Rheumatoide Arthritis

Neue Erkenntnisse aus Studien im Überblick

Abb.: Rasche DAS28-Remission unter Blinatumomab

Abb.: Rasche DAS28-Remission unter Blinatumomab

Auf einer Session zu entzündlichen Arthritiden gab Dr. Jutta Bauhammer, Baden-Baden, einen Überblick zu den neuesten Entwicklungen bei der rheumatoiden Arthritis (RA) – von der Frühintervention über Kriterien der Therapieauswahl, das Tapering bei anhaltender Remission bis hin zu neuen Behandlungsmöglichkeiten.

Spannende neue Erkenntnisse gibt es zur RA-Pathogenese. So wurden in der Synovia sechs entzündliche Phänotypen (cell-type abundance phenotypes, CTAPs) charakterisiert, die in Zukunft auch zur Prädiktion des Ansprechens auf verschiedene Therapien oder Identifizierung neuer Targets hilfreich sein könnten.

Weiter ein schwieriges Thema bleibt die Frage nach einer Frühintervention bei klinisch suspekter Arthralgie (CSA). Dies wurde mit einigem Erfolg sowohl in der APPIPRA- als auch der deutschen ARIAA-Studie (hier plus in der Bildgebung bestätigter subklinischer Entzündung) jeweils mit Abatacept praktiziert, auch wenn sich die Effekte (der Übergang zur manifesten RA) nach Beendigung der Therapie abschwächten. Problematisch bleibt weiterhin, dass viele CSA-Patienten auch unbehandelt nach zwei Jahren keine RA entwickeln, verlässlichere Kriterien (Seropositivität, CSA mit subklinischer Entzündung im MRT und was ggf. noch?) wären daher wünschenswert.

Kriterien für Therapiewahl nach csDMARDs

In der belgischen CareRA2020-Studie wurde bei klinischer RA in Abhängigkeit vom DAS28-CRP nach Methotrexat (MTX) und Glukokortikoid (GK)-Bridging bereits früh und nur temporär Etanercept (für 24 Wochen) erprobt. Gegenüber der Addition von Leflunomid (für 104 Wochen) brachte dies nur kurz, aber nicht langfristig Vorteile im DAS28-CRP (allerdings nach 2 Jahren geringerer b/tsDMARD-Bedarf). Einen interessanten Befund lieferte die große skandinavische Früharthritis-Studie NORD-STAR: Die Kombination aus MTX und Abatacept lieferte im CDAI-Ansprechen sehr gute Ergebnisse, ein Einfluss des Serostatus (ACPA/RF+) war nur früh nach 24, aber nicht mehr nach 48 Wochen erkennbar. In der AMPLIFIED-Studie war zwischen Abatacept und Adalimumab (je plus MTX) nach 24 Wochen unabhängig vom Serostatus (ACPA/RF+, Shared Epitop+) kein Unterschied im ACR50-Ansprechen erkennbar.

Keine große Hilfe bei der Therapiewahl nach MTX-Versagen (Etanercept und Tocilizumab vs. Rituximab scheint die bioptische Differenzierung in eine B-Zell-arme und -reiche Synovia zu sein, in den beiden Studien STRAP und STRAP-EU waren die Ergebnisse im ACR20 nach 16 Wochen jeweils fast identisch. Nicht erfolgreich war der Versuch in der TOLERA-Studie, bei RA-Patienten, die zuvor auf MTX, TNF- oder Interleukin (IL)-6-Inhibitoren versagt hatten, nach Rituximab (2x 1 g) durch Abatacept s.c. eine Serokonversion herbeizuführen. Im DAS28-CRP zeigten sich gegenüber einem „watch and wait“-Ansatz (kein Abatacept nach Rituximab) keine Vorteile, nur das schubfreie Überleben war über 52 Wochen etwas besser. In der Real-World-Studie PerfectRA wurde untersucht, ob – wie in klinischen Studien – nach csDMARD-Versagen das Ansprechen auf Januskinase (JAK)-Inhibitoren (hier Baricitinib) besser als auf TNF-Inhibitoren ist. Dies war der Fall: Eine DAS28-CRP-Remission in Woche 12 erreichten 75 vs. 46 %, auch im weiteren Verlauf schnitt der JAK-Inhibitor besser ab.

Aktuelle Studien zur Therapiedeeskalation

In der norwegischen ARCTIC-REWIND-Studie wurde nach anhaltender Remission die Halbierung bzw. das Absetzen von sowohl csDMARDs als auch von TNF-Inhibitoren über drei Jahre hinweg geprüft. Nach 36 Monaten blieben unter stabiler csDMARD-Therapie, Dosishalbierung und gänzlichem Absetzen 82, 69 und 56 % der Patienten in Remission, gerade bei völligem Absetzen musste vermehrt mit bDMARDs und GK gegengesteuert werden. In den drei Jahren nach Beibehalten oder (sukzessivem) Absetzen eines TNF-Inhibitors blieben 85 vs. 25 % der Patienten schubfrei. Jedoch waren die Kriterien streng und wenig praxisnah gewählt, weshalb die Daten nicht als Plädoyer gegen eine vorsichtige Deeskalation interpretiert werden sollten. Dass diese nicht einfach ist, verdeutlicht auch die ToLEdo-Studie mit progressivem Spacing von Abatacept oder Tocilizumab: Nach zwei Jahren konnten nur 16 % das bDMARD ganz absetzen, 47 % konnten es tapern und 37 % kehrten zur vollen Dosis zurück.

Therapiesicherheit, ILD, neue Wirkprinzipien und Ernährung

Bei RA generell, vor allem aber bei RA-assoziierter interstitieller Lungenerkrankung (ILD), ist mit einem erhöhten Risiko für Bronchialkarzinome zu rechnen. Vor allem zu Abatacept wurden weitere Daten präsentiert, die auf eine Stabilisierung oder Verbesserung der RA-ILD (bei 77 %) hindeuten, nur bei 23 % kam es zu einem Progress. Zur Therapiesicherheit: eine neue Real-World-Studie belegt erneut das hohe Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse unter GK, diese sollten so kurz wie möglich und in Dosen ≤5 mg/Tag eingesetzt werden. Die Sicherheit von JAK- im Vergleich zu TNF-Inhibitoren wurde in der 17 Register umfassenden JAK-pot-Studie erhoben. Insgesamt fand sich keine erhöhte Abbruchrate gegenüber TNF-Inhibitoren, ein Sicherheitssignal bei ≥65-jährigen (Hochrisiko)-Patienten war allerdings erkennbar.

Bei therapierefraktärer RA (inklusive mehrerer b/tsDMARDs) wies eine erste Pilotstudie mit sechs Patienten auf eine sehr gute Wirksamkeit (und Verträglichkeit) des bispezifischen CD3/CD19 T-Cell-Engager (BiTE)-Antikörpers Blinatumomab hin (Abb.) – eine potenzielle Alternative zur CAR-T-Zelltherapie (auch jenseits der RA). Weitere Kandidaten sind der Anti-CD40-Antikörper Abiprubart und Anti-FcRn-Antikörper Nipocalimab (beide in Phase-II geprüft).

Ein letzter Punkt: Zur Verbesserung der RA-Krankheitsaktivität kann auch eine vollwertige, pflanzliche Ernährung (inkl. Bewegung und Stressmanagement) beitragen, wie die „Plants for joints“-Studie zeigte. Positive Effekte in diesem Sinne ermöglichte auch eine ketogene Ernährung (über Supplemente), die in der MIKARA-Studie randomisiert-kontrolliert geprüft
wurde.

Quelle: Klinische Sitzung „WIN RA, axSpA und PsA“, 19. September 2024