RÜCKBLICK AUF DEN DGRH-KONGRESS 2023

Neue und zukünftige Therapiemodalitäten im Blickpunkt

Prof. Dr. Christoph Baerwald

Prof. Dr. Christoph Baerwald

Als Hybridveranstaltung wurde im Congress Center Leipzig vom 30. August bis 2. September 2023 der gemeinschaftliche 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) , die 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) und 33. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) ausgetragen. Mit diesmal fast 3.000 Teilnehmern – ganz überwiegend vor Ort – kann die Tagung mit internationaler Beteiligung als großer Erfolg für die deutsche Rheumatologie verbucht werden.

Den Auftakt machte am Mittwoch eine Plenarsitzung zu innovativen Immuntherapien, hier vor allem mit CAR-T-Zellen (aber auch Daratumumab), die jenseits des refraktären systemischen Lupus erythematodes (SLE) inzwischen auch mit gutem Erfolg bei anderen Kollagenosen wie der systemischen Sklerose (SSc) eingesetzt werden. Beim SLE konnte bei inzwischen fünf Patientinnen eine medikamentenfreie Remission über zwei Jahre dokumentiert werden. Der SLE stand auch aufgrund der Neuerungen bei Lupus Nephritis (Belimumab, Voclosporin), sowie der neuen EULAR-Empfehlungen in besonderem Maße im Fokus – dies auch in einer separaten Sitzung zu den Kollagenosen. Beim Sjögren-Syndrom erhöhen sich die Chancen, dass in den nächsten Jahren erstmals zielgerichtete Therapien zur Zulassung gelangen könnten, auch bei der SSc (eine neue EULAR-Leitlinie ist bald zu erwarten) sind vor allem im Hinblick auf interstitielle Lungenerkrankungen gewisse Fortschritte zu verzeichnen. Auch die Vaskulitiden wurden in einer Sitzung besprochen, bei Riesenzellarteriitis laufen derzeit mehrere Phase-III-Studien (Upadacitinib, Secukinumab).

Im Hinblick auf die rheumatoide Arthritis (RA) wurden auf Basis neuerer Studien wie TREAT EARLIER, ARIAA oder zuletzt APIPPRA Möglichkeiten der Prävention in der präklinischen Phase diskutiert. Noch ist eine solch frühe Intervention mit DMARDs aber Zukunftsmusik. Bei der RA-Therapie werden die Einschränkungen in Bezug auf Januskinase (JAK)-Inhibitoren weiter kritisch gesehen, zumal immer mehr beruhigende Daten aus Beobachtungsstudien auflaufen. Etwas weniger im Blickpunkt standen in diesem Jahr die Psoriasis-Arthritis sowie die axiale Spondyloarthritis (SpA) – in beiden Indikationen wurde zuletzt mit Bimekizumab ein dualer Interleukin (IL)-17A/F-Inhibitor zugelassen. Insbesondere bei der SpA wurden künftige Möglichkeiten der KI vor allem im Rahmen der Bildgebung erörtert. Weiterhin ein Problem bleibt angesichts zu weniger Rheumatologen – mehr noch bei der SpA als bei der RA – die zeitgerechte Therapie der Frühmanifestation, was Thema der letzten Sitzung am Samstag war.

Nicht zu kurz kam die interdisziplinäre Rheumatologie, wo in Sitzungen die Schnittstellen zur Dermatologie, Nephrologie, Hämatologie, Neurologie und Endokrinologie diskutiert wurden. Eine interessante Plenarsitzung beschäftigte sich am Donnerstag mit möglichen Effekten des Klimawandels in Form höherer Temperaturen auf rheumatische Erkrankungen. Ein weiteres Thema waren Aspekte der Neuroimmunologie (z. B. Vagusnervstimulation oder womöglich künftig die Konditionierung des Immunsystems), ebenso in gleich mehreren Sitzungen die Immunseneszenz einschließlich der Herausforderungen in der Diagnostik und Therapie älterer Rheumapatienten. In diesem Kontext sei auf die DGRh-Empfehlungen zu potenziellen Wechselwirkungen von DMARDs mit anderen Medikamenten mit besonderem Fokus auf Alter und Nierenfunktion verwiesen. Als roter Faden durch den Kongress zogen sich – so etwa im Rahmen der „Big debate“ – genderspezifische Aspekte in Bezug auf Diagnostik, Therapie und Outcome. Auch das Thema Schwangerschaft wurde eingehend adressiert.

Auf ein Wiedersehen bei der nächsten DGRh-Jahrestagung vom 18.-21. September 2024 in Düsseldorf!


Prof. Dr. med. Christoph Baerwald
Kongresspräsident der DGRh
Universitäres Zentrum für seltene Erkrankungen (USZEL)
Philipp-Rosenthal-Str. 55, Haus W
04103 Leipzig