noch für die eGbR möglich sein. Dies ist vor allem für die Berufsausübungsgemeinschaften interessant, die sich langfristig in eine MVZ GmbH umwandeln möchten, um für einen Verkauf attraktiver zu werden.

Aber auch jede Eintragung im Grundbuch nach dem neuen § 47 Abs. 2 Grundbuchordnung setzt die vorherige Eintragung im Register voraus. Relevant wird dies dann, wenn die Gesellschaft Grundstücke oder Anteile an einer anderen GmbH hält. Zudem wird erwartet, dass zukünftig auch Kreditinstitute vor der Finanzierung eines Projekts auf eine Eintragung bestehen werden. Bei geplanten Investitionen oder anderen drittfinanzierten Projekten, aber auch bei der Aufnahme neuer Gesellschafter wird dies zukünftig zu berücksichtigen sein.

Keine Auflösung bei Tod

Eine weitere elementare Änderung ist die Neuerung, dass die GbR bei Tod und Kündigung nicht mehr aufgelöst wird. Bisher führte der Tod eines Gesellschafters dazu, dass die Gesellschaft aufgelöst wurde. Etwas anderes galt nur dann, wenn die Gesellschafter im Vertrag eine anderweitige Regelung getroffen hatten (sog. Fortführungsklausel). Nach der neuen Gesetzeslage führt der Tod oder die Kündigung eines Gesellschafters nicht mehr automatisch zur Auflösung der GbR, sondern dazu, dass der verstorbene oder kündigende Gesellschafter aus der GbR ausscheidet. Dennoch muss auch zukünftig diese Regelung bei der Vertragsgestaltung im Blick behalten werden. Regelt der Gesellschaftsvertrag nämlich nichts zu dem Schicksal der Gesellschaftsanteile des Ausscheidenden, wachsen diese den übrigen Gesellschaftern „im Zweifel“ nach ihren Verhältnissen zu. Möchte man diesen Automatismus nicht, so sollte dies bereits im Gesellschaftsvertrag anderweitig geregelt werden.

Für den Sonderfall, dass nur noch 2 Gesellschafter vorhanden sind, geht im Falle des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters das vorhandene Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über.

Beteiligungsverhältnisse

Neu im Gesetz sind auch die Stimmenverhältnisse geregelt. Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt war, galt bisher, dass jeder Gesellschafter eine Stimme hatte. Somit war auch der Minderbeteiligte mit seiner Stimme jedem anderen Gesellschafter gleichgestellt. Nach dem MoPeg bestimmt sich die Stimmkraft zukünftig vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Letztere sind nach der neuen Gesetzeslage auch maßgeblich für die jeweiligen Anteile der Gesellschafter an Gewinn und Verlust. Aber auch hier gilt: die Gewinnverhältnisse können im Gesellschaftsvertrag oder nachträglich per Gesellschafterbeschluss geändert werden.

CAVE!

Für Ärzte, die sich bereits in einer GbR befinden und in ihrem Gesellschaftsvertrag oder aufgrund von Beschlüssen die Beteiligungsverhältnisse nicht geregelt haben, gilt folgendes: mit Inkrafttreten des MoPeG haben sich quasi über Nacht die Stimmkraft eines jeweiligen Gesellschafters sowie die Beteiligungsverhältnisse verschoben. Ist die Stimmverteilung nicht geregelt, hat unter Umständen nicht mehr jeder Gesellschafter eine gleichwertige Stimme. Hält beispielsweise ein Gesellschafter mehr Anteile als andere, so ist seine Stimme entsprechend dem Beteiligungsverhältnis ab dem 01.01.2024 gewichtiger.

Geschäftsführung

Die Geschäftsführung steht nach dem MoPeG allen Gesellschaftern in der Art zu, dass sie nur gemeinsam zu handeln berechtigt sind. Haben die Gesellschafter – wie üblich – im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass mehrere zur Geschäftsführung berechtigt sind, besteht nach neuen gesetzlichen Regelungen im Zweifel Gesamtgeschäftsführungsbefugnis. Sollte eine anderweitige Regelung gewünscht sein, wäre dies ausdrücklich vertraglich festzulegen.

Handlungsbedarf für bestehende GbRs?

Alle Berufsausübungsgemeinschaften, die in einer GbR organisiert sind, sollten das MoPeG zum Anlass nehmen und sich ihren Gesellschaftsvertrag wieder mal durchzulesen, und zwar insbesondere im Hinblick auf Geschäftsführung und Beteiligungsverhältnisse. Insbesondere in Altverträgen, die ohne anwaltliche Hilfe erstellt wurden, dürfte die ein oder andere Überraschung versteckt sein.

Darüber hinaus sollten Sie sich die Frage beantworten, ob eine Eintragung in das Gesellschaftsregister angezeigt ist. Insbesondere wenn eine GbR an einer GmbH beteiligt ist, sollte proaktiv die Eintragung im Gesellschaftsregister geprüft werden. Vor der Registereintragung sollten auch gegebenenfalls bestehende Grundbucheinträge auf ihre Aktualität hin geprüft werden.

Die Eintragung ist seit dem 1. Januar 2024 möglich.
 

Rechtsanwalt Christian Koller
Fachanwalt für Medizinrecht
TACKE KOLLER
Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Rindermarkt 3 und 4, 80331 München