RÜCKBLICK AUF DEN EULAR-KONGRESS 2023

Leitlinien-Updates und neue Therapiekandidaten im Blickpunkt

Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester

Prof. Dr. Gerd Rüdiger Burmester

In diesem Jahr wurde der Kongress der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) endlich wieder rein vor Ort im MiCo Convention Centre in Mailand ausgetragen – mit virtueller On-Demand-Option im Anschluss. Mit gut 12.500 Live-Teilnehmern, Abstracts und Postern auf Vor-Corona-Niveau, einer Late breaking-Abstract- und EULAR-Leitlinien-Session, klinischen und Grundlagen-Sitzungen, den HOT- und WIN- sowie Practical Skills-Sessions, EULAR-Debatten und dem „Meet the EULAR Expert“-Format kann der Kongress als großer Erfolg verbucht werden.  Zu dessen Gelingen trugen die europäische Patientenorganisation „People with Arthritis and Rheumatism in Europe“ (PARE) und Organisation des rheumatologischen Fachassistenzpersonals, die „Health Professionals in Rheumatology“ (HPR), bei.

Obwohl die COVID-19-Pandemie überwunden ist, spielte das Thema Long/Post-COVID aus rheumatologischer Perspektive durchaus noch eine Rolle. In puncto rheumatoide Arthritis (RA) wurden weiterhin die ORAL Surveillance-Studie und neue Analysen zur Sicherheit von Januskinase (JAK)-Inhibitoren diskutiert. Eine Analyse aus SELECT-COMPARE ergab, dass auch unter JAK-Inhibitoren eine sichere Immunisierung gegen Herpes Zoster möglich ist. Ein weiteres „Hot topic“ war die frühe Intervention im präklinischen Stadium der RA, aufgehängt an den Daten der APIPPRA-Studie zu Abatacept. Auf großes Interesse stieß eine Phase-II-Studie zu TTL-018, einem selektiven, dualen JAK-1/Tyrosinkinase (TYK)-2-Inhibitor, der sich bei schwerer RA Tofactinib überlegen zeigte. Viel Aufsehen erregte auch eine inzwischen hochrangig publizierte Phase-II-Studie zum Einsatz des Checkpoint-Agonisten Peresolimab bei therapieresistenter RA.  

Etwas weniger im Brennpunkt waren diesmal die Spondyloarthritiden (SpA), ein Highlight war dabei sicherlich das Update der EULAR-Empfehlungen zum Management der Psoriasis-Arthritis (PsA), das die neu zugelassenen Therapien wie die Interleukin (IL)-23-Inhibitoren (Guselkumab, Risankizumab), Upadacitinib und den IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab berücksichtigt und sich mit der stärkeren Ausrichtung am Phänotyp der PsA noch stärker jenen der GRAPPA annähert. Bei Handarthrosen könnte der RANKL-Inhibitor Denosumab strukturmodifizierende Effekte ausüben, bei Glukokortikoid-induzierter Osteoporose wurde eine Pilotstudie zum Sclerostin-Inhibitor Romsozumab vorgestellt. Etwas umstellen müssen sich Rheumatologen künftig bezüglich der Nomenklatur: So verschmelzen die systemische juvenile idiopathische Arthritis und die AOSD in den ersten EULAR-Empfehlungen nunmehr zum Still-Syndrom – mit bDMARDs (IL-1- und IL-6-Inhibitoren) als prioritären Therapien. 

Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) ist zuvorderst das Update der EULAR-Empfehlungen zu nennen, das nun auch Anifrolumab (SLE) sowie Belimumab und Voclosporin (bei Lupusnephritis, LN) berücksichtigt und sich für einen großzügigeren Einsatz von bDMARDs ausspricht. Zu erwähnen sind ferner eine positive Phase-III-Studie zu dem BLyS/APRIL-Inhibitor Telitacicept sowie eine Phase-II-Studie zu Upadacitinib. Auch Studien zu Ianalumab (SLE), Baricitinib und dem Immunproteasom-Inhibitor Zetomipzomib (beide bei LN) zeigten Hinweise auf positive Effekte. Beim Sjögren-Syndrom wurde – wiederum zu Telitacicept – eine positive Phase-II-Studie vorgestellt, ebenso gleich zwei zu dem CD40-Ligand-Antagonisten Dazodalibep. Einen ersten Ausblick gab es auf das Update der EULAR-Empfehlungen zur systemischen Sklerose (SSc), einige Neuerungen insbesondere bei interstitieller Lungenerkrankung beinhalten wird. Generell dürfte bei therapierefraktären Kollagenosen – nicht nur beim SLE, sondern auch SSc und Myositis – die CAR-T-Zell-Therapie eine immer größere Rolle spielen. Etwas weniger prominent waren die Vaskulitiden vertreten, hier ist das Update der EULAR-Empfehlungen zur Bildgebung bei Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis erwähnenswert, der IL-5-Rezeptorinhibitor Benralizumab könnte ersten Daten zufolge künftig das Therapiespektrum bei EGPA erweitern.  

Auf ein Wiedersehen beim nächsten
EULAR-Kongress, der vom 12. bis 15. Juni 2024 in Wien ansteht!  


Prof. Dr. med. Gerd Rüdiger Burmester
Charité – Universitätsmedizin Berlin,
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie,
Charitéplatz 1, 10117 Berlin